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Curtius, Ernst [Editor]; Adler, Friedrich [Editor]; Treu, Georg [Oth.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 3): Die Bildwerke von Olympia in Stein und Thon — Berlin, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.779#0051
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Taf. VII, i—4. Hera(?)- und Zeuskopf.

C. Altertümliche Bildwerke aus Thon.

Tafel VII, 1, und Abb. 35. Oberteil eines
weiblichen Kopfes mit Kalathos, aus gebranntem
Thon. Höhe (foweit erhalten) 15,5 cm, Breite 16 cm,
Tiefe 18 cm. Faft lebensgrofs.

Die Deutung auf Hera wird durch den Kalathos,
deffen Blatter in ihrer Form denen des Koloffalhauptes aus

Hera [?}, Kopf aus Terracotta (1

dem Heraion {Taf. I und Abb. 1) gleichen, wahrfcheinlich
gemacht, wenn auch nicht völlig geflchert. Der Kalathos
ift hier Verhältnismäfsig niedriger, oben flach ausgehöhlt
und im Innern mit fünf kleinen trichterförmigen Bohr-
löchern verfehen, welche jedoch ebenfowenig, wie bei
dem Terracottakopf Tafel VII, 2—3, durch die ziemlich
ftarken Thonwandungen hindurch geführt find. Der
Thon ift fchwach gebrannt und von blafsgelblich-roter
Farbe. Über das Geficht war noch eine feinere, gelblich-
weifse Thonfchicht gelegt, welche alfo wohl die Grund-
farbe für die nackten Teile abgab. Die Haarfarbe, von
der nur noch am Anfatz der linken Braue ein dunkler
Schimmer übrig ift, fcheint unmittelbar auf dem Thon-
gründe gefeffen zu haben; ebenfo die vermutlich wechfel-
farbige Bemalung der Kalathosbla'tter. Um den Fufs

des Kalathos ift ein fchmales Band gefchlungen, unter
dem fich die Stirnhaare in flachen Wellen hinziehen.
Hinter den Ohren fallen fie in je vier derben »Buckel-
fträhnen« auf die Schultern herab. Am Hinterkopf ift
das Haar nur in flachen Wellen angelegt. Man bemerke

die Geftalt des Ohres (Abb. 36) mit feinem lang herab-
gezogenen Läppchen, dem fchneckenförmig eingerollten
oberen Ende des äufseren Randes und dem ftark nach
vorn gerückten Gehörgang. Noch feltfamer ift die Bil-
dung des Auges: faft die ganze enge Lidfpalte wird von
dem glotzend vorquellenden Buckel der Hornhaut aus-
gefüllt, der auch in der fcharfen Umränderung der Iris
wie aus Bronzeblech herausgetrieben erfcheint. In der
urfprünglichen Bemalung mufs er noch grafTer gewirkt
haben. Die hochgezogenen Brauen über den flachen
Augenhöhlen waren plaftifch angedeutet.

Die meiften diefer Züge kehren bei einem weiblichen
Kopf von den Säulenreliefs des älteren ephefifchen Arte-
mifions,1) freilich in fortgefchrittener Umbildung, aber
doch fo unverkennbar verwandt wieder, dafs man unferen
Terracottakopf unzweifelhaft als ein Werk aus derfelben
Bildhauerfchule wird bezeichnen dürfen, welche einige der
ephefifchen Säulen im Auftrage des Kroifos mit Reliefs
fchmückte. Wenn aber jene Künftler vor der Mitte
des VI. Jahrhunderts arbeiteten, fo dürfte die hohe Alter-
tümlichkeit der olympifchen Thon-Hera wohl nötigen,
fie noch im VII. Jahrhundert entftanden zu denken. An
welchem Ort, wird freilich unentfchieden bleiben muffen.
Gefunden wurde das Bruchftück gelegentlich der
Tiefgrabungen im antiken Boden, wenig weftlich von
der langen Bafis vor der Mitte der Echohalle, welche
die jonifchen Säulen mit den Bildern des Ptolemaios
Philadelphos und der Arfinoe trug (vergl. die allgem.
Fundkarte. Tageb. vom 5.— ir. März 1880). Hier lag
es innerhalb der Schuttfchicht, auf welcher die Echo-
halle gegründet ift, und zwar circa 75 cm unter deren
svSwT/ifitct. Vermutlich war das Bildwerk alfo fchon in
antiker Zeit befeitigt worden.

Abgeb. Ausgrabungen V, Taf. 26 B. Vergl. Treu,

ebenda S. 16 (zu 26 A). Friederichs-Wolters, Gipsabgüffe

antiker Bildw. zu Berlin S. 140 11. 309.

Tafel VII, 2 — 3. Weiblicher Terracottakopf
mit Kalathos. Siehe das Nähere zur Silensgruppe Tafel
VIII, [—2.

Tafel VII, 4 und Abb. 37. Zeuskopf aus ge-
branntem Thon. Höhe 0,19 m (vom Scheitel bis Bart-
fpitze, fenkrecht gemeffen 16cm), Breite 13,5cm, Tiefe
15 cm. Innerlich eine Schicht von gröberem Thon, die
auf unferer Tafel unterhalb des Halsbruches fichtbar
wird. Der Haarreif und die dreireihigen Stirnlöckchen
befonders angefetzt. An dem übrigens glatten Haar ift
nur noch der aufgerollte Nackenfchopf in flachen, breiten
Furchen gegliedert.2) Unter der ungewöhnlich ftarken

') Murray, history of greek sculpture Iä S. 111 Fig. iS -
Collignon, hist. de la sculpture gr. I, S. 179 Fig. 82 = Over-
beck, Gefch. d. griech. Plaftik I4 S. 107 Fig. 10.

2) Furtwängler, im 50. Winckelmanns - Programm der
Arch. Ges. zu Berlin S. 132, verkennt m. E. die fchlichte
Strähnenteilung der Haarrolle im Nacken, wenn er S. 131
meint, dafs fie hier »durch vertikale Bänder in mehrere Ab-
teilungen gekerbt« fei.
 
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