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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0165

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164

GÜTTERSBACH • PFARRKIRCHE


Fig. 96. Güttersbach, Pfarrkirche, Sakristeifenster von 1863(?) mit
mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fragmenten (Zustand 1991).

eingeholt werden9. Bei der anschließenden Wiederher-
stellung, über die keine Unterlagen zu existieren schei-
nen, wurden im Wesentlichen fehlende bzw. zerbrochene
Tongläser ersetzt, vereinzelte Sprünge in den Fragmenten
mit Sprungbleien gesichert und alle Einzelfelder neu ver-
bleit; außenseitig wurde ein älteres Schutzgitter aus Ma-
schendraht ersatzlos entfernt.
Erhaltung: Die Fragmente sind in zwei massive, mit
einem schmutzig-grauen Schutzanstrich versehene Holz-
rahmen eingelassen, die jeweils dreigeteilt sind und in der
Mitte geöffnet werden können. Obwohl die Scheiben in
den schmalen Fensterbahnen der Witterung relativ wenig
Angriffsfläche bieten, sind die Fragmente akut gefährdet,
da eine Außenschutzverglasung fehlt und der Raum rela-
tiv feucht ist. Das Feld ib wurde bei der Restaurierung in
den 19/oer-Jahren seitenverkehrt eingesetzt, was bereits
zu Bemalungsverlusten geführt hat10. Die Fragmente
Nr. 2, 5, 9-13 und 16-20 sind stark, äußerstenfalls bis
zur Unkenntlichkeit verbräunt und weisen innen Bema-
lungsverluste, außen unterschiedlich dichte Korrosions-
schichten auf.
Stil, Datierung: Neben acht Fragmenten von unter-
schiedlicher Herkunft und Entstehungszeit (Nr. 1, 3E,
6-8, 14E) bewahrt das Sakristeifenster zwölf Stücke und
Scherben, die sich zu zwei Gruppen zusammenfügen.
Die erste und ältere, zugleich größere Gruppe bilden die
Kopffragmente Nr. 2 und 5 sowie die Blätter Nr. 9-12
und 16-19, die sich zweifelsfrei dem ehemaligen, um 1300
bis 1310 entstandenen Achsenfenster der Dominikaner-
kirche in Wimpfen am Berg zuordnen lassen, dessen da-
mals noch zwanzig Rechteckscheiben umfassende Reste
Graf Franz I. zu Erbach-Erbach zu Beginn des 19. Jahr-
hunderts mit Ausnahme weiterer sieben, in situ verbliebe-
ner Kopf- und Maßwerkscheiben erworben hatte (s. Reg.
Nr. 16, pag. 384h, 390); Köpfe und Blätter entsprechen
ganz und gar dem Typen- und Ornamentschatz der heu-
te in Stuttgart befindlichen Scheiben11. Die zweite, zwei
Fragmente umfassende Gruppe bilden die Köpfe Nr. 13
und 20, die - ohne dass sich ihr ursprünglicher Standort
benennen ließe - zum Kreis jener ökonomisch produ-
zierten Arbeiten Nürnberger Provenienz gehören, die ab
ca. 1380 für Bauten in Nürnberg (St. Sebald; St. Martha)

9 Brief vom 21. Apr. 1971; Wiesbaden, LAD Hessen (Durchschrift).
Für weitere Auskünfte danke ich Pfarrer Bernd Fetzer, Mossautal,
Angela Gotthardt, Ev. Regionalverwaltung Darmstadt, sowie Michael
Meyer, LAD Hessen, Wiesbaden.
10 Im Juni 1966, als die erste Aufnahmeserie für das CVMA angefer-
tigt wurde, war die betreffende Scheibe noch sichtlich besser erhalten.

Der derzeitige Missstand des seitenverkehrten Einbaues wird jedoch
bald behoben werden; zudem ist die Anbringung einer Schutzvergla-
sung vorgesehen (mündl. Auskunft von Frau Claudia Schumacher,
Koblenz, 3. Febr. 2009).
H Vgl. z.B. die Darstellung Mose am brennenden Dornbusch (Stutt-
gart, Württembergisches Landesmuseum, Inv. Nr. 1968/20; DGM, I,
 
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