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I. Studien zur Geschichte der Artemis.
dämonische Limnatis. Die doxM/o;, Avelche die arkadisciien
Dienste mit den attischen verbindet, wiederholt sich in Lemnos
wie in Samothrake (Dorier I 381); die Baren und Löwen, welche
die Göttin begleiten, führen uns nach Kyzikos, wo uns die
Bäreninsel und die Bärenhöhe hegegnen unterhalb des Dindymony
des Berges der phrygisch-lydischen Bergmutter (Str. 5?ö). Hier
tritt uns also eine andere Form derselben Göttin mit voller
Deutlichkeit entgegen. Denn Dindymene wurde als Leukophryene
aus dem älteren Magnesia in die neuere Stadt übertragen
(Str. 647). Deutlicher kann die Identität zweier Gottheiten
nicht ausgedrückt werden. Der Löwe bleibt aber der Artemis
auch in den Ländern, wo seit Menschengedenken. keine Löwen
vorhandcn waren, so dafs auch ihre Nymphen, wie Atalante,
in Löwen verwandelt werden. Auf ein Käseopfer in Löwen-
form bei der lakonischen Artemis glaubte IVelcker aus Alkman
schliefsen zu dürfen; doch ist es noch nicht gelungen, das
Fragment 34 bei Bergk, Boet. Lyr. GrB sicher herzustellen und
zu deuten. Es handelt sich aber um das Hirtenfest einer Berg-
göttin, bei weichem ein Löwenkäse die Hauptrolle spielt. VergL
Welcker, Rhein. Mus. 1855 S. 263; Gr. Götterl. I 584. Auch
in Syrakus durfte dem Thiergarten der Artemis die Löwin nicht
fehlen (Theokrit 2, 67).
Gehen wir diesen Beziehungen nach, wie ich sie hier
andeute, so kommen wir immer mehr zu der Ueberzeugung,
dafs der Artemisdienst kein buntes und innerlich zusammen-
hangloses Vielerlei mythologischer VorsteHungen sei, sondern
ein in sich Einiges und Ganzes, ein Cultus, der sich in der
unter phrygischen und lydischen Einfiüssen stehenden pelas-
gischen Vorzeit von Klein-Asien nach Hellas ausgebreitet hat,
und wenn der Name der Göttin, dessen Entstehung jenseits der
heHenischen Voiksentwickelung liegt, erklärt werden kann, so
ist es nur möglich aus der Sprache älterer, den Griechen be-
nachbarter und verwandter Völker Vorder-Asiens, und ich
wüfste nicht, was gegen die schon von Gosche, De ariana
linguae armeniacae indole p. 28 vorgeschlagene Verbindung mit
iranischen Wörtern und Namen (wie Artames und Artimas)
einzuwenden wäre.
Die Ausbreitung des Artemisdienstes kann nur durch
Zuwanderer erfolgt sein, die im Binnenlande Klein-Asiens zu
Hause waren, und es ist eine ebenso volksthümliche wie weit-
I. Studien zur Geschichte der Artemis.
dämonische Limnatis. Die doxM/o;, Avelche die arkadisciien
Dienste mit den attischen verbindet, wiederholt sich in Lemnos
wie in Samothrake (Dorier I 381); die Baren und Löwen, welche
die Göttin begleiten, führen uns nach Kyzikos, wo uns die
Bäreninsel und die Bärenhöhe hegegnen unterhalb des Dindymony
des Berges der phrygisch-lydischen Bergmutter (Str. 5?ö). Hier
tritt uns also eine andere Form derselben Göttin mit voller
Deutlichkeit entgegen. Denn Dindymene wurde als Leukophryene
aus dem älteren Magnesia in die neuere Stadt übertragen
(Str. 647). Deutlicher kann die Identität zweier Gottheiten
nicht ausgedrückt werden. Der Löwe bleibt aber der Artemis
auch in den Ländern, wo seit Menschengedenken. keine Löwen
vorhandcn waren, so dafs auch ihre Nymphen, wie Atalante,
in Löwen verwandelt werden. Auf ein Käseopfer in Löwen-
form bei der lakonischen Artemis glaubte IVelcker aus Alkman
schliefsen zu dürfen; doch ist es noch nicht gelungen, das
Fragment 34 bei Bergk, Boet. Lyr. GrB sicher herzustellen und
zu deuten. Es handelt sich aber um das Hirtenfest einer Berg-
göttin, bei weichem ein Löwenkäse die Hauptrolle spielt. VergL
Welcker, Rhein. Mus. 1855 S. 263; Gr. Götterl. I 584. Auch
in Syrakus durfte dem Thiergarten der Artemis die Löwin nicht
fehlen (Theokrit 2, 67).
Gehen wir diesen Beziehungen nach, wie ich sie hier
andeute, so kommen wir immer mehr zu der Ueberzeugung,
dafs der Artemisdienst kein buntes und innerlich zusammen-
hangloses Vielerlei mythologischer VorsteHungen sei, sondern
ein in sich Einiges und Ganzes, ein Cultus, der sich in der
unter phrygischen und lydischen Einfiüssen stehenden pelas-
gischen Vorzeit von Klein-Asien nach Hellas ausgebreitet hat,
und wenn der Name der Göttin, dessen Entstehung jenseits der
heHenischen Voiksentwickelung liegt, erklärt werden kann, so
ist es nur möglich aus der Sprache älterer, den Griechen be-
nachbarter und verwandter Völker Vorder-Asiens, und ich
wüfste nicht, was gegen die schon von Gosche, De ariana
linguae armeniacae indole p. 28 vorgeschlagene Verbindung mit
iranischen Wörtern und Namen (wie Artames und Artimas)
einzuwenden wäre.
Die Ausbreitung des Artemisdienstes kann nur durch
Zuwanderer erfolgt sein, die im Binnenlande Klein-Asiens zu
Hause waren, und es ist eine ebenso volksthümliche wie weit-