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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 7.1915

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Heft 4
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Friedeberger, Hans: Werke deutscher Meister aus Privatbesitz bei Fritz Gurlitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26376#0110

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WERKE DEUTSCHER MEISTER ÄUS
PRIVÄTBESITZ BEI FRITZ GURLITT

Mit 14 Abbildungen Von HANS FRIEDEBERGER

Die Kunfthandlung Friß Gurlitt hat zum Beften ihrer „Kriegshilfe für bildende
Künftler“ eine Ausftellung veranftaltet, die in das Bild der Kunftausftellungen diefer
Monate einen neuen Ton hineingebracht hat. Der junge Inhaber Wolfgang Gurlitt,
der in feiner erft kurzen Tätigkeit fchon öfter den Willen gezeigt hat, eigene Wege
zu gehen, hat deutfche, befonders Berliner Sammler zu Hilfe gerufen und eine inter-
effante Ausftellung deutfcher Meifter aus Privatbefiß zufammengebracht, die als erfte
einer Reihe ähnlicher Veranftaltungen die Künftler vorführt, mit deren Förderung fich
die Gurlittfche Kunfthandlung vor mehr als dreißig Jahren ihren erften Ruhm verdient
hat. Unter den vorgezeigten Bildern find nicht wenige, die von diefer Stätte einftmals
den Weg zu den jetjigen Befitjern gefunden haben.

Die Ausftellung hat kein Programm. Das verhinderte fchon die Zufälligkeit des
Materials, denn für weitausgreifende Unternehmungen ift die Zeit nicht günftig, und
fo mußte man mit dem wirtfchaften, was ohne zu große Umwege zur Hand lag. Eine
umfaffende Vorführung auch nur eines Künftlers konnte nicht beabfichtigt fein. Aber
in diefer Zufälligkeit liegt auch ein Reiz der Ausftellung, indem faßt alle Meifter mit
Stücken vertreten find, die in einer Programmausftellung nicht fo leicht einen Plaß ge-
funden hätten, mit befonderen, manchmal außerordentlich guten, immer aber inter-
effanten Stücken.

Die größte Abteilung ift dem Künftler gewidmet, deffen frühe Verfechtung einen
der leuchtendften Ruhmestitel Friß Gurlitts bildet: Anfelm Feuerbach. Unter den
26 ausgeftellten Werken find nicht weniger als zehn neu für die Forfchung. Die
neun wichtigften haben in diefem Hefte bereits eine Würdigung von berufenfter Seite
erfahren. Ich habe alfo nur noch kurz nachzuholen, was fich von bekannten Dingen
in diefer Abteilung befindet.

Am Anfang fteht eine Jugendzeichnung aus dem Nibelungenzgklus, von dem die
Berliner Nationalgalerie zwei weitere Blätter befißt. So kindlich fie in der Verbindung

von Großmannsfucht der Kompoption
mit völliger Hilflofigkeit der Zeichnung
ift, fo bezeichnet fie doch gerade durch
diefe Mifchung einen fehr wichtigen
Zug im Wefen des jungen Feuerbach,
den ftarken Mangel an Naivetät und
die Durchfeßung feiner früheften Kunft-
übung mit theoretifchen Elementen.
Die noch ganz kindliche Technik und
Formanfchauung kommt dem voraus-
eilenden Kunftverftand nicht nach, und
daß diefer Weg nicht gangbar fei, hat
denn auch Feuerbach felbft bald ein-
gefehen, als er zwei Jahre fpäter in
Düffeldorf dem Komponieren abfagte,
weil es doch nur auf Diebftahl und
Selbftbetrug hinauslaufe. Noch in der
mgthologifchen Szene von 1846 ift die
 
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