EHEMALS BRAUNSCHWEIG • KATHARINENKIRCHE
III
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Die urkundlich erst 1227 erwähnte Pfarrkirche St. Katharinen in
dem von Heinrich dem Löwen gegründeten und mit zahlreichen Rechten und Freiheiten belehnten Weichbild Hagen
geht in ihren ältesten östlichen Bauteilen auf den Anfang des 13. Jahrhunderts zurück. In dieser vermutlich in den
izjoer-Jahren fertiggestellten Pfeilerbasilika wurde - wohl in Anlehnung an den gleichen Vorgang in der Martinikir-
che - bereits um die Mitte des Jahrhunderts mit dem Umbau zu einer Hallenkirche begonnen1. Zur Besonderheit des
ansonsten von der lokalen Bautradition geprägten Erscheinungsbilds zählt vor allem der aufwendige Bauschmuck,
Laubwerkkonsolen und -kapitelle sowie figürliche Schlusssteine, die eine Fertigstellung um 1300 nahelegen. Die für
das Jahr 1321 überlieferte Altarweihe belegt die Fortsetzung der Erweiterungsarbeiten im Chorraum, dessen poly-
gonale Apsis über sieben Seiten des Zehnecks offensichtlich noch vor der Mitte des 14. Jahrhunderts fertiggestellt
war (Gesamtweihe 1343). Zum Ende des Jahrhunderts wurden die Seitenschiffe über das Querhaus hinaus um zwei
Joche verlängert, wodurch das Chorpolygon seine gegenwärtige, in das Langhaus eingezogene Form erhielt. Gegen
1450 dürfte die Arbeit an den mit reichem Maßwerk und Skulpturenschmuck verzierten östlichen Giebeln der Sei-
tenschiffe abgeschlossen gewesen sein. Diese zeigen im Süden eine Gruppe der Marienkrönung und im Norden eine
Standfigur der Hl. Katharina2. Die Blendmaßwerke der seitlichen Zwerchgiebel erhielten allerdings erst 1848/49 ihre
heutige Gestalt. Der vornehmlich in den Formen des 13. Jahrhunderts erhaltene und als Doppelturmanlage geplante
Westbau wurde erst 1379 mit einem Turm an der Südseite abgeschlossen, der andere, nie komplett fertiggestellte
Nordturm erhielt 1511 ein Glockendach mit Laterne3 4.
Die von den Wirren der Frühen Neuzeit weitgehend verschonte Kirche erfuhr erst Ende des 18. Jahrhunderts eine
purifizierende Umgestaltung in antikisierendem Geschmack und im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts eine tief-
greifende »Regotisierung« unter der Leitung von Ludwig Winter . Zusammen mit mehreren bereits im Vorfeld aus-
geschiedenen Ausstattungsstücken gelangten die Reste der Chorverglasung schon 1868 in die kurz zuvor gegründete
Sammlung des Städtischen Museums, wo sie zunächst im Treppenaufgang des Neustadtrathauses, des ersten Domi-
zils der Kollektion, untergebracht wurden5. In dem 1906 von Max Osterloh fertiggestellten Neubau des Museums
wurde der wiederholt restaurierte und passend ergänzte Bestand in die drei dafür vorgesehenen Südfenster im ersten
Obergeschoss des Treppenhauses inmitten einer modernen Blankverglasung angebracht6. Die letzte Restaurierung
der Fenster und ihre Versetzung vor eine moderne Schutzverglasung wurde 2011/12 durch die Werkstatt Oidtmann
in Linnich durchgeführt. Die Chorfenster der Katharinenkirche erhielten 1960 eine moderne Farbverglasung von
Hans Gottfried von Stockhausen6a.
