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Clemen, Paul
Die romanische Monumentalmalerei in den Rheinlanden — Düsseldorf, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.22845#0819
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die rheinische monumentalmalerei.

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wickelt zeigen diesen Stil die Bilderhandschriften, die auf die 1197 verstorbene h. Hildegard, die Äbtissin
des Klosters vom Rupertsberg bei Bingen, zurückgehen. Es ist ihr angebliches Gebetbuch (München, Staats-
bibl., Cod. lat. 935) und die Prachthandschrift des Liber Scivias in Wiesbaden (Landesbibliothek, Cod.
lat. fol. 1) mit 32 großen Abbildungen ihrer Visionen. Nach dem Meister von Schwarzrheindorf hat kein
anderer rheinischer Künstler wieder mit solcher plastischen Kraft die Bilder einer fast wilden Phantasie
festzuhalten gewußt wie diese rheinische Äbtissin106.

Darf man direkt neben diese Arbeiten den Tragaltar des Weifenschatzes stellen, der als eine Arbeit
des Eilbertus Coloniensis uns verbürgt ist107? Unter der Bergkristallplatte, die in der Mitte der Deck-
platte die Reliquien verdeckt, liegt eine Miniaturmalerei, die den thronenden Christus zwischen den Evan-

Fig. 515. Miniatur aus der Deutzer Chronik in der Bibliothek zu Sigmaringen (Ms. 7).

gelistensymbolen zeigt, jener Kölner Handschrift (Bibl. Fol. 59) aufs engste verwandt (man vergleiche
die Geste, die Behandlung des Mantels über dem Leib und dem rechten Knie). Die gravierten Zeichnungen
sind noch vielfach hart, ohne den Fluß der Umrisse; aber schon treffen wir die freischwebenden Gewand-
zipfel, etwa bei dem Verkündigungsengel oder dem auffahrenden Christus. Bewegter wird die Haltung

Notizen über den Codex Theodorici ans d. Abtei Deutz:
Bonner Jahrbücher XLI, S. 43, u. Abb. — Abbildungsproben
im Journal des Beaux Arts et de la litterature 15. Juni 1865,
Nr. 11, u. bei Rohault de Fleury, La messe VII, pl. 555.

106 Vgl. Katalog d. Kunsthistor. Ausstellung Düsseldorf
1904, S. 182, Nr. 536. Über den Liber Scivias vgl. Haseloff
bei Michel, Hist. de l'art II, I, p. 326, u. Louis Baillet i. d.
Monuments et memoires der Fondation Piot XIX, 1911, p.
49. Haseloff nennt als verwandt das Ms. der Visionen der

h. Mathilde in Lucca (Bibl., Cod. 1942). Eingehend Joh.
May, Die h. Hildegard von Bingen, Kempen 1911. Vom
Rupertsberg stammt auch das schöne, leider in das Musee
des arts decoratifs im Cinquantenaire zu Brüssel gekommene
romanische Antependium (Abb. bei Louis de Farcy, La
broderie pl. I).

107 W. A. Neumann, Der Reliquienschatz des Hauses
Braunschweig-Lüneburg S.46.—v. Falke, Deutsche Schmelz-
arbeiten des Mittelalters S. 21, Taf. 17—19.

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