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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0351
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NÜRNBERG • ST. JOHANNIS

Fig. 225. ES Chor I, 4a-c.



gleichbaren Fällen - durch die Nachfahren des Stifters, in diesem
Fall wohl mit Sebald, Hieronymus und Hans Schürstab sowie
deren Frauen in Verbindung gebracht werden kann25. Schürstab-
Wappen zu Füßen des Ritters (vereinfacht tingiert mit gekreuz-
ten schwarzen Fackeln, ohne die roten Flammen).
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Stifter in wässrig blau-
grauer Rüstung und roter Schulterdecke mit silbergelber
Agraffe; Kopf blaßbraun; Spruchband weiß; Schwertgriff silber-
gelb. Bildraum: graugrüner Fliesenboden, braune Mauer, blauer
Wolkenhimmel, gelber Bogenschluß.
Technik, Stil, Datierung: Nürnberg, um 1495 (Werkstatt Veit
Hirsvogel d.Ä.). Knappe schreibt die gediegene Ausführung
dem sog. »Glasmaler des Trockau-Assistentenkopfes« zu und
bewertet die Schürstabscheibe gegenüber dem Bamberger Fen-
ster in St. Sebald als überraschend fortgeschritten26.
CVMA K 12577

außerdem zwei gesprungene Scherben mit Araldit rückseitig
doubliert (Kleber vergilbt). Im Braun des Kopfs und der Mauer
Lochfraß. Bemalung weitgehend intakt. Bleinetz im 19. Jh.
erneuert.
Ikonographie, Komposition: Das nach links gewendete Wappen
des ratsfähigen Nürnberger Patriziergeschlechts der Schürstab
zeigt im silbernen Schild zwei gekreuzte schwarze Fackeln mit
roter Flamme. Die Helmzier über blaugrauem Topfhelm zeigt
einen silbern gekleideten Mohrenrumpf mit roter Mitra und sil-
bernen Bändern; Decken rot und silbern. Die altertümliche
Form des Topfhelms in der Helmzier und die sehr reduzierte
Gestaltung der Helmdecken erinnert an Wappen der Zeit um
1400 und deutet, wie die Scheibe der weiblichen Stifter auch, auf
die Verneuung einer älteren Fensterstiftung hin.
Farbigkeit: Wappen s. Ikonographie. Bildraum: graugrüner Flie-
senboden; braune Mauerzunge vor hellblau gestreiftem Wolken-
himmel; gelber Bogenschluß.
Stil, Datierung: Nürnberg, um 1.495 (Werkstatt Veit Hirsvogel
d.Ä.).
CVMA K 12576
4c KNIENDER STIFTER LEOPOLD SCHÜRSTAB
Fig. 225, Abb. 243
H. 80 cm, B. 34,5 cm.
Ehemals Schürstab-Fenster Lhs. süd IV, 4c (Würfel, 1766,
S. 442L).
Inschrift: Auf dem Spruchband des Stifters steht in gotischer
Minuskel falsch verkürzt: misere mey deo.
Erhaltung: Bis auf einige geringfügige ältere Reparaturen im
Spruchband, in der Mauer, im Wappenschild und im Fliesenbo-
den, die im Zuge der letzten Restaurierung ausgewechselt oder
durch rekonstruktive Übermalungen an den alten Bestand ange-
paßt wurden, originale Glassubstanz. In den braunen Gläsern
rückseitige Flächenkorrosion. Bemalung in den wesentlichen
Partien des Gerüsteten gut intakt; im Kopf Verluste. Bleinetz
i^.Jh.
Ikonographie: Die Darstellung des ritterlich geharnischten Stif-
ters bezieht sich auf Leupolt Schürstab (J 1379 oder 1380), der in
erster Ehe mit einer Nützlin vier Söhne und zwei Töchter zeugte
und in zweiter, kinderloser Ehe mit einer Streitbergerin, eines
Ritters Tochter, verheiratet war24. Es handelt sich folglich um die
Verneuung einer Stiftung des späten 14. Jh., die - wie in ver-

5/6a HL. JOHANNES BAPT. Fig. 221, 226, Abb. 238,259
H./B.: 5a: 81/34,7-35 cm; Kopfscheibe 6a: 35,5/34,5 cm.
Erhaltung: Abgesehen von marginalen Ergänzungen vorzüglich
intakte alte Substanz. In der Mauer und im Baldachin einige stö-
rende Sprungbleie. Zwei stärker gesprungene Stücke rückseitig
doubliert; mehrere geklebte Sprünge. Geringer Halbtonabrieb
im blauen Mantel und im Kopf des Täufers. Bleinetz in 5a im 19.
Jh. erneuert; in 6a alt.
Ikonographie, Komposition: Die nach links gewendete Figur
Johannes des Täufers geht recht exakt auf den Schongauerstich
L.59 zurück; allein der frontale Kopf auf dem Stich wurde im
Glasgemälde ins Halbprofil gewendet, das Standbein wurde zum
Schreitmotiv hin verändert27.
Farbigkeit, Ornament: Der Heilige trägt über dem gelben Fellge-
wand einen blauen Mantel mit rotem Innenfutter. Kopf, Hände,
Lamm und Buch auf weißem Glas mit Silbergelb. Blaßgrüner
Fliesenboden; braunrosaviolette Mauer, hellblau gestreifter Wol-
kenhimmel und gelber Architektur- und Astwerkbaldachin mit
roten Früchten (Artischocken).
Stil, Datierung: Nürnberg, 1493 (Werkstatt Veit Hirsvogel d.Ä.).
CVMA K 12578, Großdia 00/45 K
5/6b STRAHLENKRANZMADONNA
Fig. 221, 226, Abb. 239
H./B.: 5b: 82-82,5/35-35,5 cm> Kopfscheibe 6b: 30/34,5 cm.
Inschriften: Auf dem Sockelstreifen bezeichnet: 2493.
24 Weech, 1863, S. 47 und 78. - Ein Neffe des Dargestellten, gleichfalls
mit Namen Leopold, war übrigens von 1394-1398 Pfleger von St. Johan-
nis (Busse, 1974, S. 178).
25 Würfel, 1766, S. 442.
26 Knappe, Bamberger Fenster, 1961, S. 38.
27 Hinweis auf ein bereits in diesem Sinne verändertes Vorbild für den
Glasmaler gibt die - allerdings spätere - Darstellung des Täufers auf der
Predella des Schwabacher Hochaltars (1506), dessen Malereien urkund-
lich für die Werkstatt Wolgemuts gesichert sind (Christian Baur, in: Der
Hochaltar der Schwabacher Stadtkirche, hrsg. von Günter Bauer,
Schwabach 1983, S. 83-117, Farbtaf. XXXIX). Da Wolgemut seine Vor-
lagen nachweislich mehrfach verwendete, besteht die Möglichkeit, daß
dem Glasmaler für St. Johannis tatsächlich eine ältere Modifikation des
Schongauerschen Vorbilds aus der Werkstatt des führenden Nürnberger
Malers vorgelegen haben könnte.
 
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