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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0186

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EHEMALS LORSCH • KLOSTER / MAINZ • EHEM. KÖNIGSTEINER HOF l8$
Ornament, Stil, Datierung: Für das Motiv eines Flechtbandes mit gegenständig angeordneten Blättern gibt es ab
der Mitte des 13. Jahrhunderts verschiedene, in der Literatur z.T. schon genannte Vergleichsbeispiele. So hat Suzanne
Beeh-Lustenberger zum einen auf »Reste von Grauteppichfenstern« aus der Elisabethkirche in Marburg, um
1240/50, zum anderen auf verwandte Ornamentverglasungen in der ehemaligen Zisterzienser-Klosterkirche in Haina,
um 1260/70, hingewiesen40; dabei steht das in Marburg überlieferte Ornament den Resten aus Lorsch besonders in
der Zweistieligkeit und der Stilisierung der Blätter nahe, während in Haina deren Form und Zeichnung bereits etwas
feinsinniger gestaltet sind. Ähnliche Blattformen wie auf den Fragmenten aus Lorsch begegnen im dritten Viertel des
13. Jahrhunderts auch im Hintergrund einer Kreuzigung Christi in der ehemaligen Zisterzienserinnen-Klosterkirche
in Namedy41. Somit gibt es genügend Anhaltspunkte, jenen zweiten Lorscher Scherbenbestand in die Zeit nach der
Mitte des 13. Jahrhunderts zu datieren. Wie bereits Beeh-Lustenberger vermutet hat, dürfte der Anlass zu einer
Neuverglasung von Kirche oder Kloster am ehesten in dem Brand von 1247 zu suchen sein, mit dem Erneuerungs-
arbeiten verbunden waren, die bei der Neuweihe im Jahr 1266 abgeschlossen gewesen sein müssen42.
Mittelrhein, um 1260/65.

ZWEI ORNAMENTRESTE DES 13. JAHRHUNDERTS(?) Abb. 67
Befund, Datierung: Als im Jahr 1998 wieder Grabungen in Lorsch aufgenommen wurden, fanden sich in der südöst-
lichen Ecke des ehemaligen Kreuzgangs neben »zahlreichen Fragmenten von undurchsichtig gewordenem, bräunlich
korrodiertem Flachglas« auch zwei Stücke mit Schwarzlotbemalung, die von Markus Sänke als »Fragmente von einem
ornamentierten Heiligenschein« gedeutet worden sind (Abb. 6y)43. Die beiden Stücke von maximal 4,5 cm Kanten-
länge zeigen in identischer Form je zwei Bögen, in die breite, am Ende vierfingrig ausfransende Striche hineinlaufen.
Auch wenn das Motiv nicht eindeutig zu bestimmen ist, so dürfte es doch als Teil einer Blattrosette oder Palmette
dem vegetabilen Bereich und damit einer weiteren Ornamentverglasung zuzuordnen sein, die noch im 13. Jahrhundert
entstanden sein könnte.

MAINZ • EHEMALIGER KÖNIGSTEINER HOF
Der im 15./16. Jahrhundert gebräuchliche Name »Königsteiner Hof« - zuvor »Rotes Haus« - bezeichnete ein Anwesen,
das 1609-1614 in den Baulichkeiten des Älteren Dalberger Hofs aufgegangen ist und von dem allein ein Wohnturm mit
Kapellenraum im Erdgeschoss erhalten geblieben ist; der mehrfach umgestaltete Gebäudekomplex am Ballplatz wurde
1846 vom Institut der Englischen Fräulein übernommen und beherbergt heute, zusammen mit dem benachbarten
Fechenbacher Hof, die daraus hervorgegangene Maria-Ward-Schule1.
Bibliografie: Glatz 1977, S. 132 (erwähnt die Entdeckung der Zwickelfelder im Zuge der Freilegung des Kapel-
lenfensters und würdigt sie als »letzten Rest mittelalterlicher Glasmalerei in Mainz«); Wegner 1988, S. 146 (»Reste
einer gotischen Verglasung, zwei mit Fabelwesen [einem Schwan und einem Drachen] bemalte Scheiben«); Christo-
fer Herrmann, Burgkapellen in spätmittelalterlichen Wohntürmen am Mittelrhein, in: Burg- und Schloßkapellen.
Kolloquium des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Burgenvereinigung, hrsg. von Barbara Schock-Werner
(Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Reihe B: Schriften 3), Stuttgart 1995, S. 90 (Erwähnung);
Hess 1999, S. 33 (dto.); Sebald, Architektur, 2000, S. 478 (dto.); Schäfer 2005, S. 162 (dto.); Böhmelmann 2006
(persönlich gefärbter Bericht über Fund, Restaurierung und Wiedereinbau der Scheiben, mit dem Versuch einer Re-
konstruktion der Verglasung und deren Einordnung in den Umkreis des Hausbuchmeisters).

1 Zur baulichen Situation s. Dehio Rheinland-Pfalz/Saarland 2t9§4, künfte sei Schwester Irmgard und Hans J. Böhmelmann, Klein-Win-
S. 617E, und Wegner 1988, S. 142-146. - Für Hilfe vor Ort und Aus- ternheim, herzlich gedankt.
 
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