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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 21.1929

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Heft 8
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41323#0266
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Seurat
Aus der französischen Ausstellung in Glasgow

La Parade
Zu unserer Notiz auf S. 245

RUNDSCHAU

MUSEUMSNÖTE
Der Entwicklung der Staatlichen Museen in Dres-
den droht Gefahr. Seit dem kürzlich erfolgten
Tod Heyns, des Referenten im Ministerium, steht
man vor der schwierigen Frage der Nachfolge. Die
Lösung ist um so heikler, als die Museen nach
Krieg und Inflation einer tatkräftigen Förderung
bedürfen, um die Nachwelten dieser sorgenvollen
Jahre zu überwinden. Die Raumnot der Gemälde-
galerie z.R. ist nach Einstellung des Neubaus im
Kriege geradezu katastrophal geworden und fast
die Hälfte der Bilder ist notdürftig magaziniert.
Die Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts ist an zwei
Stell en auf gehängt, die größere Hälfte in einem
Palais, das nur für kurze Zeit zur Verfügung
steht. In Dresden ist die Lage besonders kompli-
ziert, weil neben den fünf Kunstmuseen auch noch
drei naturwissenschaf tliche und die große Landes-
bibliothek an diesem Referat hängen. Man sollte
meinen, daß in einem solchen Falle kaum jemand
anders als ein begabter Verwaltungsjurist in Frage
käme, zumal es sich wohlgemerkt nicht um die Er-
neuerung des mit W. v. Seidlitz eingegangenen
und für Dresden wohl auch entbehrlichen Gene-
raldirektorpostens handelt, sondern um einen Ver-
treter im Ministerium. Statt dessen macht man die
Fama, es sollte ein Museumsdirektor unter Beibe-
haltung seines Amtes gleichzeitig das Referat im

Ministerium übernehmen. Andernorts hätte man
damit die besten Erfahrungen gemacht. Ein Hin-
weis auf Bode und seine Erfolge läßt vermuten,
daß der betreffende auch noch für die Funktionen
eines Generaldirektors ausersehen ist. Unwillkür-
lich fragt man sich, an welche Stadt als Vorbild ge-
dacht ist. An Berlin hoffentlich nicht, denn hier ist
man gerade anders verfahren. Vor allem aber, wer
soll der Auserwählte sein? Man steht vor einem
völligen Ignoramus. Der Leiter der bedeutendsten
Sammlung, der Gemäldegalerie, scheidet von vorn-
herein aus dem Wettbewerb aus, da ihm für seine
gewaltige Arbeit nur eine wissenschaftliche Hilfs-
kraft zur Seite steht. Bliebe also ein Direktor, der
weniger zu tun hätte oder sich leichter von seiner
fachlichen Arbeit trennen könnte. Was wäre das
für ein Maß st ab? Und sollte es in Dresden
einer von der kunsthistorischen oder naturwissen-
schaftlichen Fakultät sein? Traut man dem Ethno-
graphen genug Verständnis beispielsweise für die
moderne Kunst zu, dem Vertreter der Antike ge-
nug Interesse für den Malh.-Phys. Salon? So geht
es nicht! Der Ruf Dresdens als Kunststadt steht
auf dem Spiel. Dresden hat nicht soviel zuzuset-
zen, daß es sich gewagte Experimente Geisten
könnte. Gerade bei der heterogenen Zusammen-
setzung des Verwaltungsbezirks wäre ein Museums-
spezialist ganz und gar nicht am Platze.
 
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