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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG

LXI

1499 datierten Scheiben, darunter die alles überragende Stifterscheibe des Juristen Dr. Theodor von Plieningen
im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg124.
Daß Heidelberg »— bedingt durch seine politische und geistige Bedeutung als Residenz- und Universitätsstadt
— ein bedeutenderes Kunstzentrum, als bisher angenommen « war125, vermochten bereits die der Konberger-Werkstatt
zugewiesenen Farbverglasungen zu bezeugen. Am ehesten in einer Heidelberger Werkstatt dürften auch jene 1491
für den Kapitelsaal des Klosters Schönau aus Nachzeichnungen (Taf. XX a—f) erschlossenen, in ihrer Erzähl- und
Darstellungsweise zumindest in der Glasmalerei voraussetzungslosen Zyklen entstanden sein. Als bislang älteste
Arbeiten wurden — ebenfalls ohne stilistische Anhaltspunkte — zwei Scheiben einer Gemeinschaftsstiftung Friedrichs
des Siegreichen und Eberhards von Württemberg für Maulbronn von 1467 (s. S. XXVII) aus historischen Gründen
für Heidelberg in Anspruch genommen126. Obgleich in Heidelberg seit dem späten 14. Jh. mit Glasmalerei-Werkstät-
ten gerechnet werden muß127, bleibt offen, ob die wenigen im Heidelberger Schloß (Abb. 67) und auf Stift Neuburg
(Abb. 3456., 349) erhaltenen Scheiben des frühen 15. Jh. in Heidelberg oder Worms entstanden sind. Da die
beiden Dalberg-Scheiben im Karlsruher Landesmuseum (Abb. 103—106) aus der Pfarrkirche in Herrnsheim stammen
und an badischen oder pfälzischen Standorten andererseits keine Scheiben erhalten sind, für die Worms als Entste-
hungsort wahrscheinlich gemacht werden konnte, muß hier auf eine Erörterung der Wormser Glasmalerei verzichtet
werden.

Wimpfen
Muß Wimpfen im späten 13. Jh. bedeutende Glasmalerei-Werkstätten beherbergt haben, so scheint es in dieser
Hinsicht schon im frühen 14. Jh. von Esslingen überflügelt worden zu sein128. Mit ebendieser Begründung wurde
die recht provinzielle, um 1330 entstandene Farbverglasung der Hochhausener Pfarrkirche (Abb. 70—73) mit Wimpfen
verknüpft. Dies könnte auch noch für die 1496 datierten Scheiben einer Fensterstiftung der Herren Horneck
von Hornberg im südlichen Nebenchor derselben Kirche (Abb. 74—77) gelten, zumal sich in Wimpfen selbst
eine hiermit eng verwandte Scheibengruppe erhalten hat129.

Fragen und Probleme - Versuch einer wertenden Ordnung

Weder in den vorangegangenen Abschnitten dieser Einleitung noch in den Einführungen zu den einzelnen Scheiben-
beständen in den beiden Katalogteilen konnten allgemeine Fragen und Probleme in der je wünschenswerten Eindring-
lichkeit erörtert oder gar geklärt werden. Da es kaum Aufgabe eines Corpuswerkes sein kann, wissenschaftliche
Spezialuntersuchungen zu ersetzen, sondern nur diesen durch eine möglichst vielschichtige, methodenkritische
Aufarbeitung der archäologischen, technischen, historischen und künstlerischen Gegebenheiten die notwendige
Grundlage zu liefern, konnten übergeordnete Probleme allenfalls umrissen werden. Aus diesem Grund wäre es
auch wenig sinnvoll, hier den Versuch zu unternehmen, die in Baden und der Pfalz mehr oder weniger zufällig
erhaltenen Glasmalereien als Ganzes in einen größeren landschaftlichen Rahmen einzubeziehen und innerhalb dessen
Gemeinsamkeiten und Besonderheiten zu charakterisieren, Voraussetzungen und Auswirkungen aufzuzeigen und

124 Vgl. H. Wentzel, 1967, vor allem S. 22, 26, Abb. 9, 15—18;
M. Otto, Die Glasgemälde der St. Georgskirche in Kleinbottwar,
in: Ludwigsburger Geschichtsblätter 22, 1970, S. 22-39; R- Becks-
mann, 1975b, S. 84, Farbtaf. XII. - Die Wimpfener Scheiben (H.
Wentzel, 1967, Abb. 4-6) sind entweder schwache Arbeiten der
Konberger-Werkstatt oder eines aus dieser Werkstatt hervorgegan-
genen Meisters.

125 A. Seeliger-Zeiss (s. Anm. 39), 1967, S. 7;

126 Vielleicht können die Miniaturen im Lehensbuch Friedrichs I.

von 1471 (Karlsruhe, GLA 67/1057) zur Stützung dieser Lokalisie-

rung beitragen. Vgl. U. Frommberger-Weber (s. Anm. 47), 1973,

S. 108-112, und H. Rott, 1938, Text S. 11-14, Abb. 8.

127 Aus einer Heidelberger Werkstatt dürfte ein zwischen 1410 und
1433 mehrfach als Glaser und Maler erwähnter Paulus von Heidelberg
hervorgegangen sein (A. Gümbel, in: Repertorium für Kunstwissen-
schaft 29, 1906, S. 333). - 1429 lieferte ein Meister Cun% Glaser
in Heidelberg, ein Fenster nach Eberbach am Neckar (J.G. Weiss,
in: Eberbacher Geschichtsblätter 29, 1930, S. 5, 7).
128 Vgl. hierzu H. Wentzel, CVMA Deutschland I, 1, 1958, S.
42.
129 Gemeint sind jene Scheiben in der Nordkapelle der Wimpfener
Stadtkirche, die H. Wentzel, 1967, S. 9, 26, 28, Abb. i f., ebenfalls
der Heidelberger Konberger-Werkstatt hatte zuweisen wollen.
 
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