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Basilika der Fall war. Wäre der alte Bau damals nieder-
gelegt worden, so liätte man sich wolil nicht die Mühe des
Abarbeitens gemacht, sondern auch die äußeren Blöcke
des Fundamentes einfach herausgebrochen. Aus diesem
vorläufigen Fortbestehen der Wände folgt ferner, daß
die Abarbeitung höchstens bis zur aufgehenden Wand
oder deren Sockel reichen konnte, daß also der abge-
arbeitete Teil des Fundamentes mit etwa 3,20 — 2,88
= 0,32 m dem äußeren Fundamentvorsprung entspricht,
für die Stärke der aufgehenden Wand einschließlich der
Wandstufe oder des Wandsockels also 3,20 — 2X0,32
= 2,56 m verhleiht.

Leider sind die Erbauer des neuen Tempels mit den
architektonischen Resten des alten Baues noch schonungs-
loser verfahren als diejenigen der Adytonkirche mit den
Werkstücken des Naiskos. Das fast vollständige Ver-
schwinden der sehr erheblichen Materialmenge des alten
Tempels ist nur so zu erklären, daß die Werkstücke der
bei dem Neubau abgeräumten Ringhalle und des Stylo-
bats sowie im weiteren Verlauf der Bauarbeiten aucli die
der Wände sofort verarbeitet wurden und zur Auf-
türmung der durch den hohen Unterbau erforderlicli ge-
wordenen, gewaltigen Fundamentmassen Verwendung
fanden. Nur wenige meist kleinere, für den Quaderbau
der Fundamente unhrauchhare Bruchstücke behielten
dabei ihre Form und wurden mit anderen formlosen
Steinen als Füllmaterial in die Zwischenräume der rost-
förmigen Fundamente der Ringhalle zur Untermauerung
des Stylobatbelages eingebracht. Andere zerschlagene
Reste blieben in der Umgebung des Neubaues liegen und
kamen bei der Regulierung des Bauplatzes in die Hinter-
füllung und Anschüttung, wie sich namentlich an der Süd-
seite des Tempels in deren westlichem Teil, wo der ge-
wachsene Boden tiefer liegt, beobachten ließ. Durch den
mittelalterlichen Steinraub, der Teile der oberen Schich-
ten des Südstylobats zerstörte, sind solche Packungen der
Rostzwischenräume sichtbar geworden, und auch sonstige
in der Nähe desTempels gefundene archaische Fragmente
stammen vielleicht zum Teil aus den zerstörten Stylobat-
fundamenten der Nordseite. Was sich so an Bauresten
erhalten hat, ist nur eine kleine Zahl jammervoll zer-
schlagener Bruchstücke, die durch die Maße ihrer Einzel-
formen die Zugehörigkeit zu einem großen Bauwerk und
durch ihre Formensprache die zu einem solchen arclia-
ischer Zeit beweisen, das hier nur der große archaische
Tempel selbst gewesen sein kann.

In der freiliegenden Rostfüllung bei der dreizehnten Säule
der Südseite (F 160 Tf. 78) fand sich das große Fragment
eines Trochilus, ein solches eines unkannelierten Torus
und daskleineStück eineskanneliertenTorus (Z 600/1—3
Tf. 82; F 601 Tf. 213). Der Trochilus hat eine Höhe von
0,325 m und zeigt die gleiche Profilierung wie die Basen
des archaischen Tempels zu Ephesos: zwei tief elliptisch
vorgewölbte Hohlkehlen zwischen Plättchen und kräf-
tigen Rundstabpaaren, von denen das obere gegen das
untere um 5 mm bis 6 mm zurückliegt. Der glatte, also
auffallenderweise unfertige Torus ist 0,223 in hoch und
hat die gleiche altertümliche Form der Profillinie wie die
ephesischen Basen, bei der die Kurve unten mit kleinem
Radius beginnt, um in der oberen Hälfte mit flachem
Zuge gegen den Schaft anzulaufen. An einer Stelle der
unteren Wulsthälfte steht noch ein rechteckiger Lehr-

bossen — ähnlich denjenigen am Torus der unfertigen
Südsäule des neuen Tempels (F 379 Tf. 148) — dessen
senkrechte Vorderfläche in der Tangente cles größten
Torusumfanges liegt und der mit seiner horizontalen
Unterfläche dem Unterlager des Werkstückes entspricht.

