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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0069

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68

KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG




Textabb. 34—36. Wappenrundscheiben des Wilhelm von Habern und der Kunigunde von Vellberg. Schönbrunn, Pfarrkirche.
Wappenrundscheibe des Pfalzgrafen Georg, Bischofs von Speyer. Speyer, Historisches Museum der Pfalz.
Heidelberg (Kamberger-Werkstatt), 1519 und 1523.

standene Rundscheiben mit den Wappen der Pfalzgrafen Heinrich, des Fürstpropsts von Ellwangen (1521-1552), und
Georg, des Bischofs von Speyer (1513—1529), in Darmstadt und Speyer hinzuzufügen (Textabb. 36, Fig. 30)140.
Das langjährige, von 1482/83 bis 1543 nachweisbare Bestehen der Werkstatt setzt natürlich auch innerhalb einer Ge-
neration eine gewisse Anpassungsfähigkeit der in ihr beschäftigten Glasmaler an den sich wandelnden Geschmack
voraus, was deutlich an der Entwicklung der Figurentypen von Neckarsteinach über Ingelfingen-Kleinbottwar-Lan-
genburg bis zu Ersheim abzulesen ist. Dennoch handelt es sich um Werke einer Werkstatt, was gerade Details wie
jene mutmaßlich mittelalterlichen Reparaturen verraten, die in Neckarsteinach und in Langenburg anzutreffen sind:
In Neckarsteinach wurde in die Scheibe mit dem Hl. Georg ein um 1500 gebräuchliches Damaststück eingeflickt
(s. S. 216; Fig. 143); in Langenburg wurden um 1510/20 Kopf und oberes Aststück des Hl. Christophorus ergänzt
(s. S. i4Sf.; Textabb. 33), eine Flickung, deren Technik und Stil an den Ersheimer Bestand gemahnen.
Dass sich zum Werkstattgut vielleicht auch ein Scheibenriss mit dem Wappen der Maria von Venningen, geb. von
Hirschhorn, rechnen lässt, sollte erwähnt werden, auch wenn diese Zuschreibung sehr unsicher bleibt. Sicher scheint
zu sein, dass der Riss - entgegen anderen Annahmen - sich auf ein verlorenes Scheibenpaar mit den Wappen des Land-
hofmeisters Konrad von Venningen (f 1532) und dessen Frau Merge (Maria) von Hirschhorn bezieht, die im Jahr 1500
geheiratet hatten und in Pforzheim residierten141. Doch dem kann hier ebenso wenig mehr nachgegangen werden, wie
den erwägenswerten Beziehungen der Werkgruppe zur zeitgenössischen Tafelmalerei im Neckargebiet, wie etwa den
Flügelaußenseiten des 1519 datierten Retabels im Chor der Stadtkirche von Bad Wimpfen142. Das Wimpfener Retabel
und die Farbverglasung für den Chor der Pfarr- und Friedhofskirche in Ersheim waren mit die letzten Aufträge für
bildliche Programme am Vorabend der Reformation, der sich der Herren von Hirschhorn schon in den i52oer-Jahren,
die Schenken von Erbach in den I54oer-Jahren zuwandten. Das ausschließlich einen Wappenscheibenzyklus umfas-
sende Programm im Chor der Michelstädter Stadtkirche von 1543 entstand bereits im Geist einer neuen Zeit.

DO Die beiden Scheiben in Schönbrunn sind im Rahmen des CVMA
nicht bearbeitet worden; zu ihnen s. Neumüllers-Klauser 1970,
S. 117L, Nr. 213, zur Kirche s. Meinhold Lurz, Kunsthistorische Se-
henswürdigkeiten, in: Der Rhein-Neckar-Kreis, hrsg. von Jürgen
Schütz, Stuttgart 1991, hier S. 194. Zu den Scheiben in Darmstadt,
HLM, Inv. Nr. Kg 38:65, und Speyer, Historisches Museum der Pfalz,
Inv. Nr. HM 0/2163, vgL Beeh-Lustenberger 1967, Abb. 185, bzw.
1973, S. 222, Nr. 286, und Becksmann 1979, S. 286E, Nr. 18.
Dl Berlin, SMB - Kunstbibliothek, Inv. Nr. Hdz 1685; s. Schmitz

1913, I, S. 122E (dort bereits richtig einem »Baldungnachfolger um
1520-30« zugeschrieben). Vgl. dagegen Ulrich Spiegelberg, Das
Schloss Hirschhorn am Neckar. Von der Ritterburg des 13. Jahrhun-
derts zum Renaissanceschloss (Schnell, Kunstführer 2659), Regensburg
2008, S. 3 (Datierung Ende 16. Jh.). Zu Merge (Maria) von Hirschhorn
s. Lohmann 1986, S. 71 und Stammtafel, Teil 2.
D2 2ti dem Retabel s. Hartmut Gräf, Unterländer Altäre 1350-1540.
Eine Bestandsaufnahme, Heilbronn 1983, S. 31E (mit weiterführender
Literatur), S. 30, 33 (Abb.).
 
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