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Michael Debler — ein „Umweltsünder“ vor 400 Jahren
„Wie uns soeben gemeldet wird, ist seit dem gestrigen Dienstag der Verursacher des
Fischsterbens in der Rems bei Hussenhofen wieder frei“ — so könnte — nach Klaus Graf,
dem ich wörtlich folge, eine Meldung am 9. August 1589 gelautet haben.218
Am Tag zuvor war der Gmünder Bürger Michael Debler aus „gefenckhnus und ver-
hafftung“ auf Fürbitte von Nachbarn und Verwandten seiner Frau entlassen worden;
er mußte allerdings eine sogenannte „Urfehde“ schwören, in der er versprach, nicht
rückfällig zu werden, vor allem aber die Stadt wegen seines Gefängnisaufenthalts nicht
auf irgendeine Weise zu belangen. Die am 8. August 1589 ausgestellte Urkunde (von Graf
aufgespürt) ist in den Beständen des Gmünder Archivs erhalten geblieben.219
Welchen Grund hatte Michael Debler, so zu freveln? Fischers Schwäbisches Wörter-
buch hilft unter dem Stichwort „Bilsensamen“ weiter und verweist auf eine Stelle in der
„Württembergischen Schiffer- und Fischer-Ordnung vom 6. Juli 1719“ in Reyschers gro-
ßer Gesetzessammlung. Aus ihr geht zweifelsfrei hervor, daß das Betäuben bzw. Töten
von Fischen durch Pillen aus bestimmten Kräutern mit toxischer Wirkung gängige (üble)
Fangpraxis war. Der Gmünder Rat handelte demnach umweltbewußt, als er Michael Deb-
ler belangte und mit einer (sicher nicht zu kurzen) Gefängnis-, d. h. wohl Turm-Strafe, be-
legte. Doch hören wir das württembergische Gesetz von 1719:
„Dreyßigsten, und dieweil das Küglern werffen, und die Fisch mit Trauben, Kirschen,
Göckelen-Beer, Bilsen-Saamen, Brod mit Brandtenwein angemacht, Wurm, Lebern, und
dergleichen, wie es Nahmen haben mag, zu baitzen, bißhero gleichsam ohne Scheu getrie-
ben worden, wodurch sonderlich zu Sommers-Zeiten meistens in Sonn- und Feyertägen,
zwischen den Predigten, da nicht viel Innwohner, äusser reisende Personen auf dem Feld
gemeiniglich sich befinden, sehr viel Excesse geschehen, und die Fisch, welche nicht ge-
fangen, doch vertrieben oder getödtet werden, so sollte solches hinfürter männiglich ver-
botten seyn, bey Straff Zwantzig Gulden. “ — 20 Gulden waren damals ein recht ansehn-
licher Betrag.
Diese Fischfang-Praxis ist schon für das 11. Jahrhundert belegt. Aus dieser Zeit stammt
das im Kloster Tegernsee entstandene mittellateinische Epos „Ruodlieb“, dessen geistli-


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Urkunde von 1589, in der Michael Debler des verbotenen Fischfangs bezichtigt wird

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