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Conze, Alexander
Archäologische Untersuchungen auf Samothrake (Band 2) — Wien, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.753#0024
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schalenförmige Vertiefung bilden, die sichtlich im Erdreich ihre Fortsetzung fand. Diese inneren Steine sind
von Randsteinen mit Falzen umgeben, welche also zur Aufnahme eines in den Falz eingreifenden, die Ver-
tiefung schliessenden Deckels bestimmt waren. Sämmtliche Steine ruhen unmittelbar auf Schutt. Sie zeigen
ausserdem die Spuren vieljähriger Abnützung und haben so das Ansehen hoher Alterthümlichkeit. Die Ein-
fassung der Grube auf der vierten, der Nordostseite, wurde zerstört vorgefunden; die hier namentlich auf
Taf. V und VI im Erdreiche sichtbare Aushöhlung wurde erst von uns lediglich der näheren Untersuchung
halber gegraben.

Die zweite Opfergrube (B), genauer dargestellt auf Taf. IV, Fig. II, und Taf. VII, stellt sich als eine
rechteckige, in die Erde führende OefFnung dar, welche von einem Rahmen aus weichen Steinen und einem
darüber ruhenden Gewände aus Marmor begrenzt ist. Dieses letztere ist wiederum mit Falzen zur Aufnahme
eines Deckels versehen. Spuren von Abnützung, wie sie bei A unverkennbar sind, zeigen sich hier nicht;
die Grube scheint vielmehr zeitig ausser Gebrauch gekommen zu sein und war jedesfalls von den Platten
des Marmorfussbodens überdeckt. Es wurde schon oben (S. i5) auseinandergesetzt, wie die hier in ihrer
ursprünglichen Lage erhaltenen Platten und der inmitten der Grube aufrecht vorgefundene Unterlagstein (Taf. II)
diese Verdeckung der Grube bei Anlage des Marmorfussbodens beweisen.

Weiter nach Nordwesten sind in der Cella die zwei Seiten der Marmoreinfassung eines quadraten
Raumes bis zu unserer Ausgrabung erhalten geblieben und auch von uns unberührt belassen worden. Die
Falze, welche bei A und B zur Aufnahme eines Deckels bestimmt angebracht sind, fehlen hier. Die Bedeu-
tung dieser Einfassung, deren Kehrungen präciser als bei A und B in diagonalem Schnitte gearbeitet sind,
muss daher zweifelhaft bleiben. Aber auch hier wurde die Anlage, wie die eingelegten Untersatzsteine be-
zeugen, durch den Marmorfussboden überdeckt.

Bemerkenswerth ist an den Resten des Unterbaues endlich noch die verschiedene Constructionsweise
der ihrer ganzen Länge nach vorgefundenen Südwestmauer. Abgesehen von dem Polygonmauerwerk nächst
der Westecke der Terrasse ist sie aus Quadern errichtet, die aber zur etwas grösseren Hälfte von Nordwesten
her bis etwa gegenüber der Opferstelle A weit unregelmässiger sind, als in dem übrigen bis zur Südecke sich
erstreckenden Theile, mit dessen sorgfältigerer Bauart auch das kleine, von der Südostmauer erhalten ge-
bliebene Stück übereinstimmt.

Aeusserst gering sind die Reste des Aufbaues, welche wir beim "Abtragen der von Buschwerk über-
wachsenen Aufschüttung noch vorfanden. Die Zerstörung ist hier eine besonders gründliche gewesen,
woran zwei nahe Kalköfen ihr Theil gethan haben^ werden. Wie schon der Unterbau verschiedene Bau-
perioden deutlich erkennen Hess, so gehören auch die wenigen vom Aufbau geretteten Bruchstücke deutlich
zwei Bauzeiten und Bauarten an.

Auf Taf. VIII, Fig. I und II, sind die zwei aus Tuff gearbeiteten Stücke eines dorischen Geison dar-
gestellt, welche tiefer als der Marmorfussboden (s. oben S. i5) gefunden wurden. Ihre Mutulen zeigen an
Stelle der fehlenden Tropfen tiefe cylindrische Löcher, in welchen vermuthlich aus Metall gebildete Tropfen
befestigt gewesen sein werden, von denen selbst indessen keine Spur mehr vorhanden geblieben ist. Als die
beiden Stücke aus dem Boden hervorgezogen wurden, zeigten die Unterseiten der Geisa lebhafte Farben; die
Mutulen waren blau, die Zwischenräume roth; als Unterlage der Bemalung diente eine dünne Kalkschicht.
Die blaue Farbe verschwand sehr bald, die rothe hat sich besser gehalten.

Bei dem kleineren Geisonstücke (Fig. II).ist merkwürdiger Weise die Fuge innerhalb des Mutulen gelegt
und die obere rauh bearbeitete Fläche zeigt deutlich das Lager einer Klammer, welche das Werkstück mit
dem anstossenden verband.

Diese Geisonstücke sind nicht nur Reste eines besonders alten Baues an dieser Stelle und die ältesten
überhaupt auf Samothrake gefundenen Bautheile, sondern überhaupt für die Geschichte der dorischen Archi-
tektur höchst merkwürdig, weshalb sie nach Wien in Verwahrung gebracht worden sind.

Weit jüngerer Zeit gehört das schon im Jahre 1873 mit der Südecke des Unterbaues aufgedeckte und
damals ebenfalls nach Wien gebrachte marmorne Eckstück eines Geison, wie auch ein wahrscheinlich hierher
 
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