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Clément, Charles; Clauß, Carl [Bearb.]
Michelangelo, Leonardo, Raffael: mit 40 Holzschnitten und zwei lithographirten Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.71514#0142
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Noten.

1503.
24. April. — Die Confuln der Wollenweberzunft und die Bauverwaltnng
von S. Maria del Fiore bestellen bei Michelangelo zwölf Apostel in carrarischem
Marmor für die genannte Kirche. Eine jede dieser Statnen sollte vier und eine
viertel Elle Höhe erhalten. Michelangelo verpflichtete sich jährlich einen Apostel
abzuliefern. Die Bauverwaltnng übernahm alle Kosten bezüglich des Marmors,
des Aufenthaltes in Carrara u. f. w. und gab dem Michelangelo und seinem Ge-
hülsen die Kost und monatlich zwei schwere Goldgulden. Man ließ ferner durch
Simone del Pollajuolo eigens ein Haus erbauen und mit jeder fertigen Statue
follte ein Zwölftel des Eigenthums an demselben auf Michelangelo übergehen, so
daß es mit dem letzten Apostel völlig in seinen Besitz gelangte. Dennoch aber
Hatte er am 18. December 1505 das Unternehmen bereits wieder im Stich ge-
lassen, nachdem er nur die Figur des H. Matthäus angelegt Hatte. Diese Statue
befindet sich seit 1834 in dem Hofe der Akademie zu Florenz. (Oa^tz, OurtsA-
§io, Ich p. 92, und Anhang x. 473—477). Sie ist bei Cicognara, Ktoria
äslla soultura, Tafel 56, gestochen.
Madonna, kreissörmiges Basrelies in Bronze für flandrische Kauslente.
(Vasari XII, p. 176). Diese Arbeit ist verloren gegangen.
Sitzende Madonna mit dem Kinde zur Seite auf einem Steinblock, von
dem es herunterzusteigen scheint. Marmorarbeit. Lebensgroße Figuren. Zu Brügge
in der Kirche Notre-Dame. Diese schöne Arbeit, welche Albrecht Dürer im Jahre
1521 auf dem Platze, auf dem sie sich Heute besindet, sah, ist echt und wenn nicht
von der Hand Michelangelos selbst, so doch wenigstens aus seinem Atelier Hervor-
gegangen. Jedenfalls ist mit dem vorher erwähnten Basrelief nur diefe Gruppe
gemeint; denn nach Vafari (der sehr unvollständig in seinen aus die erste Lebens-
hälfte Michelangelos sich beziehenden Nachrichten ist) wurde das Basrelief von
flandrischen Kaufleuten Namens Mofcheroni erworben, und dieser Name ist genau
derjenige (nur italianisirt und etwas entstellt) der Familie, deren Kapelle zu Notre-
Dame in Brügge die marmorne Madonna schmückt. (Herman Grimm weist in
seinem Leben Michelangelos, I, x. 459, Note 21, die Identität der Madonna
von Brügge mit der von Vasari erwähnten irrthümlich als Bronzewerk bezeichneten
Madonna nach). Vergl. unsern Holzschnitt Blatt 3.
Frauenkops in weißem Marmor, natürliche Größe, angekauft 1864 vom
Kensington-Museum. Nur die Maske ist beendet. Die Haare sind aus dem
Groben erst herausgearbeitet und das Kopftuch ist nur angedeutet. Der Ausdruck
und die Züge sind bewundernswerth und der große Bildhauer hat vielleicht nie
wieder die ideale Schönheit dieser Büste erreicht, welcher eine sanfte und zarte,
echtweibliche Empsindung gewahrt ist. Die Maske hat eine große Aehnlichkeit
mit der der Brügger Madonna. Als letzteres Werk bei Michelangelo bestellt
wurde, war der bereits berühmte Bildhauer mit Arbeiten überhäuft, und es ist
 
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