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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0476

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ANHANG:
VERSCHOLLENE ODER VERLORENE GLASMALEREIEN

Mit zwei Ausnahmen - der ehemaligen Not-Gottes-Kapelle bei Auerbach und der Stadtkirche zu Groß-Gerau - wer-
den hier ausschließlich solche Bauten innerhalb des Bearbeitungsgebietes erfasst, deren in Schrift- und Bildquellen
nachgewiesene Glasmalereien verschollen oder verloren sind. Auch wenn die Überlieferung oftmals auf eine summa-
rische Erwähnung beschränkt bleibt, vermitteln die alphabetisch aufgeführten ehemaligen Standorte ein eindrückli-
ches Bild der immensen Verluste, die in ganz Rhein- und Südhessen, namentlich in den Städten Mainz und Worms, zu
beklagen sind. Als verlorene Standorte sind aber auch Auerbach und Groß-Gerau anzusehen: Die hier wie dort ausge-
grabenen bzw. aufgefundenen Reste stellen eine so marginale Überlieferung dar, dass ihre Aufnahme in den Katalog
unverhältnismäßig gewesen wäre.

EHEMALS AUERBACH, NOT-GOTTES-KAPELLE
Bibliografie: Rosemarie Schuch, Ein Fragment mittelalter-
licher Glasmalerei aus der Grabung an der Kapelle Not Gottes,
in: GbllBergstraße 28, 1995, S. 127-147, Abb. 1, 4-6 (ambitio-
nierte, mitunter jedoch fehlerhafte, in ihrer Weitschweifigkeit
auch kuriose Bearbeitung eines Glasmalerei-Fundes mit frag-
würdiger, auf Vergleiche mit Werken des 14. Jh. - u.a. Erfurt,
Dom, Chorverglasung - gestützter Datierung um 1370/80;
Hinweis auf ein mittelalterliches Butzenfragment aus dem-
selben Fundkontext, Datierung 15. Jh.).
Eine von einem Kaplan betreute Einsiedelei bei Auerbach
wird erstmals 1427, deren Name »Not Gottes« ab den frühen
i45oer-Jahren erwähnt1. Den Schriftquellen zufolge handelte
es sich um eine Wallfahrtsstätte mit einer Kapelle, deren Patro-
nat zunächst die Grafen von Katzenelnbogen, dann - ab 1479
- die Landgrafen von Hessen innehatten. 1891/92 wurde der
Grundriss dieser 1536 »eingezogenen«, bis spätestens 1557/58
abgebrochenen Kapelle ergraben: ein längsrechteckiger Saal mit
eingezogenem Rechteckchor von ca. 7 x 6 Metern Seitenlänge,
dessen Erbauung nach einer 1991 erfolgten »Nachgrabung« in
die erste Hälfte des 13. Jh. datiert wurde2. Bei dieser Grabung
wurde u.a. im Bereich des Chores der ehemaligen Kapelle eine
einzelne bemalte Glasscherbe gefunden: das stark verwitterte
Fragment einer äußerst feingliedrigen Blattranke auf weißem,
leicht grünstichigem Glas3, das von Rosemarie Schuch als
Rest einer »schwarzweißen Hintergrundmusterung« hinter
einer »Figurengruppe in Farbe« bestimmt und um 1370/80 da-
tiert wurde4.
Sowohl inhaltlich als auch zeitlich ist der Rahmen indes wei-
ter abzustecken: Neben einer figürlichen Darstellung kommt
ebenso eine heraldische Darstellung für die verlorene, vermut-
lich kleinformatige, möglicherweise in eine Butzenverglasung
eingesetzte Scheibe in Frage, und angesichts nur eines erhal-
1 Zur schriftlichen Überlieferung zur Not-Gottes-Kapelle s. Müller
1937, S. 28L, und Norbert Wand, Die Wallfahrtsstätte »Zur Not Gottes
bei Auerbach - eine mittelalterliche Einsiedelei mit Quellheiligtum, in:
GbllBergstraße 28, 1995, S. 65-126, hier S. 67-71.
2 Wand 1995 (wie Anm. 1), S. 95L - In der älteren Literatur wird der
Bau in das 14. Jh. datiert; Dammann 1914, S. 25, und Einsingbach
1969,1, S. 110.

tenen Fragments ist deren Datierung kaum genauer als auf das
14./15. Jh. einzugrenzen.
EHEMALS BABENHAUSEN, PFARRKIRCHE
Bibliografie: Back 1913, S. 98 (erwähnt, dass in den Darmstäd-
ter »Museumsakten vom Jahre 1821 [...] Glasgemälde aus der
Kirche von Babenhausen zum Preis von 66 Gulden aufgeführt«
werden und identifiziert diese irrtümlich mit Glasgemälden aus
Ersheim); Herchenröder 1940, S. 30 (»Verschwunden [...]
Glasfenster mit figürlichen Darstellungen, die in den Chor-
fenstern gesessen haben sollen«); Heinz Merten, in: AK Mün-
chen 1947, S. 24, Nr. 154 (erwägt für die Figur des Hl. Valentin
in Darmstadt [Beeh-Lustenberger 1973, Nr. 244] eine nicht
zu begründende Herkunft aus Babenhausen); Max Herchen-
röder, Führer durch die Stadtkirche Babenhausen, umgear-
beitet und erweitert durch Balthasar Rock, Babenhausen/Hes-
sen 1966, S. 14 (»1783 wurden sogar die farbigen Glasfenster
beseitigt«); Hess 1999, S. 247, Anm. 14 (zieht im Hinblick auf
die verlorene Farbverglasung der Kirche eine Tätigkeit Werner
Störes in Erwägung).
Aufgrund einer im Jahr 1821 erfolgten Zahlung von 44 Gulden
- Friedrich Back nennt 66 Gulden - für Fenster von Babenhau-
sen (s. Reg. Nr. 2), die Großherzog Ludewig I. für seine Darm-
städter Sammlungen erworben haben muss, ist gesichert, dass
die dem Hl. Nikolaus geweihte Pfarrkirche der hanau-lichten-
bergischen Residenzstadt bis ins frühe 19. Jh. Reste ihrer Farb-
verglasung bewahrt hatte; welcher Art und wie umfangreich
diese Reste waren, liegt im Dunkeln.
Der Chor der Kirche wurde nach Ausweis einer Bauinschrift im
Jahr 1383 begonnen, 1388 war er überdacht. Zusammen mit dem
bis auf Höhe des Traufgesimses gleichzeitigen Turm ersetzte er
einen älteren Vorgänger, dessen Langhaus zunächst beibehalten
3 Bensheim, Museum der Stadt Bensheim (Dauerleihgabe aus dem Be-
sitz von Prof. Dr. Norbert Wand, f). - Laut Karl Eigenbrodt, Die
»Not Gottes« im Kirchenwald bei Auerbach (Hessen). Geschichte ei-
ner altchristlichen Stätte, Darmstadt 1896, S. i8f., wurden bereits bei
der Grabung 1891/92 zum einen Bleiruten, zum anderen »Fensteriiber-
reste« gefunden, die jedoch verschollen sind; vgl. hierzu Wand 1995
(wie Anm. 1), S. 92.
4 Schuch 1995 (s. Bibi.), S. 127; vgl. Wand 1995 (wie Anm. 1), S. 80L, 96.
 
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