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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0492

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NACHTRÄGE ZU CVMA DEUTSCHLAND III,2
(FRANKFURT/RHEIN-MAIN-GEBIET)

Seit dem Erscheinen des Bandes von Daniel Hess zu Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet (CVMA Deutsch-
land III,2, 1999) sind nicht nur einige wenige Scheiben- und Scherbenbestände bekannt geworden (Abb. 308-310), die
im Folgenden in aller Kürze nachzutragen sind, sondern mit einer Rundscheibe aus der Markuskirche in Butzbach
wurde von Hess auch eine Scheibe von der Bearbeitung ausgeschlossen, die unter ebendiesem Standort zu erfassen
gewesen wäre (Abb. 307).
ALTENSTADT • KLOSTER ENGELTHAL
Unpubliziert.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Laut einer in Abschrift erhaltenen Urkunde im Jahr 1268 als
Zisterzienser-Nonnenkloster gegründet und geistlich dem einige Kilometer nordwestlich gelegenen Männerkloster
Arnsburg unterstellt, scheint der Bau der Klosteranlage noch im 13. Jahrhundert so weit vollendet gewesen zu sein,
dass einer der Stifter, der Ritter Konrad von Büches (J 1294), dort begraben werden konnte; infolge von Verwüstungen
während des Dreißigjährigen Krieges wurde das Kloster im 17./18. Jahrhundert aber so grundlegend erneuert, dass
nur mehr seine Kirche - ein lang gestreckter, einschiffiger Saalbau mit 3/8-Schluss - einen mittelalterlichen, freilich
barock überformten Kern aufweist1. Die letzten Reste mittelalterlicher Glasmalereien scheinen im Rahmen der Baro-
ckisierung entfernt worden zu sein.
Befund, Stil, Datierung: Im Mai 2008 wurden bei einer Grabung 738 Glasstücke und -Scherben einer hochmit-
telalterlichen Farbverglasung gefunden (Abb. 308)2. Der Fund lagerte in einer um 1700 angelegten Abfallgrube im
Bereich des ehemaligen westlichen Konventflügels und könnte sowohl aus der Kirche als auch aus dem Kreuzgang
stammen. Er besteht aus blauen, bernsteingelben, roten und grünen sowie weißen und inkarnatfarbenen Gläsern, die
teils als intakte, bis zu einer Größe von mindestens 9x17 cm messende Stücke, teils in Form von Scherben überliefert
sind und aufgrund ihrer mehrhundertjährigen Bodenlagerung fleckig verbräunt und von schweren Korrosionsschäden
betroffen sind. Verschieden große figürliche Fragmente und Inschriftreste - Oberkörper und Kopf mitsamt Nimbus
des Hl. Johannes Ev.(?), Scherben mit der Inschrift I • N • R ■ I •, zwei Hände mit Wundmalen - lassen auf eine Kreu-
zigungs- und eine Gerichtsdarstellung schließen, hinzu kommen als Reste weiterer figürlicher Darstellungen eine
Scherbe von einem Gesicht, ein maßstäblich nicht dazu passendes Stück mit einer Hand und mehrere, bis zu ca. 10 cm
lange Fragmente eines roten Gewandes; die große Masse der Stücke und Scherben ist jedoch entweder mit vegetabil-
geometrischen Mustern versehen oder unbemalt und gehörte zum ornamentalen Apparat der Verglasung (Flechtband-
muster, Bordüren, etc.). Deren geringe figürliche Reste - namentlich der Hl. Johannes Ev., dessen Haar aus dichten,
gerollten Locken besteht wie bei der Johannesfigur im Westfenster der ehemaligen Zisterzienser-Klosterkirche in
Haina3 - sowie die Blatt- und fein geschnittenen Maßwerkformen in den Ornamentpartien erlauben eine Datierung
in das zweite Viertel des 14. Jahrhunderts.

1 Zur Geschichte des Kloster s. bes. Paschasia Stumpf OSB, Aus der
Geschichte von Kloster Engelthal in der Wetterau. Zur 700-Jahr-Feier
des Klosters, o.O. 1968; zu den Klosterbaulichkeiten s. Coester 1984,
S. 290-293, und Claudia Mohn, Mittelalterliche Klosteranlagen der
Zisterzienserinnen. Architektur der Frauenklöster im mitteldeutschen
Raum (Berliner Beiträge zur Bauforschung und Denkmalpflege 4),
Petersberg 2006, S. 276L

- Die Grabung wurde anlässlich von Bauarbeiten an den Konvents-
bauten des Klosters im Mai/Juni 2008 von der Firma »Archäologische
Ausgrabungen Frank Lorscheider« durchgeführt. Für die Zusendung
der Grabungsdokumentation von Mark Rauschkolb danke ich Dr. Sa-
bine Schade-Lindig, Wiesbaden, Landesamt für Denkmalpflege Hes-
sen.
3 CVMA Deutschland III,3, 2008, Fig. 174, Abb. 103!.
 
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