Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

DOI Heft:
Heft 23/24
DOI Artikel:
Rundschau - Sammlungen
DOI Artikel:
Austellungen
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0468

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SAMMLUNGEN ° AUSSTELLUNGEN

bifchöflichen Mufeums mit feinen wichtigen Denk-
mälern von niederländifchen Primitiven und
mittelalterlicher Plaftik find magazinartig vollge-
pfropft, fo daß man fich nur mit Mühe darin zu-
rechtfinden kann. Über die intereffante Bilder-
fammlung des Mufeums Kunftliefde muß man fich
in dem — allerdings ausgezeichneten — Katalog
von 1885 orientieren; ausgeftellt ift von den
über hundert Nummern wegen Plaßmangel nur
ein kleiner Bruchteil; das übrige verftaubt im
Depot auf dem Stadthaus. Und auch in dem
ftädtifdien Ältertümermufeum, in dem vor allem
eine bedeutfame Sammlung niederländifcherPlaftik
und u. a. die Jerufalemsfahrertafeln von Scorel
untergebracht find, fehlt es an Raum für eine
den Anforderungen genügende Aufhellung der
Kunftwerke. Durch eine Zentralifierung feiner
Kunftfchäße gewänne Utrecht beinahe ein Mufeum
erften Ranges, und dem Befucher würde neben-
bei feine Aufgabe wefentlich leichter gemacht, fo
daß den Plänen dringend baldige Verwirklichung
zu wünfchen ift. O. H.

WIEN Der Stadtrat befchloß, im neuen KAISER
FRANZ JOSEF-STADTMUSEUM auf der Schmelz
eine eigene Kriegsabteilung zu errichten.
Dank der feit Beginn des Weltkrieges eingelei-
teten regen Sammeltätigkeit verfügt das ftädtifche
Mufeum heute bereits über ein wertvolles und
umfangreiches Material, das den Grundftock
diefer Abteilung bilden wird. Die Innenausftat-
tung der ihr gewidmeten Räume des Neubaues
foll durch entfprechende bildkünftlerifche Dar-
ftellungen dem kriegerifchen Inhalte angepaßt
werden.

Das K. K. MUSEUM FÜR ÖSTERREICHISCHE
VOLKSKUNDE (derzeit im Börfengebäude) wird
nach Kriegsende in ein eigenes Gebäude über-
fiedeln und eine durchgreifende Neugeftaltung
erfahren, „um fo zu einer würdigen Ehrenftätte
des öfterreichifchen Völkerlebens zu werden.“ r.

AUSSTELLUNGEN

BERLIN Bei FRITZ GURLITT ift auf Lieber-
mann, Corinth und Slevogt Thoma gefolgt
mit einer Äusftellung von hoher Qualität, die
weniger nach biographifchen als nach künft-
lerifchen Gefiditspunkten zufammengefeßt ift, und
aus diefem Grundfaß das Recht herleitet, von
den allegorifchen und illuftrativen Figurenbildern
nur gerade fo viel zu zeigen, daß man auch
diefe Seite in Thomas Kunft nicht überfieht
oder vergißt. So herrfchen denn die Land-
fchaften, unter denen, neben einer Anzahl fehr
feiner Stücke früherer Jahre, auch viele der

leßten Zeit ftehen, in denen die Art der Thoma-
fchen Kunft reiner herauskommt. Es ift durch-
aus eine Kunft der Linie und der Fläche, keine
der Farbe und des Tones, und der frühe An-
fchluß des Schwarzwaldmalers an den Kreis der
Deutfch-Römer, wie ihn in diefer Äusftellung
die Bogenfchüßen beweifen, entftammte einer
verblüffend fieberen Selbfterkenntnis. Es follen
hier nicht die Eigenfchaften der Thomafchen
Kunft erörtert werden, die troßdem eine unüber-
brückbare Kluft reißen zwifchen ihm und etwa
Marees. Vielmehr foll auf das verwiefen wer-
den, was bis in die leßte Zeit von jenem Bilde
geblieben ift; auch in den Landfchaften. Gerade
die leßten Bilder Thomas leiten auf den Weg.
In ihnen fehlt alles finnlich Beftrickende, alle
Schönheit und Wärme und aller Reichtum der
Malerei. Und doch geben fie alle Empfindungen
der Thomafchen Bilder auch feiner andern Zeit
zu koften. Das macht, daß von jeher in feiner
Kunft der Aufbau eine größere Rolle gefpielt
hat, als die reine Malerei, fo wundervoll fie
auch manchmal ift. Es ift möglich, faft alle
Thomafchen Landfchaften in Kuliffen zu zer-
legen und mit einer Aufzeichnung der Be-
grenzungslinien diefer Kuliffen läßt pch in jedem
Falle das wefentliche der Darftellung wieder-
geben. Auch in pch pnd diefe Kuliffen durchaus
linear gefaßt. Immer fpricht der Umriß, nicht
etwa eine innere Gliederung oder Abtönung.
Dabei ift auffällig, daß mit zunehmenden Jahren
diefe Kuliffen an Maffe verlieren. An die Stelle
der vollen Gebüfche treten durchbrochene Bäume
mit ftark betontem Zweig- und Äftwerk, fo daß
auch von hier aus das Linienwefen deutlich er-
kennbar wird. Und diefe Linie felbft hat faft
niemals nur einen formalen Wert. Ihre Er-
ftreckung wie ihre Bewegung werden von außer-
optifchen, fozufagen fentimentalen Rückfichten
beftimmt, und fie find es, die in ihrer Stärke
den Thomafchen Bildern einen Reiz geben und
eine Wirkung fichern, die ihnen nach der Kraft
ihrer Formgeftaltung niemals eigen fein könnte.
Die Äusftellung der Gemälde wird ergänzt durch
eine Schau der vortrefflichen Wiedergaben
Thomafcher Bilder in Farbendruck und Schab-
kunft, die im Gurlittfchen Verlage erfchienen find.

Ein Künftler, deffen Werk gleichfalls über rein
formale Werte hinausweift, ift Edvard Munch,
deffen graphifches Werk das „GRAPHISCHE
KABINETT“ (I. B. Neumann) in feinen neuen,
fehr einfach -gefchmackvollen Räumen am Kur-
fürftendamm 232, im Haufe der Berliner Sezef-
fion, vorweift. Nur hat die Munchfche Form
von jeher, felbft in feiner myftifchen Zeit, das
Gedrängte, Pulfierende, Mitreißende gehabt, das
der Thomafchen eben doch im ganzen gefehlt
 
Annotationen