Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Beilage zum Diözesan-Archiv von Schwaben — 1894

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17221#0005
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
cy.


Etlagt zum Kiöztsan-Archiv

flr. 7.

von öchwaben.

1894-

Nus einen: schwäbischen Reichsstiste in: vorigen
Jahrhundert.

Bon Amtsrichter a. D. Beek.

(Fortsetzung.)

Znmaßen dann gleich folgendes Jahr darauf im Februar
unser Nachbar, Herr Graf Jos. Eusebius Wilhelm von Fried-
berg-Scheer, den ungemein großen, gegen Dürnau und Kanzach
zu gelegene» Forstdistrikt, welcher allhiesigem Stifte schon bei
119 Jahre von den Grasen von Friedberg-Scheer um 10 500
Gulden nebst einigem hohen Jurisdiktionsbezirk verpfändet
war, wieder an sich gezogen, welche Ablösung dann unserm
Konvente um so schmerzlicher gefallen, als sothaner Wald um
80000 oder mehr Gulden schwerlich mehr wiederzuerlangen
sein dürfte. Zu diesem Schritte sollen den Reichsgrafen einige
»»behutsame, von einigen unserer Religiösen (so mau mit
Namen nennen könnte) zanmlos wider ihn auögestoßene
Schimpfreden, wie er (Graf) [eie ein Schuldenmacher, ein
Bettelgraf rc. veranlaßt haben. Der Restitutionsakt ging im
allhiesigcn obern Wirtshaus (zum „Löwen") vor sich und
dauerte bei 14 Tage, weil der Graf dem Gotteshaus sogar
die hohe Jurisdiktion absprecheu und auch das Kastenvogtei-
recht durchaus prätentieren wollte: mit einem Worte, es hatte
das Ansehen, als wollte er uns gar aus dem Kloster ver-
treiben; damit aber noch nicht zufrieden, hetzte er auch noch
seinen Vetter, den Grafen Max v. Waldsee gegen uns auf
und verleitete denselben dazu, daß dieser den Waldsee zu ge-
legenen Wald, welchen das Stift feit 1607 vertragsmäßig
und auch schon lange vorher innegehabt, ebenfalls an sich zog,
Svreth hiemit ringsumher all' seiner Forstgerechtigkeit auf
einmal beraubt war; was für eiu Lärmen und Geschrei im
ganzen Revier wegen dieser gewaltthätigen Unternehmungen
und tausenderlei anderer Excesse rc. entstanden, ist nicht wohl
ausznsprcchen; und doch war all' dies nur ein Scherz gegen
das, was nach geschehener Reluition folgendes Jahr hindurch
erfolgte; und glaube ich schwerlich, daß unser Kloster im
Schwedenkrieg so viele Torten erlitten (??), als ermelter
Graf v. Scheer in diesen beiden Jahren unserem lieben Gottes-
haus durch sein höchst schädliches Jagen, Forst- und anderer
Patenten-Anschlagung, Eingriffe in die hohe und niedere Juris-
diktion und fast tägliche Tnrbationen zugefügt, was alles im
Archiv umständlicher beschrieben."

Diese — vom Annalisten sicherlich etwas übertriebenen —
Mißhelligkeiten währten schon noch einige Zeit, bis am 22. Sep-
tember 1737 eine Kommission, bestehend aus Landrichter
Straßer, Kanzler Kuen mit zwei Aktuaren von Weingarten,
dem gräflich Scheerschen Oberamtmann Maßler nebst seinen,
Sekretär Gimmi in Schussenried eintraf und die Streitig-
keiten vollends beilegte, bei welcher Gelegenheit das Stift
wieder einen neuen Forstdistrikt von dem stets geldbedürftigen
Grafen erkaufte. Nicht so bald hoben sich die Anstände
wegen des Waldseeschen Forstes, dessentwegen es noch im
Dezember 1740 Unterhandlungen gab. Die gräflich Scheer-
sche Herrlichkeit sollte überhaupt nicht mehr lange dauern und
noch vor Schnssenried aufhören. Gras Leopold, der Sohn des
Grafen Jos.', war der letzte seiner Linie, nad> dessen Tode

