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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]; Treu, Georg [Bearb.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 3): Die Bildwerke von Olympia in Stein und Thon — Berlin, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.779#0059
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Taf. VIII, 5 — 8. Löwen-Akroterien, Delphin, Gorgoneion-Stirnziegel.

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glänzend fchwarzem Vafenfirnifs umriffen. Auf der Flofle
unterfcheidet man aufserdem die Spuren einer palmetten-
ähnlichen Zeichnung in hellroter Farbe. Auch der Bart
war braunrot.

Das auf Tafel VIII, 7 abgebildete Wellenbruchftück
fichert das Vorhandenfein mindeftens noch einer Wider-
holung und macht im Verein mit der Vernachüiffigung
der Rückfeite architektonifche Verwendung um fo wahr-
fcheinlicher. Nach der, im Grundrifs bogenförmigen An-
ordnung der Wellenanfätze könnte man' etwa an die Simen-
bekrönung eines Rundbaues denken. Diefer müfste jedoch
fchon in antiker Zeit wieder zerfrört worden fein, da der
Delphin ungefähr 50 cm unter dem Kiefelfundament der,
vermutlich aus neronifcher Zeit flammenden Südaltis-
mauer ausgegraben wurde (Tageb. vom 23. Januar 187g;
Terr. Inv. IV n. 1093; vergl, Dörpfeld in den Mitth. des
Jnft. zu Athen XIII, 1888, S. 328 ff). Das Wellenbruchftück
Tafel VIII, 7 wurde im Süden des Philippeions aufgelefen
(Terr. Inv. V n. 4598). Der Delphin dürfte, einerfeits nach
der ftrengen Stilifierung von Auge, Floffe und Gefammt-
umrifs, andererfeits nach der freien-Bildung der mit
dem Stecken fehr lebendig nachgearbeiteten Wellen
zu fchliefsen, dem Ende des V. oder dem Anfang des
IV. Jahrhunderts angehören. (Man vergleiche die Taras-
münze bei Imhoof- Blumer und Keller, Tier- und
Pflanzenbilder auf Münzen und Gemmen Taf. 4 n. 27 -
Gatalogue of greek coins in the British Museum, Italy
S. 174 n. 109.)

Furtwängler, Archäologifche Zeitung 1879 S. 41.
— Treu, Ausgrab, zu Ol. IV Tafel 27B, 1, S. 19. —-
Friederichs - Wolters, Gipsabgiifle S. 160 n. 391.

8—9. Stirnziegel mit Gorgonen-

Tafel VIII,

masken. l)

1. TafelVIII, 8. Gorgoneion in giebelförmig
bekröntem, in das Halbrund des Stirnziegels eingetieftem
Felde. Höhe 25,5 cm, Breite urfprünglich gegen 38 cm.
Die Rückfeite weift unerwarteter Weife nicht mehr den
Anfatzbruch eines halbrunden Kalypters auf, fondern
lediglich den wagerechten, ca. 1 cm. hohen Anfatzbruch
eines Flachziegels am unteren Rande. Auf dem gelben
Thongrund fcheinen fich das vertiefte Feld felbft, wie
deffen Umrahmung und die Einzelheiten der Medufen-
maske (Haare, Lippen, die fcharfen und mageren Rander
der Brauen und Augen, die Teilung der Zähne, die
Umriffe der Schlangen und dergl.) teils in leuchtendem
Rot, teils in dunklerem Braunrot abgehoben zu haben;
in letzterer Farbe namentlich die Zunge. Auffallend
ift die aus dem flachen, geprefsten Relief der Maske in
voller Rundung und gefliflenrlicher Häfslichkeit heraus-
gearbeitete grofsflügeüge und fpitze Nafe. Im mageren,
energifchen Gefamtcharakter der Gefichtszüge fcheint
das Gorgoneion unferes Stirnziegels dem bekannten
marmornen Firflakroter aus Sparta am nächften zu
flehen (Milchhöfer, Arch. Zeitung 1881, Taf. 17,1; Six

*) Vergl. hierzu auch das Gorgoneion des Stirnziegels
auf der Sima, welche von Borrmann in Textband II, zu
Tafel 116— 117 vermutungsweife dem Schatzhaus von Seimus
zugeteilt wird.

de Gorgone, Taf. 2, n. III 5a; Furtwängler in Rofcher's
Lex. d. Mythol. 1,2 Sp. 1716). Wie diefes wird es
der Frühzeit des VI. Jahrhunderts angehören. Leider
läfst fich über den Bau, von welchem diefer Stirn-
ziegel flammt, um fo weniger etwas ficheres fagen, als
auch fein Fundort unbekannt ift. Er ift erft nach Ab-
fchlufs der deutfchen Ausgrabung zum Vorfchein ge-
kommen.

2. Tafel VIII, 9. Thönerne Medufenmaske
aus der reichen Palmettenbekrönung auf Tafel 120 des
II. Bandes (Ausgr. v. Ol. IV, Taf. 28, Mitte). Über die Stelle,
welche fie innerhalb jenes Simenfchmuckes eingenommen,
flehe die Erläuterungen von Borrmann zur angeführten
Tafel. Für die Wirkung unferes Gorgoneions ift aufser
jener Umgebung von ftrengfchönen Ranken und Pal-
metten auch eine Stirnkrönung wefentlich, deren Anfatz-
brüche Abbildung 50 nach den beiden erhaltenen Exem-
plaren giebt. Sie führen mit Wahrfcheinlichkeit auf ein

Anfatzbrüche über der Stirn des Terracotta-Goiganeions Tafel VIII, g {A;
und einer Wiederholung diisfü'.bcn (B) (i:G).

Schlangenpaar, deffen Köpfe über der Mitte der Stirn
fich emporbäumten, um der ftarken Ausladung des
Untergeficht.es das Gegengewicht zu halten.

Sowohl durch feine gemäfsigten Formen, wie die
reichen Doppelpalmetten und den zugehörigen Löwen-
kopf, welcher den Wafferfpeiern des Zeustempels ziemlich
gleichzeitig fein dürfte, giebt fich die Sima als ein Werk
etwa aus der Mitte des V. Jahrhunderts zu erkennen.
Die Gorgone gehört alfo dem mittleren Typus an
(Furtwängler, Lexikon der Mythologie 1,2, Sp. 1720)
und zwar als ftrengftes und eigenartigftes Exemplar
diefer Gattung. Insbefondere fcheinen die ins Geficht
fallenden Schläfenlocken ganz vereinzelt dazuffehen.

Eine nur in ihrer oberen Hälfte erhaltene Wieder-
holung des Gorgoneions (B) fand fich in der byzantinifchen
Oftmauer verbaut (Tageb. vom 16. März 1878; Terr.-
Inv. III n. 746). Das auf unferer Tafel abgebildete
Exemplar (Ä) wurde nebft einigen Bruchftücken der dazu
gehörigen Palmette aus dem im Hofe des Buleuterions
befindlichen Brunnen hervorgezogen (Tageb. vom 23.
bis 27. April 1879; Terr.-Inv. IV n. 1841). Da nun auch
der entfprechende Löwenkopf innerhalb des Buleuterion-
Nordbaues und andere Bruchftücke derfelben Simen-
bekrönung in der Nähe desfelben Gebäudes ausgegraben
wurden, fo war man früher geneigt, diefe dem Buleu-
terion zuzufchreiben. Die Auffindung des Traufziegels
I, Tafel 57 = II, Tafel 116, welcher fich durch feine

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