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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0176

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HIRSCHHORN / EHEMALS LORSCH

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gemälden folgen (s. Reg. Nr. 26), was sich mit einer Ausgabenotiz in den Kabinettskasserechnungen von 1806/07
deckt, wonach für Gemalte Fenster aus Hirschhorn 9 fl. 4 kr. gezahlt wurden (s. Reg. Nr. 27). Ist somit auch belegt, dass
es in der Karmeliterkirche noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts Glasgemälde gegeben hat, so ist bedauerlicherweise
nicht überliefert, was für Glasgemälde dies waren und was mit ihnen geschehen ist. Sie sind einstweilen als verloren
anzusehen; auf die Möglichkeit, dass in einzelnen Flickstücken der Scheibe aus dem Kapitelsaal Reste dieser Glasge-
mälde erhalten sein könnten, sei jedoch ausdrücklich hingewiesen17.

EHEMALS LORSCH • KLOSTER

Die mittelalterliche Verglasung des 1620/21 im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Klosters Lorsch ist lediglich durch
jene Funde zu erschließen, die in den Jahren 1934-1937 von Friedrich Behn bei Grabungen im südöstlichen Teil des
Klosterbezirks und bisher im Zuge des seit 1998 laufenden, am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der
Neuzeit der Universität Bamberg angesiedelten Forschungsprojekts »Baugestalt, Wirtschaftsleben und monastischer
Alltag des ehemaligen Reichsklosters Lorsch an der Bergstraße - Wehkuhurerbe der UNESCO. Auswertung der
Altgrabungen und neue archäologische Untersuchungen« zutage gefördert worden sind. Der Grabungsfund Behns,
der 1935 an das Hessische Landesmuseum Darmstadt überwiesen wurde, umfasst - von einer nicht bekannten An-
zahl kleinster, im Zweiten Weltkrieg vernichteter Stücke abgesehen (Beeh-Lustenberger 1973, S. 17, Nr. 2/43) -
114 bemalte Scherben aus der Mitte des 11. Jahrhunderts (Fig. 109, 113, Abb. 63-65), darunter als größtes zusammen-
gehöriges Konvolut die Reste eines bärtigen Kopfes mit blauem Nimbus, sowie ungezählte Glasstücke und Scherben
des 13./14. Jahrhunderts, die zu zwei Rechteckfeldern zusammengesetzt worden sind. Von Letzteren wird hier nur
das ältere Ornamentfeld mit Blättern behandelt (Abb. 66). Das Rautenfeld1, das aus unbemaltem Glas besteht, wird
dagegen ebenso wenig aufgenommen wie der Großteil der Funde jüngerer Zeit2, bei denen es sich zumeist ebenfalls um
blankes Glas handelt. Als aussagekräftig können überhaupt nur zwei winzige Scherben mit Ornamentresten aus dem
13. Jahrhundert(?) erachtet werden (Abb. 67). Die Funde sollen nach Abschluss ihrer wissenschaftlichen Auswertung
in einer Auswahl im Museumszentrum Lorsch präsentiert werden.
Bibliografie: Friedrich Behn, Die Ausgrabungen im Kloster Lorsch, in: Amtliches Adreßbuch der Stadt Darmstadt
1936, S. 65-70, hier S. 70 (erstmalige Erwähnung eines Fundes von »Hundertefn] von Bruchstücken bemalter Glas-
fenster aus verschiedenen Jahrhunderten«, darunter »Teile eines spätkarolingischen Apostelkopfes«); ders., Lorsch,
das Reichskloster der Karolinger, in: JbBistumMz 3, 1948, S. 321-332, hier S. 332 (erneute Erwähnung des Fundes, nun
mit Deutung des Kopfes als Christus-Pantokrator); ders., Kloster Lorsch (Starkenburg in seiner Vergangenheit 7),
Mainz H949, S. 29 mit Taf. 18 (im Wesentlichen wie 1948); Gerke 1950 (deutet den - rekonstruierten - Kopf als Chris-
tus-Pantokrator und sieht ihn, nach eingehenden Vergleichen - Augsburg, Weißenburg -, »am Anfang der Entwick-
lung der Glasmalerei« stehend; konstatiert insulare Einflüsse und datiert Ende 9. Jh.); Hans M. Frhr. von Erffa, Die
Verwendung des Glasfensters im frühen deutschen Kirchenbau, Phil. Diss. München 1951 (Typoskript), S. 31 (steht der
Einordnung des Kopfes »unter die Reste karolingischer Glasmalerei« aufgrund seiner noch ungenügenden Publikation
skeptisch gegenüber); Wentzel 1951 bzw. 2i954, S. 14 (Erwähnung); Friedrich Behn, Ausgrabungen in Lorsch. Eine
Übersicht über die archäologischen Untersuchungen im Kloster Lorsch, in: Laurissa jubilans. FS zur 1200-Jahrfeier
von Lorsch 1964, Lorsch 1964, S. 115-122, hier S. 121 (im Wesentlichen wie 1948 und 1949; bedauert »unheilbare

1 Darmstadt, HLM, Inv. Nr. Kg 3$:28d; Beeh-Lustenberger 1973,
S. 34, Nr. 23, Taf. 10, und AK Mannheim 2010, S. 261L, Nr. VLA.14
(Uwe Gast).
2 Umfassend ausgewertet wurden die karolingischen Glasfunde;
s. hierzu Markus Sänke, Karl H. Wedepohl und Andreas Kronz,
Karolingerzeitliches Glas aus dem Kloster Lorsch, in: Zs. für Archäo-

logie des Mittelalters 30, 2002, S. 37-75, bes. S. 49-51 mit Abb. 8.1-13,
und 31, 2003, S. 169-174. Siehe außerdem Markus Sänke, Archäologi-
sche Ausgrabungen im ehemaligen Reichs- und Königskloster Lorsch
II. Das Fundmaterial der Ausgrabungskampagne 1999, in: Ericsson/
Sänke 2004, S. 135-260, hier S. 202, 247, 249, wo einige Flachglasfunde
mit Bemalungsresten erwähnt werden.
 
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