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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Staatliche Museen zu Berlin [Hrsg.]; Knackfuss, Hubert [Bearb.]; Wiegand, Theodor <Prof. Dr. phil.> [Bearb.]
Didyma (Abt. 1, Bd. 1): Textband — Berlin, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.30744#0160
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VII. Heilige Straße,Siedlung außerhalb des heiligen Bezirks,

römischerWasserkanal

Gräber an der Dic von Milct und ilem Hafen Panormos nach Didyma

Heiligen Straße führende Heilige Straße war in ihrem letzten Teil vor, dem

Eintritt in den Umkreis des Heiligtums (Textahb. 3. —

Arehaische ’j,exjahh. 1 S. 12; 2 S. 13. Vgl. Antiquities of Jonia I2,
Sitzni lder

Straßentor ^hap. III Pl. 1) nach Art einer Gräberstraße zu beiden
Meilenstein Seiten der schmalen, durch niedrige Randsteinsetzungen
von dem geschotterten Straßendamm getrennten und
etwas über denselbcn emporgehobenenFußgängerbahnen
von Grabanlagen römischer Zeit begleitet. Wie die Reste
der Unterbauten, die zerschlagenen Kalksteinsarkophage
und zahlreiche, oifenbar schon vor der Zerstörung der
Bauten herabgeworfene und daher noch in ihrer Fallage
befindliche, mit Würfelakroterien versehene Sarkophag-
deckel zeigen, hatten dieselben meist die übliche Gestalt
freistehender, einfacher Sarkophage auf zum Teil mit
Sitzbänken versehenen Stufenunterbauten. Außerdem
gab es auch kleine tempelartige Grabanlagen.

Was von den Quader- und Stufenunterbauten erhalten
ist, zeigt meist sehr gute und sorgfältige Arbeit der römi-
schen Kaiserzeit.

hellenistische und andere Scherben sowie cin kleiner
Netzsenker. Außerhalb des Sarkophages, nahe unterhalb
von dessen Rand, stak ein kleines, rotes Henkeltöpfchen
umgekehrt im Boden.

In dieser Gegend der Heiligen Straße standen — eben-
falls dicht neben den Fußgängerbahnen — die bekannten
archaischen Sitzbilder (VI. vorl. Ber. 1908, 46; Milet II 2,
Milesische Landschaft, 6ff.) ohne besondere Unterbauten
oder Postamente. Aus dieser nachlässigen Art der Auf-
stellung geht hervor, daß sie sich nicht an ihren ursprüng-
lichen Plätzen befanden. Vermutlich hatten sie zuerst
als Weihgeschenke ihre Stelle im Inneren des heiligen
Bezirkes und wurden erst, nachdem sie dort durch die
Perser umgestürzt und beschädigt worden waren, bei der
Erneuerung des Heiligtums als Erinnerungszeichen der
persischen Verwüstung und Profanation an die äußere
Heilige Straße versetzt. Sicher ist, daß es sich nicht um
eine ursprünglich beabsichtigte und regelmäßige Anord-
nung nach Art einer ägyptischen Sphinx- oder Pro-
zessionsstraße handelt.

Vor mehreren dieser Grabbauten finden sich tönerne, ge-
wöhnliche Wasserleitungsrohre senkrecht im Boden auf-
gestellt, eine merkwürdige, offenbar mit den Spenden
des Grabkultes inVerbindung stehende, auch von anderen
Orten, z. B. aus der milesischen Nekropole am Kalabak-
Tepe bekannte Einriclitung.

Während die großen Grabbauten alle gründlich zerstört
und ausgeraubt waren, hat sich ein als einfache Erd-
bestattung in den Boden gesenkter, ebenfalls aus Kalk-
stein, aber etwas weicherer, porosartiger Beschaffenheit ge-
fertigter Sarkophag unherührt erhalten (F 691 Tf. 236).
Der sehr sorgfältig gearbeitete Kasten zeigt bei einer
inneren Lichtweite von 1,99 m zu 0,64 m eine lichte Höhe
von 0,68 m und eine Wandstärke von nur 80 mm. Der
obere Rand ist init einem an der Außenkante eingesenktcn,
umlaufenden, 15 mm tiefen Falz versehen, in den sich
der flach satteldachförmige, 0,235 m im First holie und
ebenfalls dachförinig ausgehöhlte Deckel mit einer ent-
sprechenden Falzkante einfügte. Die Giebelfläche zeigt
außen ein Wuchteloch, das zum Auflegen des Deckels in
den Falz gedient hat. Infolge der Diinnwandigkeit dcs
Deckels ist dieser durch den Erddruck zertrüinmert
worden, und das Innere des Sarkophags war daher ganz
mit Erde angefüllt. Dasselbe enthielt keinerlci Beigaben,
sondern nur die Reste des auf dem Rücken liegenden
Skelettes mit auf die linke Seite gcwendetem Kopf im
Osten. Im eingedrungenen Frdschutt liegeud und dalier
nicht fiir die Datierung des wohl spätestens hellenisti-
schen Grabes zu verwenden, fanden sich einige schwarze

Der Eintritt der Heiligen Straße in die eigentliche Grenze
des didymäischen Bezirks und des Asyls wurde offenbar
seit der trajanischen Regulierung und Herstellung der
ersteren durch ein besonderes Bauwerk bezeichnet, von
dem zwei symmetrisch zu beiden Seiten der Straßenbahn
liegende, stark zerstörte, rechteckige Bruchsteinmörtel-
mauerwerk-Fundamente erhalten sind. Es handelt sicli
bei denselben wahrscheinlich um die Reste eines Straßen-
bogens, aber die Kleinheit der Fundamente, die gerade
fiir die orthostatenverkleideten Seitenpfeiler eines
solchen ausreichen, jedoch keinerlei Raum für eine Aus-
stattung mit vorgesetztenSäulen oderTabernakelnbieten,
läßt lcdiglich die Annahme einer äußerst einfachen und
schmucklosen Anlage zu, die man sicli nur schwer an
dieser bedeutsamen Stelle denken lcann. Eine andere,
aber niclit selir walirscheinliche Möglichkeit wäre noch
die, daß hier lcdiglich zwei Kolossalstatuen an beiden
Seiten des Weges aufgestellt waren. Jedenfalls stand hier
auch der in der Nähe umgestürzt und niclit melir an
seinem Platz gefundene, schöne, große Meilenstein Tra-
jans (F 730—732 Tf. 237; Milet II 2 S. 8 Ahh. 7; VII.
vorl. Ber. 1911, 36), dcr die Länge der Straße von Milet
bis zu diesem Punkt mit elf römischen Meilen angibt.

Leider liegen von diesem zwar stark zerstörten, aber
durch Grabung ganz freigelegten Teil der Heiligen
Slraße mit den Grabanlagen, den Fundstellen der archa-
ischen Sitzbilder und den Torfundamenten nebst einein
in deren Nähe die Straße kreuzenden, plattengedeckten
Wasserdurclilaß keine Aufnahmen vor, da diese infolge

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