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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0172

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HIRSCHHORN • EHEM. KARMELITERKIRCHE UND -KLOSTER

Bibliografie: Wiegand 1913,8. 15 (erste Erwähnung der »Reste der gotischen Glasmalerei« in den Nordfenstern des
Langhauses); Einsingbach 1969,1, S. 256 (lokalisiert die Wappenscheibe »Allianzwappen Hans v. Hirschhorn - Hand
v. Dhaun« in das »Sommerrefektorium« des Karmeliterklosters und datiert sie »E. 15./A. 16. Jh.«); Beeh-Lustenber-
ger 1973, S. 218 (jenes stark geflickte Allianzwappen sei »ungefähr zur selben Zeit« wie die Ersheimer Scheiben für
die Karmeliterkirche geschaffen worden); Carl J. H. Villinger, Hirschhorn und seine Kirchen (Schnell, Kunstfüh-
rer 1097), München/Zürich H992, S. 12 (falsche Lokalisierung ebendieser Scheibe in die Ersheimer Kirche); Scholz,
Bergstraße, 1994, S. 62, Nr. 82 (erkennt in der Scheibe mit der Inschrift ein Pasticcio, die »Inschrift und das rechts
stehende Vollwappen der Wild- und Rheingrafen gehörten ursprünglich zu einer Scheibe«; liest »1431« als Todesjahr
Hands, Wild- und Rheingräfin zu Dhaun; die Minuskelform spreche für eine »Entstehung vor 1500«); Hess 1999, S. 77,
Anm. 8 (einzelne Teile der Hirschhörner Scheiben seien der »Verglasung des Sommerrefektoriums« zuzurechnen);
Spiegelberg 2006, S. 50 (es sei fraglich, »ob die Klosterkirche im Mittelalter mit kostbaren bemalten Glasfenstern
ausgestattet war«, dazu gebe es keine Nachrichten; die beiden Wappenscheiben vom Anfang des 16. Jh. »stammen aus
Ersheim bzw. vom Sommerrefektorium des Klosters«); Dehio Hessen, II, 2008, S. 448 (Wappenscheibe mit Inschrift
»um 1500, aus dem Konventsgebäude«).
Gegenwärtiger Bestand: Die ehemalige Karmeliter-Klosterkirche in Hirschhorn enthält in zwei Fenstern ihres
Langhauses in nicht ursprünglicher Situation mittelalterliche Glasmalereien: zum einen im Fenster nord V eine zwar
stark geflickte, in ihrer Komposition aber noch intakte Allianzwappenscheibe des frühen 16. Jahrhunderts, die auf-
grund ihrer Stifterinschrift mit dem Kloster verbunden und nach der archivalischen Überlieferung in dessen - um
1800 als »Sommerrefektorium« bezeichneten - Kapitelsaal lokalisiert werden kann (Fig. 105, Abb. 62); zum anderen
im Fenster nord VI ein nicht weniger stark geflicktes Allianzwappen, das aus Ersheim stammt und unter diesem
Standort behandelt wird (s. S. ijjf. und Abb. 44). Die ansonsten moderne Farbverglasung der Klosterkirche stammt
von 1891/921.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Mit dem Ausbau des am rechten Neckarufer gelegenen, ca. 25 Ki-
lometer von Heidelberg entfernten Dorfes under Hirtzhorn der Vesten zu einer Stadt gegen Ende des 14. Jahrhunderts2
wurde die alte, jenseits des Flusses stehende Pfarrkirche in Ersheim in ihrer Funktion als Begräbnisstätte der Herren
von Hirschhorn allmählich aufgegeben. An ihrer Statt gründeten der Ritter Hans V. von Hirschhorn (f 1426), Rat
und enger Vertrauter König Ruprechts L, und seine Gemahlin Hand, Wild- und Rheingräfin zu Dhaun (J 1421?), zu-
sammen mit drei weiteren Angehörigen der Familie unterhalb der Burg ein Karmeliterkloster3, mit dessen Bau in den
Jahren um 1400 begonnen worden war, noch bevor Papst Innozenz VII. im Juli 1405 seine Genehmigung zu dessen
Errichtung erteilt hatte. Auf die offizielle, zum Seelenheil der Stifter bestimmte Gründung dieses Klosters am 30. Mai
1406, bei welcher der Bau von einem Prior und zwölf Mönchen bezogen werden konnte, folgte alsbald, am 29. Au-
gust 1406, die Weihe der Kirche mit sieben Altären und einem Altar in der Sakristei; als Grablege der Familie wurde
sie seit den 1420er-Jahren genutzt4. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erhielt sie an der Südwestecke ihres Langhauses
noch einen zierlichen, 1514 vollendeten Anbau, eine der Hl. Anna gewidmete Kapelle, als deren Bauherren Eucharius

1 Farbig verglast sind der Chor, die Maßwerköffnungen im Vorchor
und Teile der Anna-Kapelle, wobei größere figürliche Kompositionen
nur im Achsenfenster des Chores (Kreuzigung Christi) und im Fens-
ter s III der Annakapelle (Hl. Anna Selbdritt; s. Spiegelberg 2006,
Abb. S. 52) zu sehen sind; in den seitlichen Chorfenstern n II und s II
sind die Hll. Nazarius und Celsus in eine Ornamentverglasung einge-
bettet; alles Übrige ist rein ornamental verglast. Ausgeführt wurden die
Fenster von der Mannheimer Glasmalerei Kriebitzsch & Voege. Nähe-
res hierzu bei Brentano 1906, S. io8f.
2 Müller 1937, S. 336, 344; Walter Gunzert, Art. »Hirschhorn
(Neckar)«, in: Historische Stätten Hessen S. 222-224.

2 Koch 1889, S. 69-71. - Zu Geschichte und Baugeschichte von Kir-
che und Kloster: Einsingbach 1969,1, S. 248-250, 260; Scholz, Berg-
straße, 1994, S. XVIf.; zuletzt Spiegelberg 2006, bes. S. 29-38, und
Dehio Hessen, II, 2008, S. 447E, 449. - Zur Frage der Zuschreibung des
Baues an Heinrich Isenmenger s. Fritz Arens, Der Steinmetz Hein-
rich Isenmenger von Wimpfen. Der Erbauer der Burg Zwingenberg, in:
Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-
Württemberg 8, 1983, S. 447-451, hier S. 448.
4 Zusammenfassend Scholz, Bergstraße, 1994, S. XVI; vgl. auch
Schmitt 2002, S. 22E
 
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