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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 9/10
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Ausstellungen
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0214

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AUSSTELLUNGEN o ENTDECKUNGEN UND FUNDE

ROTTERDAM Im Rotterdamfchen Kunft-
kring hat die rührige Ämfterdamer Firma J.
GOUDSTIKKER aus den Befänden ihrer Maga-
zine eine fehr beachtenswerte Ausheilung von
niederländifchen Bildern aus dem 17. Jahrhundert
veranftaltet, in der das bei folchen Veranftal-
tungen nicht immer vorhandene ernfthafte Be-
ftreben nach richtigen Benennungen fympathifdi
berührt.

Unter den etwa 50 Nummern ragen zwei be-
fonders hervor. Die eine ift Pieter de Hoochs
mufizierende Gefeilfchaft im Hofe, das bekannte,
durch fein Datum 1677 — die legte Lebensnach-
richt, die wir von dem Künftler haben — be-
deutfame Bild der ehemaligen Sammlung Steen-
gracht, das erft nachträglich in Amfterdam apart
veifteigert worden ift. Wohl enttäufcht es, wenn
man es an Werken des Meifters aus den fünf-
ziger und den frühen fechziger Jahren mißt, durch
feinen kühlen Ton; mit zeitgenöffifchen Pro-
dukten, wie etwa dem vergleichbaren Hofbild
Samuel van Hoogftratens im Mauritshuis, zu-
fammengebracht, kennzeichnet es fich aber immer
noch als das Werk eines der holländifchen
Großen. — Aus einem der Schlöffer des eng-
lifchen Königshaufes ift durch besondere Um-
ftände ein großes, allegorifches Jagdbild mit-
famt feinem alten, koftbaren Rahmen auf den
Markt und in den Befig der Firma Goudftikker
gelangt, in dem man wohl mit Recht eine ge-
meinfame Arbeit von Jacob Jordaens, der
die Figuren und die Landfchaft, und Jan Fijt,
der das Stillebenbeiwerk und die Hunde malte,
wiedererkennt. Das für Jordaens fehr forgfältig
gemalte, doch ungemein frifche Bild ift ein De-
korationsftück großen Stils, wohltuend in der
Farbe, packend in feiner fichern Bewegung. An
der mit gefchultertem Gewehr und gefenktem
Kopf nach links bildeinwärts fchreitenden Jüng-
lingspgur hat vielleicht Beeldemaeker ßch für
fein fchönes Bild mit dem motivifch ähnlichen
Jäger im Rijksmufeum (Nr. 446) infpiriert.

Durch ein paar gute Proben ift die Rembrandt-
fchule vertreten. Wir begegnen u. a. dem lebens-
großen, 1659 datierten und bezeichneten Magi-
ftratenbildnis von Ferdinand Bol aus der
ehemaligen Sammlung Weber (Nr. 226), das auf
derVerfteigerung dieferSammlung feinerzeiteinen
anfehnlichen Preis erzielte. Dem Rembrandt der
fünfziger Jahre fteht das anfpredtende Selbftbild-
nis eines jungen Malers nahe, das dem Cornelis
Biffchop zugefchrieben wird, vondemwirwiffen,
daß er Bois Schüler gewefen ift. Von Rembrandts
Schwager, dem oft etwas trockenen Wij b ran d de
Geeft, bekamen wir ein koloriftifch feines, fehr
frifch gemaltes kleines Bildnis von Hendrick Cafi-
mir I., Statthalter von Friesland, zu fehen.

Unter den Landfchaften find ein gutes, frühes
Bild vonSalomon van Ruysdael, eine Winter-
landfchaft und ein Mondfcheinbildchen von Aert
van der Neer und vor allem ein fchöner grau-
toniger Jan van Goyen hervorzuheben. Wenig
charakteriftifch für denMeifter, aber, wieesfcheint,
ihm doch mit guten Gründen zugefchrieben, ift
eine Flachlandfchaft von Philips Koning. Von
Willem van de Velde d. J. ift eine kleine
Seefchlacht da.

Aus der Reihe der Genrebilder pnd zu nennen
eine Jägereinkehr von dem feltenen Rotterdamer
Ludolf dejongh, eine forgfältig gemalte und
reich ausgeftattete Bauernküche von Hendrick
Martensz Sorgh, eine fein abgetönte vor-
nehme Gefellfchap von Anthony Palamedes,
ein kleines, köftliches Bildchen von Jan Mienfe
Molenaer, ein Bauernftück des Öftade-Nach-
ahmers Victorijns, gute Beifpiele der Kunft
Quirijn van Brekelenkams, Jan Le Ducq’s
uff. Eine Bettelfzene von Nicolaes Maes,
eines der wenigen Genrebilder aus feinen fpätern
Jahren, ift leider dermaßen übermalt, daß in dem
gegenwärtigen Zuftand nicht mehr viel vom
Original zu erkennen ift.

Vor allem kunfthiftorifdi intereffant pnd einige
Stilleben von feltenen Meiftern, wie die toten
Vögel von Pieter Rysbraek, die deutlich be-
zeichnete Vanitas eines fonft unbekannten V. C.
Lourens, fowie ein ungewöhnliches, aber eben-
falls fidier bezeichnetes Stilleben des Jacques
de Claeuw. 0. H.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

EIN NEUER REMBRÄNDT In der

fchwedifchen Sammlerzeitfchriß „Konft“ ver-
öffentlicht Olof Granberg ein in feinem Beßg
bepndliches unbekanntes Jugendwerk von Rem-
brandt aus dem Jahre 1631, eine Anbetung
der Könige, die alle Kennzeichen der Äutorfchaft
des jungen Meifters trägt und kompoptioneil
ungemein intereffant ift. Es mag an diefer
Stelle der Hinweis genügen, daß ein Kenner
wie Bredius fein Urteil über das Bild in den
Worten: „Absolument authentique, beau et im-
portant“ zufammenfaßt. Unter allen authenti-
fchen und angeblichen Rembrandtbildern, die in
den legten Jahren an die Öffentlichkeit gekom-
men find, fcheint diefes mittelgroße Jugendwerk
(Höhe 0,75, Breite 0,65 m) den erften Plag be-
anfpruchen zu dürfen.

FERRÄRÄ Bei den Wiederherftellungs-
arbeiten im Kaftell, dem alten Palaft der Herzoge
von Efte, wurden unter anderem zwei kleine

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