In der Mitte des Unterlagers ist ein quadratisches, 64 mm
großes, einwärts etwas verjüngtesDübellocli erhalten, das
es ermöglicht, den Durchmesser des Torus zu bestimmen.
Bis zum größten Umfang des Wulstes beträgt derselbe
2 X (0,760 0,032) = 1,584 m und bis zum oberen Ende

der Kurve 1,584—-2 X0,130 = 1,324 m, welches Maß,
da der Schaft wahrscheinlich unten nur mit einem Rund-
stab ohne eigentlichen Anlauf endigte, dem Säulendurch-
messer ungefähr gleichzusetzen ist, und das dem Durch-
messer der ephesischen Säulen nahekommt. Das Frag-
ment des fertig kannelierten Torus hat Ieider nicht seine
volle Höhe bewahrt; die Kanneluren, deren mittlere
31 mm breit ist, sind jonisch flach und gleichen auch darin
denen der ephesischen Basen, daß die Stege durch eine
scharfe Rille in zwei Kanten geteilt werden.

Zeigt schon diese Basisform eine weitgehende Verwandt-
schaft des Baues mit dem Tempel von Ephesos, so wird
diese noch mehr bestätigt durch den Fund einiger Frag-
mente, die erkennen lassen, daß auch der didymäische
TempelReliefsäulen (columnae caelatae) besaß. Es haben
sich im Füllschutt südlich des Tempels sechs, mit
zwei Ausnahmen trostlos verstümmelte Brudistüdce von
solchen gefunden: a) Kopf und oberer Teil des Körpers
einer beldeideten, jugendlichen, in Vorderansicht stehen-
den Figur ungefähr von Lebensgröße, deren Relief-
grund deutlich die Reste flacher, altjonischer Kanneluren
zeigt (F 724 Tf. 214); b) Kopfbruchstück einer ähnlichen
Figur (F 725 Tf. 214); c) Das Spaltstück des Gesidites
einer weiteren Figur (F 727 Tf. 216); d) ein fast formlos
verwittertes — vielleicht verbranntes — Oberkörperfrag-
ment mit dem Ansatz des linken Ellenbogens einer eben-
falls inVorderansicht stehenden Gestalt (F726 Tf. 214);
e) ein Fragment, das die durch ein glattes, senkrechtes
Band gebildete obere Endigung zweier Kanneluren und
die Spaltfläche des gänzlich zerstörten Kopfes einer
Relieffigur erkennen läßt, der offenbar bis zu der mit
dem Oberlager der ehemaligen Säulentrommel zusammen-
fallenden Oberkante des horizontalen Bandes reidite
(F728 Tf. 216); f) ein Rundstabfragment, auf dem die
Zehen eines nach vorn geriditeten mensdilichen Fußes
sichtbar sind (F 602 Tf. 216). Aus diesen spärlichen Frag-
menten ergibt sich: daß 1. die Kannelierung des Schaftes
auch auf dem Reliefgrund durchgeführt war, was an den
ephesisdien Fragmenten nicht festgestellt zu sein scheint,
2. das Relieffeld oben mit einem flachen Band abschloß
und 3. der Schaft wie in Ephesos über dem Basistorus
mit einem einfachen Rundstab ansetzte.

Das ebenfalls südlich des Tempels zuTage gekommene, im
Grundriß eine Kreisform zeigendeRandstüek eines großen
lesbischen Kymas mit roten Farbspuren (F 603 Tf. 216)
gleicht durchaus dem in der älteren Rekonstruktion
(D. G. Hogarth, Excavations at Ephesus Atlas Tf. 16)
als Abschluß der ephesischen Relieftrommel verwendeten
Gliede, dessen Anbringung an dieser Stelle gegen den
neuerenWiederherstellungsversuch (Lethaby,JHS 1917,8)
doch wohl als richtig beizubehalten ist. Dieses Abschluß-

Wandstärke
des Adytons.

Reste vom Oberbau
Trochilus u. Torus

Säulendurchmesser
Columnae caelatae

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