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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0439
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438 WIXHAUSEN • PFARRKIRCHE
Rekonstruktion, Stil, Datierung: Anhand der verschiedenen Borten und Randstreifen lassen die Scherben sich als
Reste aus mindestens zwei, vielleicht sogar drei oder vier Fenstern bestimmen. Deren einstige Darstellungen - seien
es Standfiguren von Heiligen, seien es Szenen aus dem Leben Christi, Mariä, etc. - sind jedoch aufgrund des Fehlens
jeglicher Anhaltspunkte nicht mehr zu rekonstruieren. Dem entsprechend sind auch der stilistischen Einordnung und
Datierung des Fundes Grenzen gesetzt. Was Letztere betrifft, steht zwar außer Frage, dass die Verglasung der Zeit
um 1400 angehört hat: Der ornamentale Apparat (Borten, Randstreifen) und die um Plastizität bemühte Gestaltung
der Gehäusearchitekturen finden sich, wie bereits Daniel Hess gesehen hat, in verwandter Form im Kreis jener öko-
nomisch produzierten Arbeiten Nürnberger Provenienz wieder, die ab ca. 1380 für Bauten in Nürnberg (St. Sebald;
St. Martha) und im fränkischen Umland (Dietenhofen; Großhabersdorf; Markt Erlbach) sowie in Schwaben (Creglin-
gen) und Thüringen (Erfurt; Mühlhausen) entstanden sind6. Die Bezüge sind jedoch nicht so eng, dass die Wixhau-
sener Fragmente unmittelbar daran angeschlossen werden könnten. Es ist eher damit zu rechnen, dass sie einen bislang
unbekannten, vermutlich aus Franken oder Thüringen importierten Stil in der Glasmalerei am Mittelrhein repräsen-
tieren, dem vielleicht auch die - nach Babenhausen zu lokalisierenden(?) - Reste eines Passionszyklus in Darmstadt
und Sigmaringen anzuschließen sind (s. Kunstgeschichtliche Einleitung S. 59, Fig. 25, Anhang S. 475t.).
Mittelrhein(?), um 1400.
Vorbemerkung zum Katalog: Der Fund wurde im März 1992 von Daniel Hess untersucht und für das CVMA katalo-
gisiert (s. Gegenwärtiger Bestand), worauf die Ausführungen des Verfassers beruhen. Die Aufnahmen der Scherben
wurden ebenfalls im Jahr 1992 angefertigt.

RESTE DER EHEMALIGEN CHOR- UND LANGHAUSVERGLASUNG IM TURM Abb. 268-272
Der Fund besteht aus 201 bemalten mittelalterlichen und 53 unbemalten, teils mittelalterlichen, teils neuzeitlichen
Scherben. Die Scherben der ersten Gruppe umfassen:
1. Reste verschiedener weißer und blauer, mit Rosetten durchsetzter Blattborten von max. 6 cm Breite (Nr. 1—19, 20L,
171, 180-182, 186f., 192, 194, 195), weißer, ca. 3,5 cm breiter Randstreifen mit Blattranken und Blüten oder mit S-O-S-
Muster (Nr. 22-62, 64-89, 90L), großer gelber Bliitenrosetten von ursprünglich ca. 14 cm Durchmesser (Nr. 153k) und
verschiedener blauer und roter Hintergrundornamente in Form von Blattranken (Nr. 168-170, 183-185, 189, 191 [?J,
198 [?J). Die Bemalung der Stücke besteht aus bräunlich getöntem Schwarzlot, das teils im Halbton, teils deckend auf-
getragen worden ist; die Muster wurden ausradiert; vereinzelt Rückseitenbemalung.
2. Weiße und gelbe Fragmente von Architekturdarstellungen, darunter Reste von Bodenbelägen, Gesimsen, Friesen,
Dächern, Fialen, etc. (Nr. 92-127, 128-144, 145-148), Reste figürlicher und vielleicht szenischer Darstellungen in Form
rosafarbener Hände, gelber Haare und weißer, blauer, gelber und grüner Gewandstücke (Nr. 158f., 161, 162, 163, 165,
172-175, 176-179) sowie einige wenige Inschriftenfragmente (Nr. 155k, 167). Die Bemalung erfolgte wieder mit bräun-
lich getöntem Schwarzlot und ist in den verschatteten Partien der Architekturen gestupft; bei einigen Stücken ist noch
eine rückseitige Halbtonbemalung zu erkennen.
3. Einige wenige nicht sicher zu bestimmende Stücke (Nr. 149-152, 157, 160, 164, 166, 188, 190, 193, 196k, 199,
200-202).
Die Scherben der zweiten Gruppe bestehen aus zugeschnittenen, unbemalten weißen und gelben bzw. dunkelgelben
mittelalterlichen Stücken (Nr. 203-220) sowie Glasbruch und Fragmenten von Butzenscheiben (Nr. 221-255).
CVMA G 8988-8993 (Durchlicht), G 8994 (Auflicht)

6 Hess 1992 (vgl. Gegenwärtiger Bestand). Zu dieser Gruppe gehö-
ren auch fünf Scheiben und Fragmente in Worms, Museum der Stadt
Worms im Andreasstift (Nr. 6-10); für Literaturnachweise s. daher
S. 448, Anm. 33.
 
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