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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0906
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Sammlungen

Es gelang auch erfreulicßerweife, Gelehrte zu
gewinnen, die das Verftändnis dafür mitbrad)ten,
daß es ßier gälte, zwar ernßßaft wiffenfeßaft-
licße Dinge vorzutragen, fie aber in einer Form
zu bringen, die ße aud) den nid)t wiffenfeßaft-
lid) gefcßulten Kunßfreunden zugänglich machen.
Diefe Reiße ift eröffnet worden durd) Profeffor
Paul Sd)ubring aus Hannover, der über das
Gßema der „Caffoni“ fprad) (von feinem um-
fangreichen ülerk über diefes Cßema ift im Früß-
jaßr die zweite Auflage erfeßienen) und in lau-
niger Art die Darßellungen der „Caffoni“ mit
ißren reießen Bezießungen zu den Gelegenßeiten,
denen fie gewidmet waren, erläuterte. Alles
was mit ißnen zufammenßängt, weiß imkultur-
gefcßicßtlicßen 3ufammenßange ja jo viel aud)
über dieMenfcßen des Quattrocento zu erzählen-
Äls zweiter fpracß Prof. E. A. Brinckmann
von der Kölner Oniverptät über die „Bozzetti
des Giovanni Bernini“ und verftand es, an der
Fjand vorzüglicherLicßtbilder diefe frifd)en und
unmittelbaren 3eugniffe künftlerifcßer Konzeption
für die Erkenntnis des großen Künftlers frucht-
bar zu maeßen.
Qm den Raßmen diefer Vorträge möglid)ft
weit zu fpannen und geiftige gufammenßänge
anderer Art zu (Horte kommen zu laffen, ging
der Vortrag von Prof. Karl Voßler über das
eigentlich Kunftßiftorifcße hinaus. In glänzender
italienifcßer Rede fpracß der bedeutende Roma-
nift der Münchner Qniverßtät über das Cßema:
„Le lingue nazionali come Stile“. Die Eigen-
arten der Sprache, die unter beftimmten kultu-
rellen, linguiftifcßen und idiomatifeßen Voraus-
feßungen den Lebensgeßalt der völkifcßen Ge-
meinfeßaft beftimmen, fteßen ebenfofeßr unter
dem Einfluß des rein fpracßlicßen Geßaltungs-
triebes als unter dem des nationalen Gedankens.
Qnd diefer regelt in viel ßößerem Maße als man
anzuneßmen geneigt ift, die Entwicklung, die fi<h
in einer Sprache als lebendige Ausdrucksform
der jeweiligen geiftigen ßaltung eines Volkes
vollzieht. Die befonders zu diefem Vortrag in
nießt geringer 3aßl erfeßienenen Italiener be-
wunderten daran ebenfofeßr den Reichtum des
Geiftes wie die vollendete fpracßlicße Form. Es
folgte in diefer Reiße der Vortrag von Fjofrat
Prof. Dr. Jofepß Strzygowfki, der an dem
Cßema „Der Liebesgarten in der deutfeßeu, ita-
lienifcßen und franzöfifeßen Kunft“ die mannig-
fachen Bezießungen aufzudecken verfueßte, die
vom Often nach dem Hießen und Norden füßren.
Nießt daß er ßier ßätte feftfteßende Ergebniffe
vorlegen wollen, es kam ißm meßr darauf an,
vorhandene Bezießungen anzudeuten, die fid)
etwa zwifeßen perpfeßen Miniaturen und dem
Frankfurter Liebesgarten vermuten laffen. Man
naßm dankbar diefe Anregungen auf, da es
immer gut iß, aus dem begrenzten Kreife den
Blick auch nad) ferner gelegenen Kunßzentren
zu richten, um allmäßlid) wirklich einmal zu

einer Kleltgefcßicßte der Kunß kommen zu kön-
nen. Am Schluß der Reiße, Mitte Mai, fprad)
der Direktor deslnßituts, Dr. Fjeinricß Bodmer,
in demfelben feßönen Saal der „Pro Cultura“,
in dem diefe Vorträge gehalten wurden, zu den
Freunden des Inßituts über „Die Landfcßaften
des Leonardo da Vinci“. Er zeigte in feßönen
Lichtbildern aud) z. C. wenig bekanntes Material
an 3eicßnungen und verftand es, der Jugend-
entwicklung Leonardis folgend, in das tüaeßfen
und Reifen des Naturgefüßls diefes außerordent-
lichen Geißes auffcßlußreicß ßineinzuleucßten.
Im ganzen genommen war der Befucß diefer
Vorträge erfreulich, er naßm mit jeder Ver-
anftaltung zu, und auch die italienifcßen Be-
fueßer und Freunde des Inßituts pnd nießt aus-
geblieben.
Diefer meßr für eine breitere Öffentlichkeit
beftimmten Cätigkeit fteßt gegenüber die folge-
richtige Bearbeitung beßimmter Forfcßungsge-
biete auf italienifcßem Boden. So wurde im Früß-
fommer im Aufträge des Inßituts zufammen mit
der Firma Alinari eine pßotograpßifcße Campagne
in Bologna unternommen, die der Aufklärung
der Anfänge der Barockmalerei in diefer Stadt
gewidmet ift und viel unbekanntes Material in
guten Aufnahmen zugänglich machen wird. Die
wiffenfcßaftlicßen Ergebniffe follen dann in den
„Forfcßungen“ der Öffentlichkeit vorgelegt wer-
den. Daneben gilt es, alte Verfprecßungen ein-
zulöfen, die der Erforfcßung der romanifeßen
Skulptur der Coskana galten und die auszufüßren
die 3eitläufte verhindert ßaben. Das Inftitut
ßat feinerzeit die Vorarbeiten dafür kräftig för-
dern helfen; jetß, da deren Veröffentlichung in
abfeßbarer 3^it bevorfteßt, darf dod) auf den
Anteil des Inßituts daran ßingewiefen werden.
Die Publikationen, d. ß. nur die „Forfcßungen“,
follen vom Ende des Jaßres 1924 ab wieder regel-
mäßig erfeßeinen (im Verlag von E. A. Seemann)
und der Kunftforfcßung auf italienifcßem Boden
dienen, ebenfofeßr deutfeßen wie italienifcßen
Facßgenoffen offenßeßen.
tüir wißen alle, wie feßwer die 3eiten für
uns Deutfcße pnd. Sie pnd doppelt feßwer für
ein deutfeßes Auslandsinftitut, das auf die hoch-
herzige Fjilfe von Freunden und Gönnern ange-
wiefen ift. Befonders das neutrale Ausland, alfo
die Schweiz, Fjolland, die fkandinavifeßen Länder,
ßaben dem Inftitut ißre Qnterßüßung nießt ver-
fagt; es ift aucß Fjilfe aus England und Amerika
gekommen und es muß all diefen Freunden mit
größter Klärme gedankt werden. Qm fo meßr
iß es Pßicßt der Deutfeßen, für das lnßitut zu
tun, was in ißren Kräften ßeßt, und fei es aucß
nur dadurch, daß man dem „Verein zur Erhal-
tung des Kunßßiftorifcßen Inßituts in Florenz“
mit einem Jahresbeiträge von 10 Goldmark ßcß
anfcßließt. Das Kunßßißorifcße lnßitut in Flo-
renz, Piazza degli Qfßzi, ift immer bereit, dar-
über Auskunft zu geben. £Qgt.

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