Zweites Capitel.
I. KorbereiLungen zur nordischen Mission.
Uls im Jahre 831 Kaiser Ludwig der Fromme die Gründung
eines Erzbistums zu Hamburg erwog, da tauchte in seiner Umgebung
— so berichtet ein verlässiger Gewährsmann — die Erinnerung aus, daß
schon sein Vater, der große Karl, den Gedanken gehegt habe, an der
Nordgrenze seines Reiches im nordalbingischen Lande einen Metropolitensitz
einzurichten, von dem aus, wenn Gott dazu Gnade gäbe, der christ-
liche Glaube über die heidnischen Nordlande verbreitet werden solle;
mancherlei Hemmnisse, endlich der Tod des Kaisers, hätten das Vor-
haben dann zu Nichte werden lassen. Ist es nun wirklich wahr, daß
schon Karl seine Entwürfe so weitragend hinausgebaut hat, wie hier er-
zählt wird? oder aber, ist das Ganze nur eine im Hinblick auf die ver-
heißungsvollen ersten Erfolge AnsgaVs gern geglaubte Täuschung des
Gedächtnisses, wenn man auch diesen Gedanken aus den großen Schöpfer
aller bestehenden Ordnung zurückführte? Zu völliger Gewißheit ist hier
nicht durchzudringen: man darf zur ersten, man mag aber auch zur
zweiten Frage ja sagen, das ist Sache der subjectiven Meinung st
So viel aber ist doch wol sicher: die Errichtung des Erzbistums
Hamburg ist die unmittelbare Consequenz des Karlischen Kaiserideals.
Was das fränkische Königtum für die deutsche Nation geleistet hat,
das will das Kaisertum für ganz Europa vollbringen: die Zusammen-
fassung der in fragmentarische Sonderexistenzen auseinander gefallenen
Welt zu einem neuen Culturorganismus. Der notwendige Ausgangs-
punkt für die Heranbildung dieser Culturgemeinschast mußte die Einigung
unter ein sichtbares persönliches Oberhaupt sein, die Einigung in allen,
den religiösen wie den politischen Beziehungen. Denn Kirche und Staat
liegen in dem Reiche Karl's des Großen nicht neben einander, sondern
sie sind nur die zwei verschiedenen Darstellungsformen des einen untcil-
I. KorbereiLungen zur nordischen Mission.
Uls im Jahre 831 Kaiser Ludwig der Fromme die Gründung
eines Erzbistums zu Hamburg erwog, da tauchte in seiner Umgebung
— so berichtet ein verlässiger Gewährsmann — die Erinnerung aus, daß
schon sein Vater, der große Karl, den Gedanken gehegt habe, an der
Nordgrenze seines Reiches im nordalbingischen Lande einen Metropolitensitz
einzurichten, von dem aus, wenn Gott dazu Gnade gäbe, der christ-
liche Glaube über die heidnischen Nordlande verbreitet werden solle;
mancherlei Hemmnisse, endlich der Tod des Kaisers, hätten das Vor-
haben dann zu Nichte werden lassen. Ist es nun wirklich wahr, daß
schon Karl seine Entwürfe so weitragend hinausgebaut hat, wie hier er-
zählt wird? oder aber, ist das Ganze nur eine im Hinblick auf die ver-
heißungsvollen ersten Erfolge AnsgaVs gern geglaubte Täuschung des
Gedächtnisses, wenn man auch diesen Gedanken aus den großen Schöpfer
aller bestehenden Ordnung zurückführte? Zu völliger Gewißheit ist hier
nicht durchzudringen: man darf zur ersten, man mag aber auch zur
zweiten Frage ja sagen, das ist Sache der subjectiven Meinung st
So viel aber ist doch wol sicher: die Errichtung des Erzbistums
Hamburg ist die unmittelbare Consequenz des Karlischen Kaiserideals.
Was das fränkische Königtum für die deutsche Nation geleistet hat,
das will das Kaisertum für ganz Europa vollbringen: die Zusammen-
fassung der in fragmentarische Sonderexistenzen auseinander gefallenen
Welt zu einem neuen Culturorganismus. Der notwendige Ausgangs-
punkt für die Heranbildung dieser Culturgemeinschast mußte die Einigung
unter ein sichtbares persönliches Oberhaupt sein, die Einigung in allen,
den religiösen wie den politischen Beziehungen. Denn Kirche und Staat
liegen in dem Reiche Karl's des Großen nicht neben einander, sondern
sie sind nur die zwei verschiedenen Darstellungsformen des einen untcil-