Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bürgermeister Butz führte aus, daß man sich nicht jedesmal über das Finanzamt freue.
„Aber heute haben wir Grund zur Freude, weil das Deblersche Palais, ein wertvolles hi-
storisches Gebäude der Stadt, einer modernen Nutzung zugeführt werden kann. Das re-
staurierte Gebäude stellt eine wertvolle Bereicherung für die Attraktivität der Innenstadt
Gmünds dar.“
Geschichte des Gebäudes
Wohl kaum ein anderer Gebäudekomplex in weltlicher Hand kann in Gmünd aufgrund
vorhandener Urkunden so lückenlos bis ins späte Mittelalter zurückverfolgt werden wie
das Debler-Palais. Der Leiter des Stadtarchivs hat die Geschichte dieses Palais anhand von
Urkundenbelegen in einem Zeitungsartikel dargestellt.269
Das Areal des „Deblerschen Palais“ und die angrenzenden Grundstücke lagen bereits
im Spätmittelalter an einer stark befahrenen Straße, der heutigen Bocksgasse. Entlang die-
ser Straße wurden — dank der präferierten Wohn- und Geschäftslage — bald stattliche
Häuser erbaut. Die Vorgängerbauten des Palais wurden fast ausnahmslos vom reichsstädti-
schen Patriziat oder dem Adel der näheren und weiteren Umgebung bewohnt. Neben den
Schenkenstein und von Hoheneck im 15. Jahrhundert kam auch das Kloster Lorch im frü-
hen 16. Jahrhundert durch Tausch in den Besitz dieses Gebäudes und errichtete hier einen
klösterlichen Wirtschaftshof, der nicht nur zur Beherbergung durchziehender Mönche
diente, sondern dem Kloster auch einen Zugang zum städtischen Markt eröffnete.
Als der württembergische Herzog in der Reformation die Güter des Klosters einzog,
wurde die ehemals Lorchische Behausungin Gmünd für 60 Gulden an die Brüder Christoph
und Achaz von Laymingen und Lindach verkauft. Diese veräußerten sie, noch nicht ein
halbes Jahr später, um 1775 Gulden an die Stadt. Daran erkennt man, daß bereits im 17.
Jahrhundert kräftige Gewinnspannen beim Immobiliengeschäft üblich waren.
Über eine Zwischenstation - die Stadt verkaufte das Areal zwischenzeitlich an die Her-
ren von Bubenhofen — gelangten Grundstück und Haus im Jahr 1651 an einen unbekann-
ten bayerischen Obristen von Schletz. Nach den Herren von Horkheim erwarben es dann
die Stadtpatrizier von Storr, die es ihrerseits an die Nachkommen der Peter-Linie verkauf-
ten. Der Mitinhaber der Firma Gebrüder Debler, Franz Xaver Debler, ließ das wohl schon
etwas heruntergekommene Gebäude um 1791 abreißen und im heutigen Stil neu aufbau-
en. Im Jahre 1827 hat es der letzte Privatbesitzer, Dr. Frank, an den württembergischen
Fiskus verkauft, der darin dann die erste Taubstummenanstalt in Württemberg einrichtete.
Nachdem das Gebäude vor einem Jahrzehnt noch als Studentenwohnheim diente, zog
nach dem Neubau der Pädagogischen Hochschule das Finanzamt in das Gebäude ein. An-
hand einiger Urkunden soll die Geschichte des Debler-Palais nochmals kurz dargestellt
werden.
1446, August 22: Anna Adelmännin, Witwe des Jörg Schenk von Schenkenstein, ge-
stattet dem Prior und Konvent der Augustiner, zwei Fenster im Langmünster des Klosters
gegen ihren Hof auszubrechen.
1502, März 7: Rudolf Hack von Hoheneck verkauft an Heinrich von Woellwarth zu
Lauterburg „huss und hoffraitin zu Gemind in der statt Augustiner closter“ mit aller Zu-
gehörde. (Orig.: Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Debler-Archiv)
1525, November 3: Georg von Woellwarth zu Heubach verkauft an Bartholomä Enß-
lin sein Haus in der Stadt Gmünd „an Augustiner Closter gelegen“, mit allen Rechten und
Zugehörden um 510 fl rh. (Orig.: Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Debler-Archiv)
1532, Januar 29: Zwei Urkunden, die den Tausch des Hauses von Bartholomä Enßlin
mit dem des Klosters Lorch betreffen. Bartholomä Enßlins Haus liegt „über die Gassen an

144
 
Annotationen