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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0164

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GÜTTERSBACH • PFARRKIRCHE

Bibliografie: Schäfer 1891, S. 125 (Erwähnung des Sakristeifensters als Geschenk der Grafen von Erbach; knappe
Beschreibung mit Einordnung ausgewählter Fragmente); Oidtmann 1905, S. 284 (»Glasmalereireste [...], unter wel-
chen sich Bruchstücke einstiger Schweizerscheiben erkennen lassen«); Hans Gelbhaar, in: Peter W. SATTLER/Hans
Gelbhaar, Die Kirche zu Güttersbach, Mossautal 1980, S. 12 (»Fenster mit Resten von Bildfenstern von 1400 bis
1600«); Hess 1995/96, S. 236 (erwähnt im Kontext der Nürnberger Erwerbungen Graf Franz’ I. zu Erbach-Erbach
»zwei später aus der Erbacher Sammlung nach Güttersbach abgewanderte Kopffragmente aus den Kirchen St. Martha
oder St. Sebald [um 1385/1400]«); Teubner/Bonin 1998, S. 553 (Datierung der Fragmente 14.-18.Jh.); Dehio Hessen,
II, 2008, S. 396 (»Glasfenster aus qualitätvollen Bruchstücken 14.-16. Jh.).
Gegenwärtiger Bestand: Mit Ausnahme des aus sechs Sammelscheiben bestehenden Ostfensters in der Sakristei,
das - Fragmente der Erbacher Sammlung, darunter ca. 20 mittelalterliche Stücke in fünf Feldern bergend - als Ge-
schenk Graf Eberhards XV. zu Erbach-Erbach nach Güttersbach gelangt ist (Fig. 96, Abb. 55-59), sowie eines drei-
bahnigen Farbfensters von Heinz Hindorf im Chor (1957)1 besitzt die Kirche keine Glasmalereien.
Zur Frage der Herkunft, Geschichte der Sammlung: Die bereits 1290 nachweisbare, 1480 umfassend erneuerte
Kirche befand sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts, wie aus einem Gutachten des damaligen Erbacher Kreisbau-
meisters Konrad Schredelsecker hervorgeht, in einem desolaten Zustand; wenn sie damals überhaupt noch Reste mit-
telalterlicher Farbfenster bewahrt hatte - die Verglasung der Fenster war laut Schredelsecker abgestanden müssen
diese bei der 1856/57 erfolgten Wiederherstellung des Baues entfernt worden sein2 3.
Die Sakristei war zu dieser Zeit anscheinend gar nicht verglast; dort war die Anfertigung eines Fensters [...] erfor-
derlich11 . Dieses Fenster muss entweder 1856/57 oder aber 1863, als erneut Wiederherstellungsmaßnahmen am Bau
vorgenommen wurden4, von Graf Eberhard XV. zu Erbach-Erbach der Kirche geschenkt worden sein. Auch wenn
es keinen konkreten Hinweis darauf gibt5, so spricht doch die Tatsache, dass während Eberhards XV. Regentschaft
(1839-1884) vermehrt Bau- und Verglasungs- bzw. Restaurierungsarbeiten an Baulichkeiten des Grafenhauses getätigt
wurden (Erbach, Schloss, Rittersaal und Einhard-Kapelle, 1861-1864 bzw. iS5oer-Jahre; Eulbach, Inselkapelle im
Englischen Garten, 1858), ebenso dafür wie die Komposition des Fensters selbst (Fig. 96), das den um die Mitte des
19. Jahrhunderts in Erbach geschaffenen Verglasungen ähnelt (vgl. Fig. 35) und nicht zuletzt aus Fragmenten besteht,
die nur aus der Erbacher Sammlung stammen können (Nr. 2, 5, 9-12 und 16-19). Im Übrigen war der in den Jahren
1862-1871 amtierende Güttersbacher Pfarrer Friedrich Meyer freundschaftlich mit dem Erbacher Haus verbunden6,
was als Hinweis auf eine Schenkung im Jahr 1863 zu werten sein dürfte.
Wie das Fenster der Einhard-Kapelle in Erbach, das nach dem Ausbau des Beerfeldener Kreuzigungsfensters (1848)
vermutlich in den i85oer-Jahren neu aus Fragmenten von »im Schlosse vorhanden gewesenen gemalten Glasscheiben«7
zusammengesetzt wurde (s. S. 114h), besteht auch das Sakristeifenster in Güttersbach aus einer Sammlung mittelalter-
licher und frühneuzeitlicher Glasmalereireste, die in eine kaleidoskopartig bunte Umgebung aus Tongläsern eingesetzt
sind. Von den verschiedenen Arbeiten am Kirchenbau, die für das 20. Jahrhundert belegt sind8, blieb es anscheinend
unberührt, bis von der Bauabteilung der Evangelischen Kirche darauf hingewiesen wurde, dass das Fenster erhebliche
Beschädigungen aufweise und daher Anlass bestehe, durch eine sorgfältige Instandsetzung für die Erhaltung [...] zu
sorgen; auf Empfehlung der Behörde sollte dafür ein Kostenvoranschlag von der Werkstatt Münch, Groß-Umstadt,

1 Sattler/Gelbhaar 1980 (s. Bibi.), S. 12 (Hans Gelbhaar); Ingrid
Westerhoff, Heinz Hindorf. Das glasmalerische Werk, Michelstadt
1999, S. 189, Nr. 7 sowie Abb. 31.
2 Vgl. hierzu Diehl 1935, S. 58-60, bes. S. 59. - Zur Baugeschichte:
Schäfer 1891, S. 124; Sattler/Gelbhaar 1980 (s. Bibi.), bes. S. 7E
(Hans Gelbhaar); Dehio Hessen, II, 2008, S. 395E
3 Zitiert nach Diehl 1935, S. 60.
4 Darmstadt, HStA, Best. G 15 Erbach, Nr. K 917.

3 Patronatsherrn waren zu dieser Zeit die Grafen zu Erbach-Fürste-
nau; Sattler/Gelbhaar 1980 (s. Bibi.), S. 7 (Peter W. Sattler).
6 Emil Kraus, Friedrich Meyer. Pfarrer und Rektor der Diakonissen
in Neuendettelsau. Ein Lebensbild, Gütersloh 1895, bes. S. 18-30.
7 Kat. Erbach 1868, S. 17, Nr. 67.
Vgl. die Auflistung von Hans Gelbhaar, in: Sattler/Gelbhaar
1980 (s. Bibi.), S. 8.
 
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