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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0187

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i86

MAINZ • EHEM. KÖNIGSTEINER HOF


Fig. 114. Mainz, ehern. Königsteiner
Hof. Blick in den Kapellenraum.

Gegenwärtiger Bestand: In den Zwickelfeldern des einzigen, nach Nordosten ausgerichteten Fensters des Kapel-
lenraums befinden sich zwei Scheiben aus der Zeit um 1463-1466 mit Darstellungen eines Schwans und eines Drachen
(Abb. 68f.).
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Nachdem im Zuge der Mainzer Stiftsfehde das im Besitz der
Grafen von Katzenelnbogen befindliche, vorrangig als Warenlager genutzte Rote Haus am Kilstock an den neuen
Stadtherrn Erzbischof Adolf II. von Nassau gefallen war, schenkte dieser es 1463 seinem Schwager Eberhard III. von
Eppstein-Königstein und dessen Frau Anna2. Zu dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden Bau gehörte ein reprä-
sentativer, viergeschossiger Turm, in dessen Erdgeschoss der neue Besitzer - vom Erzbischof 1464 zum Hauptmann
der Stadt Mainz eingesetzt3 - eine im Januar 1466 weitgehend vollendete, Gottvater, Maria, den Hll. Drei Königen
und den Aposteln Simon und Judas (Thaddäus) geweihte Kapelle einrichten ließ4. Der annähernd quadratische Raum
wird von einem Kreuzrippengewölbe überfangen, dessen flacher, vielleicht stuckierter Schlussstein mit einem Peli-
kan aus der Zeit des Umbaues stammt, und weist auf seiner nordöstlichen Seite eine Altarnische auf, in der sich ein
dreibahniges, vierzeiliges Maßwerkfenster mit Korbbogenabschluss befindet (Fig. 114). Dieses Fenster war zu einem
unbekannten Zeitpunkt vermauert worden. Im Jahr 1974 wurde es freigelegt, wobei in den beiden Zwickeln zwischen
den Kopfscheiben zwei stark in Mitleidenschaft gezogene mittelalterliche Glasmalereien entdeckt wurden5. Sie sind
die letzten Reste der ansonsten verschwundenen, auch quellenmäßig nicht mehr fassbaren Farbverglasung der Kapel-
le. Die Scheiben wurden geborgen, der Werkstatt Münch, Groß-Umstadt, zur Restaurierung übergeben und noch im
selben Jahr an Ort und Stelle wieder eingesetzt.

Eppsteiner Urkunden. Regesten zu den Urkunden der Herren von
Eppstein und der Grafen von Eppstein-Königstein [...] 1226-1632,
bearbeitet von Friedrich Battenberg (Repertorien des Hessischen
Staatsarchivs Darmstadt 11), Darmstadt 1980, S. 61, Nr. 209a. - Zur
Geschichte des Baues s. vor allem Schäfer 2005, S. 158-163.
3 Brück 1972, S. 2.
4 Eppsteiner Urkunden 1980 (wie Anm. 2), S. 66, Nr. 225. Der
Wortlaut der Urkunde lässt vermuten, dass Eberhard von Eppstein-
Königstein seine Kapelle in einem bereits bestehenden Bau - eben je-
nem Turm - eingerichtet hat. Für gewöhnlich wird er jedoch in die
Jahre nach 1462 datiert; s. Karl Bronner, Wohntürme im Volksstaat
Hessen, Teil 1: Rheinhessen, in: MZ 28, 1933, S. 27-40, hier S. 29,

ihm folgend Ernst Stephan, Das Bürgerhaus in Mainz (Das deutsche
Bürgerhaus 18), Tübingen 1974, S. 25, Dehio Rheinland-Pfalz/Saar-
land 0984, S. 617, Herrmann 1995 (s. Bibi.), S. 90, zuletzt Schäfer
2005, S. 162. Erstmals trat Wegner 1988, S. 144, für eine Datierung
ins 14. Jh. ein; so auch Glatz 1998, S. 1083, und Sebald, Architektur,
2000, S. 478. Das Fenster selbst wurde vermutlich nachträglich einge-
fügt; Böhmelmann 2006, S. 167.
5 Schon Bronner 1933 (wie Anm. 4), S. 32, beschreibt es als »beinahe
vollständig zugemauert«. Zur Freilegung und den danach getroffenen
Maßnahmen vgl. Böhmelmann 2006, S. 165k, 169.
6 Böhmelmann 2006, S. 165h
7 Böhmelmann 2006, S. 169.
 
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