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David, Ludwig
Photographisches Praktikum: Lehrbuch der Photographie — Halle a.S.: Verlag von Wilhelm Knapp, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.70287#0286
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Die stereoskopische Photographie.

Aufnahmen geeignet, weil die Objektive beim Einstellen auf entferntere
Objekte selbsttätig auseinanderrücken.
Die Brennweite der Stereo-Objektive richtet sich nach dem
Plattenformat und den besonderen Anforderungen. Wählt man sie ver-
hältnismäßig kurz, so werden alle Gegenstände in sehr kleinem Maß-
stabe abgebildet, aber die Fokustiefe ist groß. Eine längere Brenn-
weite bewirkt, daß der Bildwinkel kleiner und dadurch die Perspektive
angenehmer wird, aber man bekommt der seitlichen Ausdehnung nach
weniger Gegenstände auf die Platte. Wenn keine besonderen Anfor-
derungen gestellt werden, so empfiehlt es sich, die Brennweite etwas
kleiner als die Diagonale des Einzelbildes zu wählen, also für die er-
wähnten Formate 9 X12, 9 X14 und 10 X 15 cm etwa 8,5 bis 10 cm,
für das kleinere Format 4,5x 10,7 etwa 6 cm. Wenn mit dem Ap-
parat auch Porträtaufnahmen gemacht werden sollen, dann eignet sich
besser eine längere Brennweite von etwa 12 bis 15 cm. Darüber hinaus-
zugehen, ist wegen der abnehmenden Fokustiefe nicht ratsam. Handelt
es sich vornehmlich um Innenaufnahmen, dann muß durch eine kürzere
Brennweite, in vorliegendem Falle etwa 7 bis 8 cm, für einen größeren
Bildwinkel gesorgt werden. Man überzeuge sich aber, daß die Platte
bis in die Ecken scharf ausgezeichnet wird. Anastigmate verdienen für
Stereo-Aufnahmen gegenüber anderen Objektiven den Vorzug, beson-
ders Doppelanastigmate, weil auch deren Hinterlinsen mit längerer
Brennweite allein verwendbar sind.
Wahl des Standpunktes. Die plastische Wirkung eines
Stereo-Bildes kann dadurch wesentlich gesteigert werden, daß man
Gegenstände des nächsten Vordergrundes mit auf das Bild nimmt.
Beispielsweise würde ein Gebirgspanorama ganz ohne Vordergrund auch
bei stereoskopischer Betrachtung flach und reizlos erscheinen, weil im
Bilde nur Fernpunkte vorkommen. Wenn man aber im nächsten Vorder-
grund etwa einen Baum oder ein Haus mit auf die Bildfläche bringen
kann, tritt beim Betrachten des Bildes im Stereoskop sofort eine
fesselnde plastische Wirkung ein. Man sei bezüglich des Vordergrund-
motives nicht allzu wählerisch und nehme, was sich gerade findet. Ein
in das Bild ragendes Geländer oder Gitter, ein Steg, Zaun oder Fels-
block, eine Mauer oder Brücke, ein Boot im Wasser, ein Wagen auf
der Straße oder ein Tor mit Durchblick können mit Bezug auf das
plastische Sehen oft Wunder wirken. Die Hauptsache bleibt, daß diese
Dinge nahe genug sind. Auch lebende Staffage im nächsten Vorder-
grund kann dazu beitragen, eine größere Tiefenwirkung zu erzielen.
Von besonders plastischem Reiz sind Bilder, bei denen die Gegen-
stände kulissenartig hintereinanderstehen und sich allmählich in die
Tiefe verlieren, z. B. ein Säulengang, eine Baumallee oder lange Halle.
Man achte also stets mehr auf den, Vordergrund, so reizvoll auch der
Hintergrund sein mag.
 
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