I. Studien zur Geschichte der Artemis.
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verzweigte, von keinem Menschenwitz ersonnene, echte Ueber-
lieferung, welche uns die Träger des Dienstes nennt; denn im
ganzen Peloponnes ist Artemisdienst mit dem Geschlecht der
Tantaliden verwachsen. In Kaphyai, Stymphalos, Oresthasion
gehen Artemisdienst und Peiopidensagen zusammen. Ein Pelopide
stiftet ihn am Strande von Elis; Pelops ruht in Pisa nehen dem
Tempel der Artemis und seine Gefährten führen zu ihren Ehren
die ersten Festtänze auf. Eine Quelle Menela'is Riefst an ihrem
Heiligthum, und derselbe Agamemnon, der ihr in Aulis opfert,
gründet den Myrrhinusiern ein Heihgthum der Kolainis; auch
in Brauron kannte man ihn als Opferpriester der Gröttin. Als
Iphigeneia ist sie mit seinem Geschlecht verhunden und Orestes
ist ein Missionar ihres Dienstes. Auf der Burg der Pelopiden
ist ein uraltes Thonhild der thierhaltenden Göttin gefunden
(Arch. Zeitung 1866 8. 256*) und auch am ephesischen Ufer
galt der Munichia Heiligtl)um für eine Stiftung Agamemnons.
Vgl. Artemis Gygaia in der Arch. Zeitung XI.
Bei keiner Gottheit des Olmps führt, wie mir scheint, von
der äussersten Gränze der von Hellenen und den ihnen ver-
wandten Völkern hewohnten Länder ein geschichtlicher Faden
so deutlich rnitten in Hellas hinein, wie bei der Artemis. Dafs
aber auf dem Boden Klein-Asiens, wo sich im Innern wie an
der Küste arische und semitische Volkssitten überall kreuzen,
in die Kette der vom phrygischen Hochlande stammenden
Gottesdienste viel Fremdartiges sich eingedrängt hat, ist nicht
zu verwundern. Eine sichere Methode die Elemente zu scheiden
ist noch nicht gefunden. Wir pflegen aber solche Gebräuche,
in welchen fanatische Aufregung und sinnliche Ausschweifung
mit dem Gottesdienste verbunden sind, als etwas dem arischen
Völkergeschlechte Fremdartiges zu betrachten, und die Spuren
unzüchtiger Oultusformen folgen dem Artemisdienste tief nach
Hellas hinein. Ich erinnere nur an die Tänze der lakonischen
Mädchen, welche in wilder Bewegung die Schenkel zeigten
x^Rroo/Urcor Photius Lex. p. 126 (Welcker,
Griechische Götterlehre 2, 392).
Semitischen EinMufs glaubt man auch bei der hschleibigen
Eurynome in Phigaleia wahrzunehmen; auf den Zusammenhang
des lakedämonischen Artemisdienstes mit Lydien habe ich be-
reits in dem Aufsatz über Artemis Gygaia hingewiesen und
auch AVelcker 2, 393 giebt ihn zu.
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verzweigte, von keinem Menschenwitz ersonnene, echte Ueber-
lieferung, welche uns die Träger des Dienstes nennt; denn im
ganzen Peloponnes ist Artemisdienst mit dem Geschlecht der
Tantaliden verwachsen. In Kaphyai, Stymphalos, Oresthasion
gehen Artemisdienst und Peiopidensagen zusammen. Ein Pelopide
stiftet ihn am Strande von Elis; Pelops ruht in Pisa nehen dem
Tempel der Artemis und seine Gefährten führen zu ihren Ehren
die ersten Festtänze auf. Eine Quelle Menela'is Riefst an ihrem
Heiligthum, und derselbe Agamemnon, der ihr in Aulis opfert,
gründet den Myrrhinusiern ein Heihgthum der Kolainis; auch
in Brauron kannte man ihn als Opferpriester der Gröttin. Als
Iphigeneia ist sie mit seinem Geschlecht verhunden und Orestes
ist ein Missionar ihres Dienstes. Auf der Burg der Pelopiden
ist ein uraltes Thonhild der thierhaltenden Göttin gefunden
(Arch. Zeitung 1866 8. 256*) und auch am ephesischen Ufer
galt der Munichia Heiligtl)um für eine Stiftung Agamemnons.
Vgl. Artemis Gygaia in der Arch. Zeitung XI.
Bei keiner Gottheit des Olmps führt, wie mir scheint, von
der äussersten Gränze der von Hellenen und den ihnen ver-
wandten Völkern hewohnten Länder ein geschichtlicher Faden
so deutlich rnitten in Hellas hinein, wie bei der Artemis. Dafs
aber auf dem Boden Klein-Asiens, wo sich im Innern wie an
der Küste arische und semitische Volkssitten überall kreuzen,
in die Kette der vom phrygischen Hochlande stammenden
Gottesdienste viel Fremdartiges sich eingedrängt hat, ist nicht
zu verwundern. Eine sichere Methode die Elemente zu scheiden
ist noch nicht gefunden. Wir pflegen aber solche Gebräuche,
in welchen fanatische Aufregung und sinnliche Ausschweifung
mit dem Gottesdienste verbunden sind, als etwas dem arischen
Völkergeschlechte Fremdartiges zu betrachten, und die Spuren
unzüchtiger Oultusformen folgen dem Artemisdienste tief nach
Hellas hinein. Ich erinnere nur an die Tänze der lakonischen
Mädchen, welche in wilder Bewegung die Schenkel zeigten
x^Rroo/Urcor Photius Lex. p. 126 (Welcker,
Griechische Götterlehre 2, 392).
Semitischen EinMufs glaubt man auch bei der hschleibigen
Eurynome in Phigaleia wahrzunehmen; auf den Zusammenhang
des lakedämonischen Artemisdienstes mit Lydien habe ich be-
reits in dem Aufsatz über Artemis Gygaia hingewiesen und
auch AVelcker 2, 393 giebt ihn zu.