Metadaten

Kosina, Elena; Korn, Ulf-Dietrich
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Niedersachsen: ohne Lüneburg und die Heideklöster — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 7,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52867#0071
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


AMELUNGSBORN • EHEMALIGES ZISTERZIENSERKLOSTER

telpfosten getrennten Fensterkompartimente des Ostfensters separate dreibahnige Zyklen: Annen-Marien-Legende und
Christusleben; datiert um 1340/50); Parello 2008, S. 57, 225b, 430k (sieht stilistische Zusammenhänge zwischen Ame-
lungsborn und der Zweitverglasung der Südkonche der Elisabethkirche in Marburg von 1300/15 sowie dem Hersfelder
Katharinenfenster aus dem 3. Viertel des 14. Jahrhunderts); Lampe/Willing 2012, S. 52-56, Nr. 6f.
Gegenwärtiger Bestand: Die überkommenen Verglasungsreste des 1945 zerstörten Ostfensters sind in den drei
Fenstern des nördlichen Seitenschiffs (Lhs. nord IX-XI) als Pasticci zusammengestellt; weitere Fragmente bzw.
Scherben werden in Kästen im Amelungsborner Klosterbibliothek und im Städtischen Museum zu Göttingen (Frag-
mentfelder II, III und IV) aufbewahrt (Abb. 1-36). Die zwölf Vorfahren-Christi-Scheiben des Nordquerhausfensters
befinden sich seit 1966 im südlichen Chorschlussfenster (Chor süd II), eingefügt in eine moderne Verglasung des
Essener Glasmalers Wilhelm de Graaf. Eine weitere Scheibe mit der Darstellung Abrahams befand sich in der Samm-
lung Benrath in Stuttgart, ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen, doch in einer Fotografie überliefert (Fig. 60).
Geschichte des Baues: Das Zisterzienserkloster St. Marien zu Amelungsborn wurde vermutlich zwischen 1124
und 1129 durch Siegfried IV., Graf von Northeim und Erbauer der Burg Homburg, gegründet und mit Grundbesitz
ausgestattet1. Besetzt wurde es mit Mönchen aus dem 1123 gegründeten Zisterzienserkloster Altenkamp, das auf die
Mutterabtei Morimond zurückging. Die beiden Bestätigungsurkunden Bernhards von Clairvaux vom 23. August
1129 und des Papstes Honorius II. vom 5. Dezember 1129, die in der früheren Forschungsliteratur als Ersterwäh-
nung des Klosters galten, haben sich als Fälschungen erwiesen2. Als offizielles Gründungsdatum gilt seither der 20.
November 1135, a^s die Mönche aus Altenkamp in Amelungsborn einzogen; zur gleichen Zeit erfolgte anscheinend
auch die Weihe des Klosters durch den zuständigen Diözesanbischof Bernhard I. von Hildesheim (1130-1153)3. Ein
weiteres Datum zur Geschichte Amelungsborns liefert eine Urkunde vom 12. Mai 1141, nach der der oben genannte
Bischof Bernhard I. das Kloster in seinen Schutz nahm und ihm den Zehnten des Ortes Amelungsborn übereignete4.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte auch die erste romanische Klosterkirche in ihrem Kern bereits bestanden
haben. Nach den Ausgrabungsergebnissen handelte es sich dabei um eine dreischiffige, flachgedeckte Basilika mit
einem einfachen Stützenwechsel und dreiapsidialen Chorschluss, ähnlich den Kirchen der Schwesterklöster Walken-
ried (gegr. 1129) und Hardehausen (gegr. 1140)5. Die Vollendung des romanischen »Oratoriums« der Klosterkirche
ist für das Jahr 1158 urkundlich belegt6.
Um 1180 wurde in der Mutterabtei Morimond mit einem umfangreichen Erweiterungsbau begonnen und, nach dem
Vorbild von Citeaux II (1140-1193), ein dreischiffiges rechteckiges Sanktuarium, umfangen von einem rechteckig
geführten Umgang mit Kapellenkranz, errichtet. Dieses frühgotische Vorbild nahmen zahlreiche deutsche Toch-
terabteien auf, darunter die Amelungsborner Schwesterklöster Walkenried (1215) und Riddagshausen (1216). Auch

