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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0073

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72

ALSBACH • PFARRKIRCHE / ARMSHEIM • PFARRKIRCHE

felden (ebd., Nr. ijf.; Abb. /f.) dürfte auch der hier erhaltene
Wappenschild einstmals zu einer Rundscheibe gehört haben,
für die als Pendant eine gleich gestaltete Scheibe mit dem Wap-
pen Schenk Philipps II. von Erbach vorauszusetzen ist.
Wappen Hohenlohe-Nidda-Ziegenhain: Geviert; 1+4 (Hohen-
lohe): in Silber zwei schwarze Leoparden übereinander; 2 (Nid-
da): schwarz/golden geteilt, oben ursprünglich zwei silberne
sechsstrahlige Sterne; 3 (Ziegenhain): schwarz/golden geteilt,
oben ein silberner achtstrahliger Stern.
Nachdem Kraft V., Herr von Hohenlohe-Weikersheim, im Jahr
1450 von König Friedrich III. mit der Grafschaft Ziegenhain-
Nidda belehnt und zugleich in den Reichsgrafenstand erhoben
worden war, führten die Grafen von Hohenlohe fortan deren
Wappen. Da die Belehnung aber gegen die Ansprüche der Land-
grafen von Hessen erfolgt war, kam es zu einem Streit zwischen
den Häusern, der auf dem Wormser Reichstag 1495 von König
Maximilian I. zugunsten von Hessen entschieden wurde5.
Die schwarzen und goldenen Flächen des Schildes sind mit
Fiederranken damasziert.
Technik, Stil, Datierung: Die Bemalung der weißen und gelben
Glasstücke erfolgte offenbar mit Lotfarben in unterschiedlicher
Konzentration. Dabei sind die silhouettenhaft wirkenden Leo-
parden beidseitig auf das Glas gemalt. Für eine stilistische Ein-

Fig. 1. ES Chor n II, 4.
M 1:15


Ordnung bieten sie ebenso wenig konkrete Anhaltspunkte wie
die aus dem Schwarz- und Braunlot ausradierten Ranken.
Mittelrhein, um 1460/70.
CVMA E 13599, Großdia E 08/064

5 Gerhard Taddey, Macht und Recht im späten Mittelalter. Die Aus-
einandersetzungen zwischen Hohenlohe und Hessen um die Graf-
schaften Ziegenhain und Nidda, in: Württembergisch Franken 61,
1977, S. 79-110. - Für den vorübergehenden Gebrauch des gevier-
ten Wappens Hohenlohe-Ziegenhain-Nidda gibt es mehrere Belege.
Taddey verweist u.a. auf den Schlussstein über dem Hochaltar im
Chor der ehern. Stiftskirche zu Öhringen (S. 107, 109 und Abb. 3).
Zu nennen ist ferner die vorzügliche Darstellung Albrechts II. von
Hohenlohe-Ziegenhain (f 1490) im Lehenbuch des Grafen (Neuen-
stein, Hohenlohe-Zentralarchiv), fol. 2v.

ARMSHEIM • PFARRKIRCHE ZUM HEILIGEN BLUT

Bibliografie: Paul Meissner, in: JberDpflGH 2, 1908-1911, S. 218 (erwähnt spärliche Reste von alten Glasmalereien
in den Chorfenstern); Karl Bronner, Die evangelische Kirche zu Armsheim in Rheinhessen, in: Volk und Scholle
1, 1922/23, S. 130-132, hier S. 132 (»Reste alter bemalter Fenster« in der Sakristei); Georg Durst, 500-Jahrfeier der
Grundsteinlegung 1431 Christi Himmelfahrt 1931. Die evangelische Kirche zu Armsheim, Mainz (1931), S. 12
(Aufzählung der »Reste köstlicher Glasmalereien« im Maßwerk des Chores - »Fialenspitzen und Engelsköpfe«, »auch die
Reste einer >Geburt Christi<« -und in der Sakristei); Dehio Rheinfranken 1943, S. 114 (Datierung der Sakristei-Scheibe
um 1440); Dehio Rheinland-Pfalz/Saarland Ü984, S. 41 (wie Dehio Rheinfranken 1943); Steitz 1985, S. 13 (erwähnt
»Reste alter Glasmalereien« in den Chorfenstern und eine aus dem Chor stammende Scheibe in der Sakristei); Bickel
2004, S. 12, 42, 52 (Erwähnung mit Datierung um 1440); Gast 2004, S. 206, 210 (Zuschreibung der Verglasungsreste an
die auch im Westchor der Katharinenkirche in Oppenheim tätige Werkstatt, Datierung um 1440); Böhmelmann 2006,
S. 169h (falsche Datierung der Sakristeischeibe in das späte 15. Jh., vage Zuschreibung an den Hausbuchmeister).
Gegenwärtiger Bestand: Von der einst reichen mittelalterlichen Farbverglasung der Kirche sind Reste in den Kopf-
und Maßwerkscheiben der Chorfenster I, nord II und süd II sowie eine aus Chor I, 9b stammende Rechteckscheibe
im Sakristeifenster nord II erhalten: im Chor unterschiedlich stark erneuerte Architekturbekrönungen unter Blätt-
ernd Blütenfigurationen (Fig. 3, Abb. 2, 4, 6), in der Sakristei ein von Engeln bevölkertes Architekturfeld (Abb. 3, 5)
- insgesamt 15 Scheiben mit mittelalterlichem Glasbestand. Ansonsten sind die drei mittleren Chorfenster mit einer
Farbverglasung Otto Linnemanns aus dem Jahr 1911 versehen1; die bisher blank verglasten seitlichen Fenster nord III,
süd III und süd IV wurden jüngst von Hans Gottfried von Stockhausen neu gestaltet2.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Als mutmaßlich bescheidener, dem Hl. Remigius geweihter Bau,
dessen erstmals von Johann G. Widder überliefertes Patrozinium auf eine Gründung des 7-/8. Jahrhunderts verweist3,
wurde die Armsheimer Kirche im 14./15. Jahrhundert durch ein nicht näher bekanntes Blutwunder zu einer viel be-
suchten Wallfahrtsstätte (s. Kunstgeschichtliche Einleitung S. 43, 45). Ihr Neubau zu Ehren des wundertätigen Blutes
 
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