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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0169

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i68

HÄHNLEIN • PFARRKIRCHE



Fig. 100. Hl. Christophorus. Holzschnitt. Berlin,
SMB - Kupferstichkabinett. Um 1500.

Fig. 99. Hl. Christophorus. Hähnlein, Pfarrkir-
che, Sakristeifenster. Mittelrhein, um 1500-1510.

wie versteinert am Ufer eines zwar weiten, aber mäßig gefähr-
lich erscheinenden Gewässers, während sein Umhang drama-
tisch aufgebauscht und flächenfüllend im Wind steht. Es ist
offenkundig, dass dieses Missverhältnis auf die Verwendung
einer (druckgrafischen?) Vorlage zurückzuführen ist, die mit
wenig Geschick variiert und dem Rundformat angepasst wur-
de, wobei als Vorbilder nicht nur Einblattdrucke (Sehr. 1355a;
Fig. 100), sondern möglicherweise auch noch Albrecht Dürers
Christophorus-Holzschnitt von ca. 1503/04 (Meder 1932,
Nr. 222) und dessen Variationen in Frage kommen5.
Farbigkeit, Technik: Grisaillemalerei mit Schwarz- und Braun-
lot unter ausgiebigem Einsatz von Silbergelb und Eisenrot. Fi-
gurengruppe und Landschaft sind sowohl in kräftigen dunklen
als auch in hellen, aus dem Halbton ausradierten Linien ange-
legt; in der Binnenzeichnung stehen mit breitem Pinsel und
überwiegend wässrigem Lot aufgetragene Schraffuren für die
Schattenlagen neben teils ausgewischten, teils mit spitzem Ge-
genstand ausradierten, gelegentlich auch gestupften Partien.

dem frühen 16. Jh., eine Muttergottes und die Hll. Johannes d.T. und
Sebastian, Letzterer von Pfarrer Rübe irrtümlich als Herr Christus mit
den Wunden an seinen Seiten bezeichnet; zu den Figuren s. Kunz 1959
(s. Bibi.), S. 32, Anm. 28.
4 LCI, V, 1973, Sp. 496-508 (Friederike Werner).
5 Vgl. Ernst K. Stahl, Die Legende vom heil. Riesen Christophorus
in der Graphik des 15. und 16. Jahrhunderts. Ein entwicklungs-
geschichtlicher Versuch, 2 Bde., München 1920, I, S. 197!., Nr. 113,
und II, Taf. XXXVIII; zuletzt s. Schoch/Mende/Scherbaum, II,
2002, S. 123-125, Nr. 133 (Bernd Mayer). Bezüglich der Variatio-
nen sei hier lediglich auf eine frühe Tafel von Hans Schäufelein (Co-

Stii, Datierung: Aufgrund ihrer Herkunft aus dem Vorgänger-
bau ist anzunehmen, dass die Scheibe ursprünglich für Hähn-
lein bestellt worden und in einer am Mittelrhein ansässigen
Werkstatt entstanden ist. Eine exakte Zuordnung fällt jedoch
schwer. Am ehesten dürfte die Scheibe in die Nachfolge je-
ner Werkstatt zu lokalisieren sein, die in Hanau die Hl. Sippe
(um 1492-1496/97)6 und in Büttelborn die Chorverglasung
(um bzw. bald nach 1497) angefertigt hatte (s. S. 88-93, Fig.
16, Abb. 12-14). Zumindest scheinen einige technisch-stilis-
tische Eigenheiten der Christophorus-Figur - die kontrastrei-
che Modellierung von Haar und Gewand, das Zusammenspiel
kräftiger Binnenkonturen und z.T. sehr zarter Schraffuren, die
Verwendung von viel Eisenrot und Silbergelb - wie auch der
Figurentypus selbst von den genannten Werken herzuleiten zu
sein7. Daraus ergibt sich - einen gewissen zeitlichen Abstand
angenommen - eine Datierung in das frühe 16. Jh., was sich mit
den Beobachtungen zu Ikonografie und Komposition deckt.
Mittelrhein, um 1500-1510.
CVMA G 8825, Großdia G III 67
bürg, Kunstsammlungen der Veste Coburg, Slg. Georg Schäfer, Inv.
Nr. 4117; Christof Metzger, Hans Schäufelin als Maler, Berlin 2002,
S. 262-266, Nr. 13a) hingewiesen. Zu dem Einblattdruck s. Holz-
schnitte im Königl. Kupferstich-Kabinett zu Berlin, II. Reihe, hrsg.
von Paul Kristeller (Graphische Gesellschaft, XXL Veröffent-
lichung), Berlin 1915, S. 28, Nr. 142. Die von Hotz 1963, S. 32, er-
wähnten Stiche L. 32 und L. 33 des »Hausbuchmeisters« sind dagegen
als mögliche Vorbilder auszuscheiden.
6 Hess 1999, bes. S. 252E, Farbtaf. XXV, Abb. 190!.
7 Vgl. besonders CVMA Deutschland III,2, 1999, Abb. 202-205.
 
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