LEBEN IN BRÜSSEL ODER BRÜGGE?
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Zeit ihren ständigen Aufenthalt in Brüssel genommen haben
nruss.1 So sicher dieses durch alle historischen Nachrichten
beglaubigt erscheint, so mühsam erwehrt man sich der Ver-
muthung, dass Roger van der "Werden in der Zeit zwischen
1440 und 1450 auch in Brügge sich aufgehalten habe.
Cyriacus nennt ihn Boger von Brügge. Der „Bogier van
Brugghe", von dessen zahlreichen Leimvandbildern in Kirchen
und Privathäusern van Mander und Vaernewyck erzählen,
kann doch nur unser Meister sein.2 Dürer erwähnt in
seinen niederländischen Beisebriefen „Budigers gemalt
Capellen"3 in Brügge und in St. Jacob daselbst „köstliche
Gemälde von Budiger", die Agenten des Herzogs von Ferrara
endlich, welche ihm die Zahlung für gelieferte Bilder leisten,
nennen ihn „Mo. Buziero depintore in Bruza".4 Das alles
spricht für ein längeres Leben in Brügge.
Es lässt sich aber auch anders deuten. Die Leinwand-
bilder und die „Capelle", unter welcher nur ein Oratorium,
ein Altar zu verstehen ist, konnten als tragbar von Brüssel
nach Brügge gesendet sein. Da Brügge bekannter war als
1 Zwanzig Jahre vor seinem Tode
besass Roger das Haus und die
Liegenschaft an der Ecke der Mon-
' tagne de la Cour. Das letztere
Eigenthum war zu Gunsten der
Armen von S. Gudule mit einer
Summe vonv48 Livr. belastet, wovon
„Meester Bogier, scildere" in den
Jahren 1444—1465 die Hälfte ab-
zahlte. In dem Rechnungsbuche,
welchem diese Details entlehnt sind,
wird Boger bald „aldair" bezeichnet,
d. h. anwesend, bald fehlt das Wort
hinter dem, Namen, d. h. der Maler
ist von Brüssel abwesend. Im
Jalu-e 1443 zahlt den Zins die Brau
des Wilhelm von Heersele, nach
dem Tode Rogers 1466—1491 und
dann wieder 1494—1498 werden die
Zahlungen von den Söhnen der
Frau dieses Wilhelm von Heersele
geleistet; 1492—1493 wird ein Peter
van der Weydcn. 149t«—1539 ein
Meister Peter van der Weyden ge-
nannt. Der Erstere ist offenbar ein
Sohn Eoger's und kann als Ver-
heiratheterbisl484 urkundlich zurück-
verfolgt werden. Der zweite scheint
ein Enkel Roger's, Sohn des älteren
Peter zu sein. Dass Peter II. ein
Maler war, beweist seine Anführung
in dem Rechnungsbuche als Besitzer
des Roger'schen Hauses und „por-
trateur", so wie die Erwähnung im
Anniversar von S. Gudule: „Magister
Petrus van der Weyden pictor."
Von seiner Wirksamkeit hat sich
keine Spur erhalten. Vgl. Wauters,
Revue universelle vol. H.
2 Van Mander p. 203. Vaernewyck,
hiit. v. Belg. p. 133.
3 Campe, D'ürer's Reliquien p. 121;
Thausing, Dürer's Briefe u. s. w.
S. 115.
4 Mittheilungen des Marchese
Campori.
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Zeit ihren ständigen Aufenthalt in Brüssel genommen haben
nruss.1 So sicher dieses durch alle historischen Nachrichten
beglaubigt erscheint, so mühsam erwehrt man sich der Ver-
muthung, dass Roger van der "Werden in der Zeit zwischen
1440 und 1450 auch in Brügge sich aufgehalten habe.
Cyriacus nennt ihn Boger von Brügge. Der „Bogier van
Brugghe", von dessen zahlreichen Leimvandbildern in Kirchen
und Privathäusern van Mander und Vaernewyck erzählen,
kann doch nur unser Meister sein.2 Dürer erwähnt in
seinen niederländischen Beisebriefen „Budigers gemalt
Capellen"3 in Brügge und in St. Jacob daselbst „köstliche
Gemälde von Budiger", die Agenten des Herzogs von Ferrara
endlich, welche ihm die Zahlung für gelieferte Bilder leisten,
nennen ihn „Mo. Buziero depintore in Bruza".4 Das alles
spricht für ein längeres Leben in Brügge.
Es lässt sich aber auch anders deuten. Die Leinwand-
bilder und die „Capelle", unter welcher nur ein Oratorium,
ein Altar zu verstehen ist, konnten als tragbar von Brüssel
nach Brügge gesendet sein. Da Brügge bekannter war als
1 Zwanzig Jahre vor seinem Tode
besass Roger das Haus und die
Liegenschaft an der Ecke der Mon-
' tagne de la Cour. Das letztere
Eigenthum war zu Gunsten der
Armen von S. Gudule mit einer
Summe vonv48 Livr. belastet, wovon
„Meester Bogier, scildere" in den
Jahren 1444—1465 die Hälfte ab-
zahlte. In dem Rechnungsbuche,
welchem diese Details entlehnt sind,
wird Boger bald „aldair" bezeichnet,
d. h. anwesend, bald fehlt das Wort
hinter dem, Namen, d. h. der Maler
ist von Brüssel abwesend. Im
Jalu-e 1443 zahlt den Zins die Brau
des Wilhelm von Heersele, nach
dem Tode Rogers 1466—1491 und
dann wieder 1494—1498 werden die
Zahlungen von den Söhnen der
Frau dieses Wilhelm von Heersele
geleistet; 1492—1493 wird ein Peter
van der Weydcn. 149t«—1539 ein
Meister Peter van der Weyden ge-
nannt. Der Erstere ist offenbar ein
Sohn Eoger's und kann als Ver-
heiratheterbisl484 urkundlich zurück-
verfolgt werden. Der zweite scheint
ein Enkel Roger's, Sohn des älteren
Peter zu sein. Dass Peter II. ein
Maler war, beweist seine Anführung
in dem Rechnungsbuche als Besitzer
des Roger'schen Hauses und „por-
trateur", so wie die Erwähnung im
Anniversar von S. Gudule: „Magister
Petrus van der Weyden pictor."
Von seiner Wirksamkeit hat sich
keine Spur erhalten. Vgl. Wauters,
Revue universelle vol. H.
2 Van Mander p. 203. Vaernewyck,
hiit. v. Belg. p. 133.
3 Campe, D'ürer's Reliquien p. 121;
Thausing, Dürer's Briefe u. s. w.
S. 115.
4 Mittheilungen des Marchese
Campori.