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Dell, Josef
Das Erechtheion in Athen: bauanalytisch, unters., erkl. u. ergänzt — Brünn [u.a.], 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.6030#0018
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Quelle weniger günstig, da aber immer wieder von einer solchen die Rede
ist, dann muß doch das in den Felsen eingesickerte Wasser als Quelle zutage
getreten sein.

Von Quellen aber heißt es: In der Regel kommen sie nur in der tiefsten
Einziehung eines Hanges, am unteren Ende desselben ins Freie, nie am konvexen
Teil oder in einer höheren Lage des Hanges.

Von manchen Forschern wurde die Quelle außerhalb des Adyton sowie
die Dreizackspur sogar außerhalb des Gebäudes unter dem Nordportikus ver-
mutet. Sowohl die eine wie die andere Deutung ist nicht aufrechtzuerhalten,
denn hochheilige Male gehören ins Adyton, aber nie vor die Türe. Wohl ist nicht
zu leugnen, daß auch Naturmale sich verändern können. Quellen können ver-
siegen, wenn ihre Fassung schadhaft wird, ja sogar Zisternen verfallen bei
mangelhafter Pflege; man sucht dann vergeblich nach Wasser. Und dennoch
ist die Stelle der Zisterne wie der Quelle jetzt noch nachweisbar. Die Reste der
ersteren liegen jetzt noch innerhalb des Mauerrechteckes am Felsboden auf;
deutlich erkennbar dort, wo die Mulde ist (Abb. III). Ihre Erhaltung ist dem
Umstände zu verdanken, daß die ost-westwärts gerichteten Längsseiten der-
selben als Fundamente der Säulenreihen der byzantinischen Kirche Verwendung
gefunden hatten. Eine Bekräftigung erhält diese Erklärung durch die in analoger
Weise angelegte benachbarte, ja fast anschließende byzantinische oder tür-
kische Zisterne, die wohl jetzt auch trockenliegt.

Aber selbst die Stelle der Quelle, die durch die späteren Einbauten wesent-
lich gelitten hat, läßt sich finden. Auf die eingangs erwähnten Gründe gestützt,
kann sie nur an der inneren Seite der Südmauer in den untersten Quader-
schichten liegen. Vom Niveau des Fußbodens der Erechtheus Gella nach auf-
wärts ist in der Südmauer durchgehends vollkommen gleicher Quaderverband
vorhanden (Abb. 5 unten; siehe auch Abb. XXIII in: Arx Athenarum). Der
Schichtenverband der unter diesem Niveau liegenden Grundmauern weist aber
wesentliche Unterschiede auf. Die östliche Hälfte der Südmauer unter der
Athenecella hat gleich hohe und gleich verlaufende Quaderscharen. Die west-
liche Hälfte bis über die Korenhalle hinaus hat andere Schichtenhöhen, unten
niederere und oben die normalen — mit zwei Orthostatenreihen, einer tieferen
und einer höheren. Dort wo diese ungleich hohen Schichten zusammenkommen
(Abb. 5 bei Mauer V) ist eine Lücke vorhanden. Nun macht man ja in Grund-
mauern keine Hohlräume, wenn nicht ein Zweck damit verbunden wird. Nur
hier kann also die Quelle durch- und herausgeflossen sein. Sie liegt an der
eingangs ermittelten Stelle. Vielleicht läßt sich jetzt noch die Spur des Drei-
zackstoßes finden, sie kann, wenn sie noch erhalten ist, nur in unmittelbarer
Nähe liegen — aber gewiß nicht in der Nordhalle. Um die Frage endgültig zu
lösen, wäre es notwendig, diesen Ort während der Regenzeit zu untersuchen und
ihn über die fraglichen Punkte abzuhorchen. Dann dürften die Vermutungen
sich zu sicheren Ergebnissen erhärten.
 
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