ein Kondominat des Waldburgschen Hauses eintrat, welches
bis zum Verkauf währte; im Jahre 1786 wurde dann das
schöne Besitztum, die Grafschaft Friedberg und die Herrschaft
Scheer nebst Zubehör, von welcher allerdings schon vorher
einige Teile, wie das 1746 an das Kloster gekommene Dorf
Allmannsweiler, losgerissen worden waren, durch das Wald-
burgische Haus, welches dieses schöne Besitztum seit dem Jahre
1452 innegehabt, um die Summe von 2100 000 fl. an den
Fürsten Karl Anselm von Thurn und Taxis verkauft. Die
später oftmals bedauerte Veräußerung mag neben anderem
darin ihren Grund gehabt haben, daß, wie früher das Haus
Oesterreich, hernach die eigenen Unterthanen alles thaten, um
dem Truchsessischeu Hanse den Besitz zu verleiden. Letztere
nahmen nämlich von jeher in ganz Schwaben eine Sonder-
stellung ein, behaupteten — vor allen die Einwohner des alten
Dingaus (eines Teiles des alten Ertgans, welcher jetzt „Göge"
genannt wird), in welchen sich noch das Gefühl einer freien
alten Landesgemeinde regte, — immer einen gewissen Grad
von Freiheit und erwehrten sich stets der Leibeigenschaft; so-
ziale und kulturelle Verhältnisse hatten deshalb auch hier eine
ganz andere Gestalt wie in der Nachbarschaft angenommen.
Eifersüchtig auf diese ihre alten Rechte u»d mißtrauisch gegen
ihre Herrschaft, lebten sie mit derselben in beinahe fortwäh-
render Fehde, welche sich dann und wann bis zur offenen
Empörung steigerte. Mit dieser Erwerbung machte sich das
Hans Taxis erstmals in Oberschwaben seßhaft, und schon
am 16. Juli 1787 wurde die Grafschaft mit den Herrschaflen
Scheer und Dürmentingen zu einer reichsgcfürsteten Grafschaft
mit einer Stimme im Reichsfürsteu-Kvllegium erhoben.

Der Komet sollte noch weiteres Unheil, gegen welches
die Scheerschen Händel weit zurückstanden, über Schussenried
bringen; infolge einer höchst rigorosen Visitation des Ordens-
Generalvikars Abts Herrn. Vogler von Roth entstanden näm-
lich im Stifte arge Wirren, über welche wir vielleicht ein
anderesmal ausführlicher handeln wollen; Abt Didakus
Ströbele von Biberach, 1719 erwählt, mußte 1733 resig-
nieren und das Kloster verlassen; an seine Stelle trat Se.
Gnaden der hochwürdigste Herr Siardus Frik von Mengen
„als des heiligen römischen Reiches Deutscher Nation Prälat
und Herr des unmittelbaren freien Neichsstifts und Gottes-
hauses der Prämonstratenser Chorherren zu Schusseuried".
Als solcher war er Souverän im vollsten Sinne des Wortes,
vielleicht souveräner als heutzutage mancher Kleinfürst; eifer-
süchtig und ängstlich wachte man darüber, daß ja von keiner
Seite den Hoheitsrechten zn nahe getreten werde; und der
geringste Versuch eines Eingriffs in dieselben brachte ganze
Stöße von Verwahrungen und Beschwerden hervor; diese
Souveränität suchte man auch möglichst zur Schau zu tragen,
und so hielt man in jenen Tagen viel auf Zeremoniell und
äußere Repräsentation, und war eö u. a. Brauch, daß ein
neuer Prälat immer den benachbarten Herrschaften Visite
machte und hierzu vier- oder gar sechsspännig vorfuhr. In-
folge der im Stifte herrschenden Wirren hatte er nicht gleich
| diesen Anstandsregelu Nachkommen können, auch gleich zum
! Einstand im März 1735 eine Visitation durch den Weissenauer
| Reichsabt Anton I. Unold v. Wolfegg als pater domus,
 
Annotationen