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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0011
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EINFÜHRENDE HINWEISE UND ERLÄUTERUNGEN

Zur Technik der mittelalterlichen Glasmalerei: Ein mittelalterliches Glasgemälde setzt sich aus drei Bestand-
teilen - Farbglas, Malfarbe und Blei - zusammen. Das Bleinetz verbindet die einzelnen Farbgläser miteinander und
legt zugleich das lineare Gerüst der Bildkomposition fest. Die Bemalung der Farbgläser ermöglicht die Differenzie-
rung und Modellierung des farbigen Lichtes und damit die bildliche Darstellung.
Die mittelalterlichen Farbgläser bestehen aus einem Gemenge von zwei Teilen Buchenholz und Farnasche (Pottasche)
und einem Teil Sand (Silizium), das bei etwa 1200° miteinander verschmilzt. Zur Färbung der flüssigen Glasmasse
(Fritte) werden verschiedene Metalle (Kupfer, Eisen, Mangan, Kobalt, u.a.) hinzugefügt, bei deren Oxydation eine
bestimmte Färbung erzielt wird. Manche Gläser zeigen einen schichtenförmigen Aufbau, bestehen also aus mehreren
Überfängen:, hierzu wird der Glaszylinder während des Blasens in verschiedene Fritten getaucht. Rotes Glas wird
in der Regel als Überfangglas hergestellt, gelegentlich auch aus unvollständig vermischter weiß-roter Fritte als Ha-
fenmischglas. Das in Zylindern geblasene Farbglas ergab nur kleine Glastafeln, die im Spätmittelalter immerhin eine
Fläche von einem Viertel Quadratmeter erreichten. Die Glastafeln waren uneben, in der Stärke ungleich und mit Un-
reinheiten (Bläschen, Buckeln) durchsetzt, hervorgerufen durch die unvollständige Oxydation der färbenden Metalle.
Diese technischen Unvollkommenheiten machen jedoch den besonderen Reiz mittelalterlicher Farbgläser aus.
Als Malfarbe kennt der Glasmaler des Mittelalters zunächst nur das Schwarz- oder Braunlot, das durch Aufbrennen
mit dem Farbglas verbunden wird. Hierzu wird der Farbsubstanz (Eisenhammerschlag, Kupferoxyd) zerstoßenes
Bleiglas beigemischt, das einen niedrigeren Schmelzpunkt als das Grundglas besitzt und dadurch eine nachträgliche
Verbindung mit diesem ermöglicht. Das Schwarzlot wird als Kontur- und Überzugsfarbe verwendet und vermag das
Grundglas nur in seiner Transparenz zu verändern. Eigentliche Malfarben, mit denen der Farbton des Grundglases
verändert werden kann, sind erst Silbergelb und Eisenrot, die seit dem frühen 14. bzw. dem späten 15. Jahrhundert in
Gebrauch kommen.
Das H-Profil mittelalterlicher Bleiruten ist schmal und hochstegig und besitzt in der Regel abgerundete Kuppen,
durch die die Gläser gehalten werden. Auf Grund ihrer Biegsamkeit können sie jeden möglichen Glaszuschnitt nach-
vollziehen.
Die Arbeit des Glasmalers beginnt damit, dass er das auszuführende Glasgemälde in natürlicher Größe auf einer weiß
grundierten Holztafel, auf Leinwand oder Pergament, später auf Papier, aufreißt und damit die Größe der einzelnen
Gläser und den Bleiriss festlegt. Als zweiter Arbeitsgang folgt der Zuschnitt der Gläser mit Spreng- und Kröseleisen;



III,1, III,2. Gliederungsprinzip der alt- und neutestamentlichen Felder des typologischen Zyklus in Oppenheim,
Katharinenkirche, ehern. Ghori. Mittel- oder Oberrhein, um 1276-1291. - Vgl. Abb. ijjf.
 
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