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Curtius, Ernst [Hrsg.]
Die Ausgrabungen zu Olympia (Band 5): Übersicht der Arbeiten und Funde vom Winter und Frühjahr 1879-1880 und 1880-1881 — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.769#0023
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und chronologischen Folge geordnet. Als der älteste giebt
sieh zweifellos der links oben abgebildete, arg verstümmelte
Kopf KU erkennen, vornehmlich durch den strengen runden
Umriss seiner ans zwei concentrischen Hnarkränzcn gebildeten
Mähne. Die einzelnen Haarbüschel derselben sind noch nicht
frei plastisch gebildet, sondern innerhalb der Fläche durch
gleichmässig eingegrabene Furchen unterschieden, in einer

Wo:

iuf Hrn

Es folgt der mittlere Kopf der oberen Reihe von gross-
artiger, architektonisch-stilvoller Durchführung. Leider fehlen
so charakteristische Theilc wie Nase und Schnauze; allein
schon in der Bildung der Haare, die zu einzelnen Büscheln
gesammelt, frei und natürlich den Kopf umwallen, ist ein
merklicher Fortschritt gegenüber dem zuerst erwähnten er-
kennbar. Der dritte der Reihe gehört zur Thonsima des
Megareerschatzhauscs: Im Profile ähnelt er den besseren
Löwenmasken des Zeustempels, indem hier wie dort Stirn
und Nase einen merklichen Winkel bilden. Die kräftige
Modellirung, namentlich das starke Hervortreten der Stirn-
und Backenknochen, nähert den Kopf schon den folgenden
freieren Bildungen. Die Mähne dagegen, von architektonisch-
strengem Umrisse, besteht aus einem einzigen Kranze, ganz
symmetrisch geformter Maare, die durch tiefe Furchen in
der Miltc jedes Büschels gegliedert und noch weit von
natürlicher Bildung entfernt sind. Bei allen drei erwähnten
Köpfen zeigen die Fleischtheile einen hellen gelblichen Ton,
die Pupillen sind schwarz, die Mähnen roth bemalt.

Die drei folgenden Kopfe der mittleren Reihe bilden
mit den zu ihnen gehörigen Simon eine eng zusammenge-
hörige Gruppe verwandter Bildungen, als deren Prototyp
der der Simn des Südwestbaues angehörige erste von jenen

Köpfen erscheint (vergl. IV Taf. sS.a und 3R)- Hier erkennen
wir in der freien, von dem Zwange der Gleichmassigkeit und
Symmetrie befreiten Bildung des Haarwuchses, sowie in der
mehr natürlichen als stilisirten Form des kräftig modcllinen
Kopfes die Merkmale der völlig entwickelten Kunst. Geringer
und derber in der Ausführung ist der folgende Kopf. Der
dritte ist /war noch von sorgfältiger, selbst feiner Arbeit,
beide aber geben sieh durch andere Anwichen, wie die
trockenere Hanrbildung, die tief eingegrabenen Augenränder
und eingebohrten Augensterne als später zu erkennen.

Bei dem vierten Kopfe dieser Reihe, der mit Sicherheil
dem alten griechischen Leonidaion zugeschrieben werden
kann, ist noch ein äusserer, sehr frei behandelter Haarkranz
zu ergänzen. Durch denselben erhält der Kopf etwas Male-
risch -Effect voll es, das mit dem feinen gemalten Ornamente
der zugehörigen Siina kontraslrirt. Was die Färbung dieser
Köpfe anlangt, so scheinen nur Zunge und Lippen durch
besondere Karben, und xwar Roth, eharakterisirl gewesen

Von den Köpfen der unteren Reihe hat der erste noch
keinem bestimmten Gebäude zugeschrieben werden können;
der mittlere gehört sehr wahrscheinlich zu der grossen Süd-
halle, der letzte zur Echohalle. Während bei den beiden
ersteren das übertrieben Plastische, die stark auf den Effect
berechnete Modellirung auffäll, fehlt bei dem letzten jede
nachdrückliche Andeutung des Knochenbaues; die Modelli-
rung ist flau, die Flächen von Stime, Schläfen und Backen
Stossen hart aufeinander, die Haarbehandlung ist nachlässig.
Dieses und gewisse Einzelheiten, die sich genau so bei den
späteren Terrncolta-Löwenmaskeu in Pompe! vorfanden, wei-
sen den Kopf sicher in die römische Zeit.

R. BORRMANK.


 
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