Die Quellen zur spätmittelalterlichen Verglasung der Katharinenkirche wurden bereits von Gesine Schwarz im Städ-
tischen Archiv Braunschweig erschlossen und im Zusammenhang mit der Nordseitenschiffverglasung des Domes
gründlich ausgewertet7. Laut Eintrag im Register der Katharinenkirche aus dem Jahre 1553 erfolgten in kürzeren
Abständen zunächst der Auftrag für die Herstellung eines Glasfensters - glasseffensther tho machen - für die Summe
von 41/2 Mark lötigen Silbers, sodann die umfangreiche Bestellung bei dem mutmaßlich in Braunschweig ansässigen
Glaser Jost Gharwen für blanke Butzenscheiben - für ein ffensther up dhem ko er... 920 ffenedessch schüwen -, in die
die figürlichen Darstellungen dem Zeitgeschmack entsprechend eingebettet waren, sowie die Aufträge bei den eben-
falls örtlichen Schmieden Hans Ruedem und Hans Esscher für die dazugehörigen Windeisen, Stangen und Nägel - 27
'ivindttiserenn, 2 stanghen und 2 stock neggelf. Gesine Schwarz hat aufgrund dieser Angaben auf eine Braunschwei-
ger Glasmalereiwerkstatt geschlossen, die im Anschluss an die Farbfenster der Katharinenkirche auch die umfang-
reiche Neuverglasung im Nordseitenschiff des Braunschweiger Domes übernommen haben könnte, doch dies ist aus
der aufgeführten Quelle leider nicht abzuleiten9. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass unter den vier in den Rechnungen
erwähnten Handwerkern derjenige, der offenbar mit der eigentlichen Anfertigung der Glasmalereien betraut war, als
einziger nicht namentlich genannt wird, spricht eher dafür, dass es sich in diesem Fall um einen auswärtigen Meister
gehandelt hat10. Freilich ist diese Frage beim aktuellen Kenntnisstand nicht abschließend zu klären.
1 Eine eingehende Studie zur Baugeschichte der Katharinenkirche steht 6a Hans Gottfried von Stockhausen, Das Glasbild, München 1987,
noch aus. Vgl. vorläufig: Kimpflinger, i, 1993, S. 167-170. S. 72, Abb. 114.
2 Boockmann 1993, S. XXXII, S. 110, Nr. 130. 7 Schwarz 1997, S. 118, Anm. 94.
3 Kimpflinger, i, 1993, S. 169. 8 StadtA Braunschweig, F I, 4:51, fol. iov; s. Reg. Nr. 7. Zu den But-
4 Jünke 1994, S. 168-171. zenscheiben, die häufig als »venedische« Scheiben bezeichnet werden,
3 Bilzer/Hagen 1961, S. 68. vgl. S. 109 mit Anm. 30.
6 Elmar Arnold u.a., Städtisches Museum Braunschweig, Braun- 9 Schwarz 1997, S. 118.
schweig 2012, S. 41, Abb. S. 43. 10 Vgl. nochmals Reg. Nr. 7.
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Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Die urkundlich erst 1227 erwähnte Pfarrkirche St. Katharinen in
dem von Heinrich dem Löwen gegründeten und mit zahlreichen Rechten und Freiheiten belehnten Weichbild Hagen
geht in ihren ältesten östlichen Bauteilen auf den Anfang des 13. Jahrhunderts zurück. In dieser vermutlich in den
izjoer-Jahren fertiggestellten Pfeilerbasilika wurde - wohl in Anlehnung an den gleichen Vorgang in der Martinikir-
che - bereits um die Mitte des Jahrhunderts mit dem Umbau zu einer Hallenkirche begonnen1. Zur Besonderheit des
ansonsten von der lokalen Bautradition geprägten Erscheinungsbilds zählt vor allem der aufwendige Bauschmuck,
Laubwerkkonsolen und -kapitelle sowie figürliche Schlusssteine, die eine Fertigstellung um 1300 nahelegen. Die für
das Jahr 1321 überlieferte Altarweihe belegt die Fortsetzung der Erweiterungsarbeiten im Chorraum, dessen poly-
gonale Apsis über sieben Seiten des Zehnecks offensichtlich noch vor der Mitte des 14. Jahrhunderts fertiggestellt
war (Gesamtweihe 1343). Zum Ende des Jahrhunderts wurden die Seitenschiffe über das Querhaus hinaus um zwei
Joche verlängert, wodurch das Chorpolygon seine gegenwärtige, in das Langhaus eingezogene Form erhielt. Gegen
1450 dürfte die Arbeit an den mit reichem Maßwerk und Skulpturenschmuck verzierten östlichen Giebeln der Sei-
tenschiffe abgeschlossen gewesen sein. Diese zeigen im Süden eine Gruppe der Marienkrönung und im Norden eine
Standfigur der Hl. Katharina2. Die Blendmaßwerke der seitlichen Zwerchgiebel erhielten allerdings erst 1848/49 ihre
heutige Gestalt. Der vornehmlich in den Formen des 13. Jahrhunderts erhaltene und als Doppelturmanlage geplante
Westbau wurde erst 1379 mit einem Turm an der Südseite abgeschlossen, der andere, nie komplett fertiggestellte
Nordturm erhielt 1511 ein Glockendach mit Laterne3 4.
