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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0068

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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG

67


Textabb. 33. Hl. Christophorus. Langenburg, Stadtkirche,
Chor I, ic (Detail). Heidelberg (Kamberger-Werkstatt), um 1500.

denen Kirchen und Klöster am Neckar und im Odenwald
- ja z.T. weit darüber hinaus - beliefert worden sind. Sieht
man von Beerfelden ab, lassen sich alle im Folgenden er-
wähnten Werke mit dem Namen einer anscheinend über
zwei Generationen geführten Werkstatt verbinden: der
Werkstatt von Vater und Sohn Jakob und Hans Kamber-
ger (Konberger).
So wie das 1480 datierte Widmungsblatt in der Hand-
schrift Die Kinder von Limburg des Johann von Soest
das mäzenatische Wirken Pfalzgraf Philipps des Aufrich-
tigen als Förderer des literarischen Lebens am Heidel-
berger Hof verbildlicht (Textabb. 28)1 7, so spiegeln die
vier Scheiben aus der Pfarrkirche in Neckarsteinach
(s. S. 205-220; Fig. 142E, Abb. 81—85), deren eine eben-
falls Philipp den Aufrichtigen zeigt - nunmehr in der
Rolle des Stifters (Textabb. 29) jene symbiotischen
Verflechtungen wider, die es auf lokaler und regionaler
Ebene zwischen den Herrschaften gegeben hat. Auch in
Hirschhorn, Ersheim und Michelstadt standen die Stifter
in teils so engen dienstlichen Beziehungen zu Heidelberg,
dass die Beauftragung einer dort ansässigen Werkstatt bei
ihren verschiedenen Verglasungsprojekten nicht wunder-
nimmt.

Textabb. 32. Markgraf Friedrich V. von Brandenburg-Ansbach-
Bayreuth als Stifter. Langenburg, Stadtkirche, Chor I, 3a. Heidelberg
(Kamberger-Werkstatt), um 1500.

Es ist hier nicht der Ort, den Gang der Forschung nach-
zuzeichnen, der zur Identifizierung der Kamberger-
Werkstatt und ihren zentralen, z.T. erhaltenen Arbeiten
für Ingelfingen, Kleinbottwar, Langenburg (jeweils um
1500) und Backnang (um 15 07/08) geführt hat138. Alle
diese Arbeiten lassen sich aufgrund historischer und sti-

listischer Indizien für Hans Gleser von Heidelberg, Jacob Gl(e)sers Sone (1499) bzw. Hansen Konbergern, glaser zu
Haideiberg (1507) sichern (Textabb. 33k), eine Werkgruppe, der einerseits auch - als mutmaßliches Werk des Vaters
Jakob Gleser - die formal und technisch verwandten Neckarsteinacher Scheiben anzuschließen sind139, andererseits

eine Wappenscheibe in Hirschhorn, um 1509 (s. S. 171-174; Fig. 105, Abb. 62), die Reste der Chorfenster aus Ersheim,
um 1517 (s. S. 137-157; Fig. 73-75, 79, 85E, Abb. 40-52), und sechs Wappenscheiben in Michelstadt, 1543 (s. S. 195-204;
Fig. 126-129, Abb. 75-80), zugeschrieben werden können. Zwei Wappenrundscheiben der ursprünglich auch in Ers-
heim als Fensterstifter vertretenen Wilhelm von Habern und Kunigunde von Vellberg befinden sich als weitere Werke
der Werkstatt in der Pfarrkirche zu Schönbrunn (Textabb. 34E); ihnen sind wiederum zwei in den I52oer-Jahren ent-

D2 Karlsruhe, Badisches Landesmuseum, Inv. Nr. 58/45 und4Ö; grund-
legend hierzu Becksmann 1979, S. 79—81, Nr. 39!., Abb. 103-106, und
Hess 1994, S. 77-79 mit Abb. 76k, 79L und S. 170-172, Nr. 18.
D3 Zum Kirchenbau s. Fischer 1962, S. 144-150, zuletzt Irene Spil-
le, Die katholische Pfarrkirche St. Peter in Worms-Herrnsheim, Lin-
denberg 2006.
134 Vgj Schmitz 1913,1, S. 114. Zum Bau der Schlosskapelle s. Regine
Dölling, Zu den Instandsetzungsarbeiten am Herrnsheimer Schloß.
Die Tätigkeit des Mainzer Architekten Ignaz Opfermann, in: DpflRP
34-36, 1979-1981, S. 63-67.
135 ygl Stephan Kemperdick, in: Brinkmann/Kemperdick 2002,
und Uwe Gast, Rezension zu Brinkmann/Kemperdick 2002 und 2005,
in: ZfKg 71, 2008, S. 275-290, hier S. 285. Die Seelmesse für Barbara von
Fiersheim im Jahr 1486, die Philipp I. von Dalberg seiner 1483 verstor-
benen Frau eingerichtet hatte (Darmstadt, HStA, Best. B 15, Nr. 416),
könnte für eine Vollendung der Grabkapelle um 1485 sprechen.

D6 Hess 1999, S. 57, 246 und Textabb. 46k
!37 Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pak germ. 87; zur Hand-
schrift s. Matthias Miller, in: Zimmermann 2003, zum Widmungs-
blatt vgk Hess 1994, bes. S. 45k, 146k, Nr. 5. Zu Heidelberg als Zen-
trum des Frühhumanismus s. Martina Backes, Das literarische Leben
am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag
zur Gönnerforschting des Spätmittelalters (Hermaea NF 68), Tübin-
gen 1992.
D8 Die Quellen wurden zuletzt von Hubach 2002 aufgearbeitet. Zu
den genannten Standorten s. Becksmann 1986, S. 99-103, Abb. 126-
129 (Ingelfingen, Pfarrkirche), 103-108, Taf. X d, XI a/b, Abb. 130,
132, 463k (ehern. Kleinbottwar, Pfarrkirche), 108-115, Farbtaf. XIII,
Abb. 131, 133-137, 139-142, 144k (Langenburg, Stadtkirche), 359k
(ehern. Backnang, Stiftskirche).
139 So erstmals Becksmann 1979, S. LIXf.
 
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