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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 6
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0202
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Um 1100 Reliquienkasten

Aus der Versteigerung der Sammlung Leopold Seligmann am 28. und 29. April durch Paul Graupe und

Hermann Ball, Berlin

SAMMLER UND MARRT

VOM NEW YORKER KUNSTMARKT
Der »Winter unsres Mißvergnügens« ist beinahe
vorüber und man rüstet sich nun aRgemein zum
zweiten Teil der laufenden Saison. Von ihm wird
in den meisten Kreisen viel gehofft. Trotz man-
cher großen Verkiiufe an GroßindustrieRe, Groß-
kapitaHsten und Großsammler, die dem sonst wal-
tenden Marktgesetz nicht unterworfen sind, waren
die letzten vier Monate die schwierigsten, die der
New Yorker Kunsthandel je durchgemacht hat.
Nach außen hin trat die unheimliche Stagnation
am deutHchsten in den Auktionen zutage, die nur
Mittelmäßiges brachten. Meist waren es nur lokal
interessierende Kunstmöbclversteigerungen, die nur
einmal, in aufregenden Tagen, einen Höhepunkt
erreichten, als — Anfang Januar — eine bedeu-
tende Sammlung aUamerikanischer Möbel, die des
verstorbenen Mr. Philip Flayderman aus Roston,
auf den Markt kam. Ihre zum Teil sehr hohen
Preise beweisen, daß für Amerieana selbst in
schlechten Zeiten das Gcld immer nocli ziemlich
locker sitzt. Die bereits angekündigte bedcutsame
Versteigerung antiker, mittelalterlicher und Re-
naissance-Werke der Ercole Canessa -Samm-
lung hatte man aber kluger Weise verschoben.
Nun aber soR die Sammlung von internationaler
Redeutung definitiv am 29. März zur Versteige-
rung gelangen, und ihr wird eine andere Auktion
von großer Wichtigkeit vorausgehen. Es handelt
sich um die Sammlung des russisch-amerikani-
schen Malerphilosophen Prof. Nikolas Roe-

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rich, der den Erlös für die Zwecke seines Mu-
seums und dessen Tätigkeit auf dem Unterrichts-
gebiete zu verwenden beabsichtigt.

Die Roerich-Sammlung enthält u. a. die folgen-
den hervorragenden Gemälde: eine »Madonna und
Heilige Anna« von EI Greco, wahrscheinlich eine
eigenhändige Studie zu seinem berühmten Bilde
im Prado; eine »Madonna mit Ivind« von Simone
Martini, vor i320, das bedeutendste Sienesische
Werk, das bisher auf einer amerikanischen Auk-
tion erschienen ist; zwei Tafeln mit je zwei Heili-
gen von dem frühen Venezianer Lorenzo Vene-
ziuno; cine »Heilige Katharina« des Siencscn Bar-
tolo de Fredi vom Ende des i4. Jahrhunderts;
»Die Heiligen llieronymus und Franz in der Wild-
nis«, ein signiertes Werk des Palmezzano; ein
»Christus an der Säule« von Sodoma und einedem
Paolo Veronese zugeschriebene »Venusmit Amor«.
Unter den Gemälden der nordischen Schulen seien
genannt: eine frühe Replilc der Rogier van der
Weydnischen »Kreuzabnahme«, deren Originalbe-
kanntlich verloren gegangen ist; ein kleiner »Ecce
Homo« des Meisters der Virgo inter Virgines; ein
»Gethsemane« von Joachim Patinir; ein »Epipha-
nias« aus der Schule des Gerard David; eine »Bath-
seba« von Jan Matsys; ein »Isaak und Jakob« von
Scorel; zwei Gemälde von II. met de Bles, darun-
ter »Madonna mit Kind und den Ileiligen Kathe-
rina und Barbara« aus der Stroganoff-Sammlung :
eine Pietä von Aertsen. Unter den wenigen früh-
deutschen Bildern ragt bei weitem »Der gekreu-
 
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