Die von den Wirren der Frühen Neuzeit weitgehend verschonte Kirche erfuhr erst Ende des 18. Jahrhunderts eine
purifizierende Umgestaltung in antikisierendem Geschmack und im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts eine tief-
greifende »Regotisierung« unter der Leitung von Ludwig Winter . Zusammen mit mehreren bereits im Vorfeld aus-
geschiedenen Ausstattungsstücken gelangten die Reste der Chorverglasung schon 1868 in die kurz zuvor gegründete
Sammlung des Städtischen Museums, wo sie zunächst im Treppenaufgang des Neustadtrathauses, des ersten Domi-
zils der Kollektion, untergebracht wurden5. In dem 1906 von Max Osterloh fertiggestellten Neubau des Museums
wurde der wiederholt restaurierte und passend ergänzte Bestand in die drei dafür vorgesehenen Südfenster im ersten
Obergeschoss des Treppenhauses inmitten einer modernen Blankverglasung angebracht6. Die letzte Restaurierung
der Fenster und ihre Versetzung vor eine moderne Schutzverglasung wurde 2011/12 durch die Werkstatt Oidtmann
in Linnich durchgeführt. Die Chorfenster der Katharinenkirche erhielten 1960 eine moderne Farbverglasung von
Hans Gottfried von Stockhausen6a.
Die Quellen zur spätmittelalterlichen Verglasung der Katharinenkirche wurden bereits von Gesine Schwarz im Städ-
tischen Archiv Braunschweig erschlossen und im Zusammenhang mit der Nordseitenschiffverglasung des Domes
gründlich ausgewertet7. Laut Eintrag im Register der Katharinenkirche aus dem Jahre 1553 erfolgten in kürzeren
Abständen zunächst der Auftrag für die Herstellung eines Glasfensters - glasseffensther tho machen - für die Summe
von 41/2 Mark lötigen Silbers, sodann die umfangreiche Bestellung bei dem mutmaßlich in Braunschweig ansässigen
Glaser Jost Gharwen für blanke Butzenscheiben - für ein ffensther up dhem ko er... 920 ffenedessch schüwen -, in die
die figürlichen Darstellungen dem Zeitgeschmack entsprechend eingebettet waren, sowie die Aufträge bei den eben-
falls örtlichen Schmieden Hans Ruedem und Hans Esscher für die dazugehörigen Windeisen, Stangen und Nägel - 27
'ivindttiserenn, 2 stanghen und 2 stock neggelf. Gesine Schwarz hat aufgrund dieser Angaben auf eine Braunschwei-
ger Glasmalereiwerkstatt geschlossen, die im Anschluss an die Farbfenster der Katharinenkirche auch die umfang-
reiche Neuverglasung im Nordseitenschiff des Braunschweiger Domes übernommen haben könnte, doch dies ist aus
der aufgeführten Quelle leider nicht abzuleiten9. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass unter den vier in den Rechnungen
erwähnten Handwerkern derjenige, der offenbar mit der eigentlichen Anfertigung der Glasmalereien betraut war, als
einziger nicht namentlich genannt wird, spricht eher dafür, dass es sich in diesem Fall um einen auswärtigen Meister
gehandelt hat10. Freilich ist diese Frage beim aktuellen Kenntnisstand nicht abschließend zu klären.
1 Eine eingehende Studie zur Baugeschichte der Katharinenkirche steht 6a Hans Gottfried von Stockhausen, Das Glasbild, München 1987,
noch aus. Vgl. vorläufig: Kimpflinger, i, 1993, S. 167-170. S. 72, Abb. 114.
2 Boockmann 1993, S. XXXII, S. 110, Nr. 130. 7 Schwarz 1997, S. 118, Anm. 94.
3 Kimpflinger, i, 1993, S. 169. 8 StadtA Braunschweig, F I, 4:51, fol. iov; s. Reg. Nr. 7. Zu den But-
4 Jünke 1994, S. 168-171. zenscheiben, die häufig als »venedische« Scheiben bezeichnet werden,
3 Bilzer/Hagen 1961, S. 68. vgl. S. 109 mit Anm. 30.
6 Elmar Arnold u.a., Städtisches Museum Braunschweig, Braun- 9 Schwarz 1997, S. 118.
schweig 2012, S. 41, Abb. S. 43. 10 Vgl. nochmals Reg. Nr. 7.