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Cohn, William
Ostasiatische Porträtmalerei — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 43: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1922

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und Leben. Mit sicherem Pinsel ist ein ausdrucksvoller
sprechender Kopf herausgearbeitet und bis in alle Einzel-
heiten gestaltet. Fest sind die Hände gefaltet. Eine ge-
schlossene packende Silhouette erhöht die monumentale
Wirkung. Monumentalität und kräftige Menschlichkeit,
dazu eine klare einfache Farbengebung charakterisieren
den Porträtstil der T’angzeit. Nicht selten ist die feier-
liche Ruhe der Haltung durchbrochen. Ein bewegtes
Ausdrucksporträt entsteht. Sowohl Gonzö Daitoku
(Abb. 3) wie Hsiang-hsiang (Abb. 4) sind predigend mit
geöffnetem Munde dargestellt. Das chinesische Porträt
trägt das späte Datum 1185. Dennoch zeigt die schlichte
Farbengebung, die zupackende, etwas grobe Gesichts-
behandlung, daß es im alten Stile gemalt ist. Auch
die japanische Malerei der Kamakuraperiode (13. Jahr-
hundert) steht noch im wesentlichen im Zeichen des
T’angstils. Mit ihr setzt die erste glänzende Blütezeit
des japanischen Bildnisses in Malerei und Plastik ein.
Individualität erwacht. Fujiwara Takanobu (1141 bis
1204) und sein Sohn Nobuzane werden gerade als be-
deutende Porträtisten gepriesen. Die stolzen Werke
(Abb. 5 u. 6), die man auf sie zurückführt, bestätigen
ihren Ruhm. Weltliche Bildnisse. Männer der Tat,
Fürsten und Feldherren blicken stolz und unnahbar
drein. In eckigen Konturen blähen sich die weiten
steifen Hofgewänder, die ornamental in der Fläche aus-
gebreitet sind. Körper und Bewegung haben keinerlei
Funktion. Dieser Stil blieb in der Folge, durch zeit-
liche Einflüsse mehr oder weniger variiert, für alle welt-
lichen Porträts vorbildlich (Abb. 7—9, 16, 19). Wenn
auch von der T’angkunst abhängig, so hat sich hier
japanisches Fühlen stärker durchgesetzt als je. Der
dekorative Zug in der japanischen Begabung bereichert
die ostasiatische Porträtmalerei um eine neue Note.
Die chinesische Sung- und die japanische Ashikaga-
zeit standen im Zeichen der pantheistischen Zen-
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