1 Grundlegend zur Geschichte des Klosters Dürre 1876, hier S. 4h;
s. darüber hinaus Heutger 1967, S. 12-24. Die wenigen Reste der größ-
tenteils verschollenen Originalurkunden, vor allem drei Kopialbücher
und ein Anniversarienbuch des Klosters, befinden sich in Wolfenbüttel
(NLA WO, VII B Hs, Nr. 108, 109, 110 und 110a). Eine brauchba-
re Studie zur Baugeschichte der Klosterkirche fehlt noch immer. Die
neueste Untersuchung von Herbert Caspers, Amelungsborn. Die bau-
geschichtliche Entwicklung der zisterziensischen Klosterkirche unter
besonderer Berücksichtigung des romanischen Chores, Phil. Diss.
Hannover 1985, befasst sich ausschließlich mit dem romanischen Kir-
chenbau. Matthias Untermann bringt in seiner umfassenden Arbeit
zur zisterziensischen Baukunst lediglich eine knappe Information zur
Errichtung der heute bestehenden Choranlage, die er in das 3. Viertel
des 14. Jh. datiert (Untermann 2001, S. 591L). Für so aufschlussreiche
wie fachkundige Hinweise zur Baugeschichte Amelungsborns bin ich
Herrn Klosterküster Dipl. Ing. Ulrich Marx zu Dank verpflichtet.
2 NLA WO, VII B Hs, Nr. 108, Bd. 1, Nr. 1-2; publiziert bei Johann
Georg Leuckfeld, Chronologia Abbatum Amelunxbornensium, in:
Johannis Georgs Leuckfeldi [...] Antiquitates Michaelsteinenses &
Amelunxbornenses. Das ist Historische Beschreibung derer vormals
berühmten Zisterzienserabteien Michaelstein und Amelunxborn [...],
Wolfenbüttel 1710, S. 21-23, Anm. c-d. Zur Frage der Fälschung s.

Christhard Mahrenholz, Das Kloster Amelungsborn im Spiegel der
niedersächsischen Klostergeschichte, in: Jb. der Gesellschaft für nie-
dersächsische Kirchengeschichte 62, 1964, S. 5-28, hier S. 8, Anm. 4,
ferner Göhmann 1991, S. 20.
3 NLA WO, VII B Hs, Nr. 108, Bd. 1, Nr. 2b; Dürre 1876, S. 5 und
Kdm. Holzminden 1907, S. 112.
4 NLA WO, VII B Hs, Nr. 108, Bd. 1.
5 Vgl. die Ausgrabungsergebnisse bei Caspers 1985 (wie Anm. 1), bes.
S. 46-51.
6 Dürre 1876, S. 10; NLA WO, VII B Hs, Nr. 108.
7 Leuckfeld 1710 (wie Anm. 2), S. 35L; Kdm. Holzminden 1907,
S.119.
8 Leuckfeld 1710 (wie Anm. 2), S. 35L
9 Dürre 1876, S. 10.
10 Dürre 1876, S. 10; Hermann Dürre, Anniversaria fratrum et
benefactorum ecclesiae Amelungsbornensis oder Das Necrologium
des Klosters Amelungsborn, in: Zs. des historischen Vereins für Nie-
dersachsen 1877, S. 1-106, hier S. 26; Kdm. Holzminden 1907, S. 119.
11 Dürre 1877 (wie Anm. 10), S. 21, Anm. 108.
12 NLA WO, VII B Hs, Nr. 109.
13 Wolfenbüttel, HAB, Ms. Heimst. 4-5.
 
Annotationen