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Curtius, Ernst
Olympia: ein Vortrag im wissenschaftlichen Verein zu Berlin — Berlin, 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.4304#0032
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— 31 —

wurden in die Pfosten rhodischer Tempel eingegraben
und von Geschlecht zu Geschlecht wie eine unvenvelk-
liche Blüthe der Dichtkunst getragen.

Das war den Griechen Olympia. Darum Sassen sie
hier in heiterer Feststimmimg, während Leonidas an den
Gränzen ihres Landes den Opfertod starb; darum über-
hörten sie den herantobenden Kriegslärm, denn sie fan-
den in dem ungestörten Kultus ihres Nationalgottes die
sicherste Bürgschaft seines Segens, sie fühlten beim An-
blicke ihrer Olympioniken die freudigste Siegeshoffnimg,
von Olympia zogen sie nach Salamis und Platää. Und
als nun dem ganzen Volke der grosse olympische Sieg
verliehen wurde, da begann auch für Olympia die herr-
lichste Zeit; das ganze Volk war von Siegesgefühl ge-
hoben, die reiche Beute wurde in "Weihgeschenke ver-
wandelt, Pindar sang und Phidias bildete.

Auf zwei Grundfesten ruhte die Feier der Olympia-
den, auf dem Gefühle des nationalen Zusammenhangs
und auf der jugendlichen Empfänglichkeit des Volks. Die
erste dieser Grundfesten war schon fünfzig Jahre nach
Thermopylä durchaus erschüttert, und wenn auch das
schöne Erzbild des Gottesfriedens an seiner alten Stelle
der Tempelhalle stehen blieb, so galt er doch in Wahr-
heit nicht mehr. Die Ehrfurcht vor den Satzungen der
Väter, die Scheu vor dem Göttlichen entwich mit ent-
setzlicher Schnelligkeit, und so stark sich der helleni-
sche Glauben erwiesen hatte, eine gesunde Volkskraft
zu tragen und zu lieben, so unfähig zeigte er sich, ein
sieches Volksleben zu erneuern. Mit der Religion verfiel
auch die Kraft der Freude, das schönste Erbtheil der
Hellenen. Es erlahmte die Schwungkraft der Seele, man
konnte sich nicht mehr vergessen in der Anschauung des
Festes. Jetzt fühlte man die unerträgliche Gluth der
Julisonne, jetzt alle Qualen des Aufenthalts in der ver-
sumpften Niederung. Der Zusammenhang mit den über-


 
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