EHEMALS NÜRNBERG • KARMELITERKLOSTER
551
Fig. 399. Kreuzanheftung aus dem Speculum passionis (M. 289).
Holzschnitt nach Hans Baldung Grien. Nürnberg, um 1506/7.
Fig. 400. Jüngstes Gericht. Speculumpassionis (M. 5).
Holzschnitt nach Hans Baldung Grien. Nürnberg, um 1506/7.
Für ein Ausstattungsvorhaben vom Umfang des Karmeliterzyklus wurde - ganz nach dem Vorbild der umfangreichen
druckgraphischen Unternehmungen Ulrich Pinders zum Beschlossen Gart (1505) und zum Speculumpassionis (1507) -
von vornherein mit mehreren Entwerfern gerechnet. Prominentes Beispiel für die proklamierte Beteiligung Hans von
Kulmbachs an den Vorlagen ist die Kreuztragung Christi (W), deren Entwurf ihm - von wenigen Ausnahmen abgese-
hen - einhellig zugeschrieben wurde: Ausschlaggebend für diese These einer sehr weitreichenden Vorarbeit durch den
Künstler war dabei die Zuschreibung des in Dresden erhaltenen orginalgroßen Kartonauszugs der Hl. Veronika (Fig.
199)39. Tatsächlich ist der Veronikakarton aber keineswegs charakteristisch für Kulmbach; außerdem sprechen deutli-
che Unstimmigkeiten in der Gesamtkomposition der Szene gegen eine unmittelbare Erfindung durch den Dürerschü-
ler: Aufs Ganze gesehen scheint die Scheibe sogar eher dem Vorbild Schäufeleins verpflichtet, dessen Holzschnitt der
Kreuztragung für Ulrich Pinders Speculum passionis von 1507 (Sch.376) zunächst eine ganz ähnliche Verteilung der
Figuren zeigt und dem Urheber des Glasgemäldes mit Sicherheit bekannt gewesen sein muß (Fig. 398)40. Auf eine selb-
ständige Arbeit der Glasmalerwerkstatt verweist in diesem Fall auch der Umstand, daß dem Christuskopf in der zuge-
hörigen - wiederum an Hans Schäufeleins gleichnamigem Holzschnitt des Speculum passionis (Fig. 397) inspirierten -
Handwaschung des Pilatus (dem Gegenstück der Kreuztragung) derselbe Karton zugrundegelegt wurde. Widerspricht
man folglich mit guten Gründen der vorgeschlagenen Autorschaft Kulmbachs, dann kommt als Zeichner des Dresdner
Veronikakartons auch nur einer der Glasmaler selbst in Betracht, und dafür spricht auch der etwas fahrige Duktus der
Pinselzeichnung. Eindeutig für Kulmbach in Anspruch zu nehmen sind lediglich die Entwürfe der beiden erst gegen
Ende der Verglasung ausgeführten Scheiben mit dem Abschied der Apostel (Fig. 39 if.), die im Hinblick auf die etwas
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Fig. 399. Kreuzanheftung aus dem Speculum passionis (M. 289).
Holzschnitt nach Hans Baldung Grien. Nürnberg, um 1506/7.
Fig. 400. Jüngstes Gericht. Speculumpassionis (M. 5).
Holzschnitt nach Hans Baldung Grien. Nürnberg, um 1506/7.
Für ein Ausstattungsvorhaben vom Umfang des Karmeliterzyklus wurde - ganz nach dem Vorbild der umfangreichen
druckgraphischen Unternehmungen Ulrich Pinders zum Beschlossen Gart (1505) und zum Speculumpassionis (1507) -
von vornherein mit mehreren Entwerfern gerechnet. Prominentes Beispiel für die proklamierte Beteiligung Hans von
Kulmbachs an den Vorlagen ist die Kreuztragung Christi (W), deren Entwurf ihm - von wenigen Ausnahmen abgese-
hen - einhellig zugeschrieben wurde: Ausschlaggebend für diese These einer sehr weitreichenden Vorarbeit durch den
Künstler war dabei die Zuschreibung des in Dresden erhaltenen orginalgroßen Kartonauszugs der Hl. Veronika (Fig.
199)39. Tatsächlich ist der Veronikakarton aber keineswegs charakteristisch für Kulmbach; außerdem sprechen deutli-
che Unstimmigkeiten in der Gesamtkomposition der Szene gegen eine unmittelbare Erfindung durch den Dürerschü-
ler: Aufs Ganze gesehen scheint die Scheibe sogar eher dem Vorbild Schäufeleins verpflichtet, dessen Holzschnitt der
Kreuztragung für Ulrich Pinders Speculum passionis von 1507 (Sch.376) zunächst eine ganz ähnliche Verteilung der
Figuren zeigt und dem Urheber des Glasgemäldes mit Sicherheit bekannt gewesen sein muß (Fig. 398)40. Auf eine selb-
ständige Arbeit der Glasmalerwerkstatt verweist in diesem Fall auch der Umstand, daß dem Christuskopf in der zuge-
hörigen - wiederum an Hans Schäufeleins gleichnamigem Holzschnitt des Speculum passionis (Fig. 397) inspirierten -
Handwaschung des Pilatus (dem Gegenstück der Kreuztragung) derselbe Karton zugrundegelegt wurde. Widerspricht
man folglich mit guten Gründen der vorgeschlagenen Autorschaft Kulmbachs, dann kommt als Zeichner des Dresdner
Veronikakartons auch nur einer der Glasmaler selbst in Betracht, und dafür spricht auch der etwas fahrige Duktus der
Pinselzeichnung. Eindeutig für Kulmbach in Anspruch zu nehmen sind lediglich die Entwürfe der beiden erst gegen
Ende der Verglasung ausgeführten Scheiben mit dem Abschied der Apostel (Fig. 39 if.), die im Hinblick auf die etwas