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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0168

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GÜTTERSBACH • PFARRKIRCHE / HÄHNLEIN • PFARRKIRCHE

167

wechselt hat und so zu entkommen versucht. Die Vorlage ist als
Zeichnungin Budapest erhalten (Fig. pS)19: Demnach zeigte die
Scheibe im Ganzen zwei von rechts heransprengende Reiter mit
zwei weiteren Jagdhunden auf einer lichten, von Bäumen und
Baumstümpfen bestandenen Anhöhe vor einer weiten Land-
schaft, in welche der Hase sich flüchtet. Nach dem erhaltenen
Teil der Scheibe zu urteilen, folgte der Maler in der Umsetzung
der Komposition exakt den Vorgaben des Entwurfs, ohne je-
doch dessen skizzenhafte Strichführung auf das Glas zu über-
tragen, wie es etwa für die erwähnte Hasentreibjagd in Privat-
besitz charakteristisch ist. Stattdessen wurde die Zeichnung auf
der Grundlage eines graubraunen Halbtons in unterschiedlich
dichten Braun- und gelegentlichen Silbergelb-Lasuren angelegt,
aus denen bevorzugt mit dem Kiel Lichter ausradiert wurden,
in der Wirkung an lavierte, weiß gehöhte Zeichnungen der Zeit

erinnernd. Da die grafische Vorlage in die Jahre um 1530-1536
zu datieren ist, liegt eine zeitnahe Ausführung der Rundschei-
be nahe. Nürnberg, um 1530/40.
CVMA KB R 135/8 (DA), G 8857, KB Dia (DA)
3b SAMMELSCHEIBE MIT ACHT FRAGMENTEN
Fig. 96L, Abb. 59
H. 50 cm, B. 25 cm.
Fünf mittelalterliche Stücke:
16.-19. Vier Eichenblätter, Länge bis ca. 15,5 cm. Ehemals
Wimpfen am Berg, Dominikanerkirche, Chorfenster I. Wimp-
fen(?), um 1300-1310.
20. Kopffragment eines Heiligen (Christus?), 11,1 x 7,8 cm.
Nürnberg, spätes 14. Jh.
CVMA KB R 135/10 (DA) G 8858

HÄHNLEIN ■ PFARRKIRCHE

Bibliografie: Dammann 1914, $• T37 (Erwähnung der Scheibe mit Datierung in das 16. Jh.); Rudolf Kunz, Der Kir-
chenbau zu Hähnlein des Jahres 1728/29, in: Die Starkenburg 36, 1959, S. 6-8, 19L, 32, hier S. 7 mit Anm. 29 (Erwäh-
nung); Hotz 1963, S. 32 (»Anlehnung an Hausbuchmeisterstiche«); Dehio Hessen H982, S. 376 (Datierung »Anfang
16. Jh.«); Hotz 1986, S. 72 (Erwähnung); Dehio Hessen, II, 2008, S. 398 (wie Dehio Hessen H982).
Gegenwärtiger Bestand: Im Fenster der Sakristei befindet sich eine Rundscheibe mit der Darstellung des Hl. Chris-
tophorus aus dem frühen 16. Jahrhundert (Fig. 99, Abb. 60) \

Zur Frage des ursprünglichen Standorts, Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Von einer 1487
als Filial der Mutterkirche in Bickenbach erstmals fassbaren, dem Hl. Laurentius geweihten Kapelle, die 1728/29 dem
bestehenden Bau weichen musste, ist anscheinend nur ein kleiner, kreuzgratgewölbter Raum stehen geblieben, der
heute als Sakristei der Kirche dient2. Wie aus einem im Mai 1720 abgefassten Bericht des Alsbacher Pfarrers Levin
Christoph Rübe an die Superintendentur in Darmstadt hervorgeht, befanden sich in dieser Kapelle außer einem Re-
tabel mit Schnitzfiguren im Schrein und Gemälden auf den Flügeln3 vier Glasgemälde (s. Anhang S. 169), von denen
zumindest die Rundscheibe mit dem Hl. Christophorus in den Neubau transloziert wurde. 1914 war sie in ein Fenster
der Südseite der Kirche eingelassen und wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Sakristeifenster versetzt.
Vorbemerkung zum Katalog: Die Scheibe wurde bereits im Oktober 1991 fotografiert; ihre Untersuchung erfolgte im
Juli 2003.

SAKRISTEIFENSTER
HL. CHRISTOPHORUS Fig. 99, Abb. 60
Monolith, Durchmesser 16,5 cm.
Erhaltung: Abgesehen von einigen kleineren Kratzern im Glas,
stellenweise abgängiger Bemalung und leichter Korrosion der
nicht schutzverglasten Außenseite insgesamt guter Zustand.
Ikonografie, Komposition: Die Darstellung des Hl. Christo-
phorus mit dem Christusknaben, der sich, schwer und schwerer
werdend, von dem Riesen über einen Fluss tragen lässt, steht in
einer langen, kaum zu überblickenden bildlichen Tradition4. In
der vorliegenden Fassung verharrt der Heilige mit dem Kind

Fig. 99, Abb. 60
1 Zwei weitere Glasgemälde mit den Darstellungen Martin Luthers
und Philipp Melanchthons, laut Inschrift 1906 von dem Glasermeister
Conrad Nickel, Hähnlein, und dessen Frau gestiftet, befinden sich in
den querovalen Fenstern der Westwand.
2 Zum Kirchenbau: Dammann 1914, S. 134E; Kunz 1959 (s. BibL);
Schmidt 1993,1, S. 107-111,289; zuletztDehioHessen, II, 2008, S. 398.
Schmidt stellte die Ursprünglichkeit der Sakristei in Frage (S. 108 mit
Anm. 380). - Das Patronatsrecht lag bei Kloster Marienkron, Paters-
hausen (bei Heusenstamm); s. Demandt 1966, S. 116, Nr. 89.
3 H. E. Scriba, Beiträge zur Ortsgeschichte, in: AHG 4/2E, 1845,
Beitrag Nr. XI, S. izf. Erhalten sind lediglich die Schnitzfiguren aus
 
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