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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0440

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WORMS • MUSEUM DER STADT WORMS IM ANDREASSTIFT

Bibliografie: Ein Gesamtverzeichnis der Glasgemäldesammlung des Museums liegt nicht vor; zu den in der ehema-
ligen Kirche ausgestellten Werken s. Hotz 1983, S. 38, Nr. 4.19-4.24 (Angaben zum jeweiligen Bildgegenstand mit z.T.
falscher Datierung).
Gegenwärtiger Bestand: Das aus den Sammlungen des Altertumsvereins hervorgegangene Museum der Stadt
Worms bewahrt aus dem Bearbeitungszeitraum bis um 1530/40 insgesamt elf, noch wenig bekannte Scheiben bzw.
größere Fragmente von Scheiben mit Figuren- und Architekttirdarstellungen (Nr. 1-11; Fig. 409k, 418, Abb. 273-281,
283) sowie Fragmente von Borten oder Rautenteppichen (Nr. 12; Abb. 282)1.
Geschichte der Sammlung: Mit der Gründung eines Altertumsvereins im Juli 1879, in dessen Satzung die »Erfor-
schung der Geschichte der Stadt Worms und ihrer Umgebung, und Sammlung und Erhaltung der hierauf bezüglichen
Schriften, Drucksachen und Alterthümer« festgeschrieben wurden, gingen Planungen zur Einrichtung eines Mu-
seums einher, das auf Betreiben des Rittmeisters Maximilian Heyl (1844-1925) im Oktober 1881 in der ehemaligen
Stiftskirche St. Paulus eröffnet werden konnte; nach Ablauf der auf 30 Jahre befristeten, 1912 um weitere zwölf Jahre
verlängerten Mietzeit wurden die Sammlungen des Vereins in den späten i92oer-Jahren in die Gebäude des einstigen
Andreasstiftes überführt, wo sie, nachdem sie der Stadt Worms übereignet worden waren, den Grundstock für das im
Juli 1930 eröffnete städtische Museum bildeten. In dessen vorwiegend archäologisch-kulturgeschichtlich ausgerich-
tetem Gesamtbestand spielen die Glasgemälde nur eine marginale Rolle2.
Anders als die Statuten des Altertumsvereins es erwarten lassen, stammt keines dieser Glasgemälde unmittelbar aus
Worms oder auch nur aus dessen Umgebung: Die Scheiben mit der Hl. Anna (Nr. 2-5) wurden 1881 angeblich in
Augsburg angekauft, die Rundscheibe mit dem Hl. Petrus (Nr. 11) wurde 1884 in München aus dem Nachlass Gedon
erworben, der Christus-Vierpass (Nr. 1) könnte aus der 1891 aufgelösten Sammlung Vincent in Konstanz stammen.
Bei den zusammengehörigen Scheiben und Fragmenten Nr. 6-10 ist die Provenienz zwar nicht bekannt, doch lassen
sie sich ebenso sicher nach Franken oder Thüringen lokalisieren, wie Nr. 11 aus Oberbayern stammen muss. Bei Nr. 1
ist eine Herkunft vom Oberrhein zu erwägen; Nr. 2-5 sind vermutlich aus Nord- oder Nordostdeutschland über Bay-
ern nach Worms gelangt. Lediglich bei den Fragmenten von Borten oder Rautenteppichen (Nr. 12) könnte es sich um
Verglasungsreste aus der Region handeln. So drängt sich der Verdacht auf, dass die Glasgemälde weniger aus wissen-
schaftlichen Gründen als vielmehr zu bloßen dekorativen Zwecken für das Museum des Altertumsvereins beschafft
wurden.
Tatsächlich war die Präsentation der Sammlungsgegenstände im Paulusmuseum in ihrem symmetrischen, spalierartigen
Aufbau auf eine dekorative Wirkung bedacht. Als Blickfang dienten fünf Scheiben im romanischen Chor (Nr. 2-5,
10), die vor dessen Mittelfenster gehängt waren (Fig. 407)3. Die durchaus effektvolle Inszenierung war das Werk des
Münchner Architekten, Bildhauers und Dekorateurs Lorenz Gedon (1844-1883), der für Maximilian Heyl bereits

1 Der Bestand an Scheiben aus nachmittelalterlicher Zeit ist klein. Er-
wähnenswert sind lediglich zwei ovale Scheiben - Christus als Guter
Hirte (Inv. Nr. M 3815; H. 25 cm, B. 20 cm) und Apostel Judas Thad-
däus (Inv. Nr. M 3814; H. 24,2 cm, B. 20 cm) - aus dem Barock sowie
ein monumentales, gegen Ende des 19. Jh. für das im Zweiten Welt-
krieg zerstörte Palais Bergkloster in Worms geschaffenes Glasgemäl-
de mit den Drei Jungfrauen Einbeth, Warbeth und Wilbeth (ohne Inv.
Nr.) von Joachim Lettow (s. Mathilde GRÜNEWALD/Klaus Baranen-
ko, Geschichte in Bildern. Museum der Stadt Worms im Andreasstift,
Lindenberg 2007, Nr. 5).
2 Zur Geschichte von Altertumsverein und Museum: Georg Illert,
100 Jahre Altertumsverein Worms, in: Der Wormsgau 12, 1976-1978,
S. 13-80; Fritz Reuter, Altertumsverein und Paulusmuseum. Aspek-
te der Wormser Wissenschafts-, Personen- und Stadtgeschichte im
19. Jahrhundert, in: Der Wormsgau 13, 1979-1981, S. 20-38; Mathilde
Grünewald, Max von Heyl und das Paulusmuseum, in: Der Worms-

gau 16, 1992-1995, S. 12-19; Fritz Reuter, St. Paulus von der Säkula-
risation bis zum Paulusmuseum, in: St. Paulus Worms 1002-2002. Kol-
legiatstift - Museum - Dominikanerkloster, hrsg. von P. Josef kleine
Bornhorst OP (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen
Kirchengeschichte 102), Mainz 2002, S. 253-289, hier S. 2/off.; zuletzt
Gerold Bönnen, »Neuerstanden in schwerer Zeit«: Die Einweihung
des Museums der Stadt Worms im Jahre 1930 im Spannungsfeld von
Kultur und Politik, in: Der Wormsgau 24, 2005/06, S. 85-114. - Einen
Überblick über die Sammlungen gibt Mathilde Grünewald, Museum
der Stadt im Andreasstift, Worms (Schnell, Kunstführer 1835), Re-
gensburg 22OOO.
’ Die Scheibe Nr. 11 war im sog. Luther-Zimmer eingebaut; Detlev
Johannes, Luther-Bibliothek der Stadt Worms. Gesamtkatalog, mit
einer Einführung von Fritz Reuter (Der Wormsgau, Beiheft 28),
Worms 1983, Abb. S. 11.
 
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