Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 11.1987

DOI Artikel:
Köster, Hein: Die Deutung des Funktionalen: Ausstellungs- und Musealkonzeption in den 20er Jahren
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31835#0070
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Ausstellungen auf den Gebieten der Produktgestaltung und Archi-
tektur, welche von der Avantgarde in der Periode der Weimarer Repu-
blik eingerichtet wurden, stellen in semiotischer Hinsicht einen
neuartigen Ausstellungstyp dar. Sein Repertoire bilden Gebrauchs-
gegenstände im weitesten Sinne sowie die sie prägenden sozialen,
ökonomischen, produktionstechnischen, kulturellen und ästheti-
schen Determinanten.

Dieses Repertoire wird semiotisch überführt, um Erkenntnis auszubil
den und Kultur zu modellieren, ein Verfahren, das mit den Verwer-
tungsinteressen des Kapitals auf Dauer kollidieren mußte, denn
Funktionalismus will den Gebrauchswert und nicht den Tauschwert
der Produkte anzeig,en. Die Funktion dieser Ausstellungen besteht
darin, innovierende und kreative Schemata zu entwickeln, die als
Katalysatoren neuer Mitteilungen, Erfahr-ungen und Erkenntnisse wir-
ken. Diese Ausstellunge'n sind nicht abbildhaft, sie besitzen viel-
mehr eine organisierende, praxisstiftende Funktion in der Perspek-
tive einer nützlichen Kommunikation.

Die eingreifende Funktion dieser Ausstellungen wird durch neuar-
tige Modi der Kommunikation und neuartige Gestaltungsmittel ver-
wirklicht, Produktgestaltung und Produktgebrauch finden durch den
intendierten Ausstellungsgebrauch und durch die Ausstellungsgestalt
ihre gleichgerichtete und geweitete Deqtung.

Die semiotischen und logischen Ordnungen dieser Ausstellungen bewir-
ken aufklärende Rezeptionsmodi: kein Herumgeheimsen hinter den
Dingen, sie selbst sind die Lehre. Die Zeichengestalt dieser Aus-
stellungen erschließt sich in der erkennenden Bewegung von Bedeu-
tetem durch Gegenstände und Bedeutung der Gegenstände über den
unmittelbaren praktischen Gebrauchszusammenhang hinaus auf ein
Allgemein-Nützliches.

2

Die gestal'terische Avantgarde griff programmatisch und praktisch
in das Kontinuum der musealen Entwicklung und des Ausstellungs-
wesens ein: Innermuseäle Struktur, museales Selbstverständnis, das
Verhältnis des Museums zur gesellschaftlichen Wirklichkeit über-
haupt sowie die außermuseale Ausstellungspraxis wurden gleicher-
maßen ihren Ein- und Angr'iffen unterzogen. Am Museum interessierte
die Avantgarde-weder Geschichte noch Vollständigkeit, weder Unikat

68
 
Annotationen