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Beilage zum Diözesan-Archiv von Schwaben — 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.17221#0016
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damalige Kloster - Oberamtinann Beruh. Maria. Kögel noch
ein schwungvolles Epos dichtete. Seine» „Adam und Eva"
trug Sailer erstmals zur Probe bei der Geburtstagsfeier des
Prälaten zu Schusseuried am 10. November 1743 in An-
wesenheit vieler zum Teil hoher Personen „unter allgemeinem
Gaudium" vor. Ebenso produzierte er sich vor den Bene-
diktinern zu Zwiefalten hin und wieder mit seinen Stücke».
Als Pfarrherr von DieterSkirch hielt er immer am Ostcr-
dienStag eine Art Predigt, bezw. trug er vel si lubet nar-
ratiuncula festivalis joco—seria, vom „Ostermährle" vor, wo
er wohl, wie man sich denken kann, seinem Humor Spielraum
gelassen haben wird. ' Auch führte er daselbst an Weihnachten
die Nerehrung des Jesuskindes, das „Krippelesspiel" ei». Es
ist das Verdienst Sailers, die alten Mysterien vom „Fall
Lucifcrs", „Adam und Eva", vom „Sündenfall" und der
„Erschaffung der Welt", vom „Leiden und Sterben Jesn"
zeitgemäß umgestaltet und wieder zu Ehren gebracht zu haben,
wofür ihm denn auch die Würdigung durch Goethe und Dev-
rient zu teil geworden ist; noch in seinen letzten Lebcnstagen
hat er „eine geistliche Schaubühne, des ScibenS Jesn Christi,
in Oratorien aufgeführt. (München 1775, Lentner)" ge-
schricbru. Abt Edmnird Sartvr (1748—1768) hatte aus-
drücklich angeordnet, das; man alle Geheimnisse der göttlichen
Martergeschichte am Karfreitag in kurzen theatralischen A»f-
triltcn dem Volk vorstellen solle.

Auch das Benediktiner-NeichSstift Wiblingen stand in der
dramatischen Muse nicht zurück; aus dem Jahre 1765 kennen
wir „Carolus Salerni pringeps“, d. i. „Karl Prinz v. Salerni,
ein Lustspiel in dem vvrdervslerreichischen Gotteshaus Wib-
lingen von alldasigstudiercnder Jugend auf öffentlicher Schau-
bühne vorgestellt im Jahre 1765" (ohne Angabe vom Jahr
und ohne Druckerangabe bei Christ. Ulr. Wagner in Ulm bloß
lateinisch-deutsche Disposition gedruckt, ohne Titelblatt und
Aktorenverzeichnis). Das Jahr darauf finden wir: „Poly-
timet, oder der junge Held, ein Trauerspiel, in dem vorder-
österreichischen Gotteshaus Wiblingen, 0.3.11., uou all-
dasig-stndiercndcr Jugend ans öffentlicher Schaubühne vorge-
stellt den 11. Herbstmonat im Jahre 1766" (bloß deutsche
Disposition auf zwei unpaginierten Blättern mit Vignette und
Aktorenliste vom gleichen Drucker gedruckt; ohne Ort, Jahr und
Druckeraugabe). Zn den letzten Aufführungen der dortigen
studierenden Jugend gehörten u. a. folgende Stücke: „Novae
spes mortalium sive Minerva, Ceres et Themis denuo
cum Marte in amicitia.“ 4°- Melodram zum Namensfest
des Abtes Ulrich Keck, gegeben am 4. Juli 1803, verfaßt
von dem Stiftöprofessvr I. N. Hölo, und das Original-
Lustspiel in 3 Akten „Orthelo oder der Hofnarr", ein kleines
Musikstück, anfgeführt am 25. Februar, 1. und 17. März 1802,
wahrscheinlich auch von Hold. (Fortsetzung folgt.)

Miszellen.

Eine alte süddeutsche Kreditanstalt. Eines der ältesten
(wenn nicht das älteste) Kreditinstitute in Siiddenlschland ist die gräflich
Cnstellsche Krcditkasse zu Castell in Franken (beztv. im Königreich
Bayern), welche kürzlich am I. März 1894 den 100jährigen Gedenktag
des für sie nnterin 31. März 1704 erlassenen Grundstatuts beging,
weshalb tvohl angezcigt sein wird, über dieses älteste Hypothcken-
institnt in Bayern einiges mitznteilen. — Die Entstehung und Ein-
richtung dieser Anstalt reicht bis in die Jahre 1774/75 zurück. Der
damals in der früheren reichsnnmittelbaren Grafschast Castell stark fühlbar
gewordene Wucher — die Darlehenssncher mMtcn 6 Prozent Zinsen be-
zahlen und hatten unter sonstigen wnchcrlichen Bedrückungen zu leiden
— brachte den damaligen Gräflichen Gehcimrat und Regierungsdirektor

Zwanziger auf die Idee, zur Steuerung dieser Miststände eine Leih-
nnd Kreditkasse zunächst zum Gebrauch für die herrschaftlichen Unter-
thancn zu gründen. Zwanziger war ein Finanzgenie und namentlich
auch ein tüchtiger Organisator, ivelcher das tief verschuldete Cnstellsche
Hans wieder recht heranfgcbracht hatte. Lesaat, „Nicht leicht," schreibt der be
kannte Tourist Karl Jul. Weber (in Langenbnrg 1767 geboren, >832
gestorben), der Verfasser dcs„Demokritvs" in se!ncn„Briefen eines in Deutsch-
land reisenden Deutschen", der mit de» Verhältnissen der Grafschaft
Castell vertrant tvar, „tvird ein kleines, lief verschuldetes Hans einen
so tüchtigen Geschäftsmann von so viel Nutzen für das Ländchen gehabt
haben, als Castell in seinem Geheime» Rat ».Zwanziger halte, der
als Kreisgesandter und Bnnqnier im Jahr 1800 zu Nürnberg starb."
Der bekannte Ritter v. Lang, der sich in den kleinen süddeutschen Höfen
ansknnnte tvie kein anderer und seinen Kollegen Zwanziger i. I. 1707
mit seinem Gebieter, dem Grafen Friedrich Karl v. Castell-Rüdenhansen,
auf dem Rastadter Kongreß traf, giebt ihm ebenfalls, das Zeugnis, „das;
er als ein berühmter Unterhändler damals gegolten habe, besonders in Geld-
angetegcnheitcn". Im Jahre 1775 genehmigten die Erlauchten Grafe»
und Herren zu Caltell, nachdem sie sich von der wohlthätigen und ge-
meinnützigen Wirkung eines solchen Instituts überzeugt hatten, die Füy-
rnng desselben als ein öffentliches Institut unter dem Namen „Castell
Nendingcnsche Land-Kreditkassc", indem sie das Kassewcsen, die Rech-
nnngsstellnng, soivie die Revision herrschaftlichen Beamte» übertrug.
Bei zunehmendem Wachstum und Gedeihen dieser Anstalt erliest die
gräfliche Herrschaft zur allseitigen Sicherung der Interessenten und zur
Regelung der Verwaltung der Krcditkasse unterm 3t. März 1704 ein
Grundgesetz. Den Hanptbcstimmungcn desselben zufolge wurde die
Kreditkasse wiederholt als ein öffentliches, für sich bestehendes, von
alle» andere» herrschaftlichen Kassen ganz unabhängiges Institut er-
klärt und die Herrschaft verzichtete ans alle ans dem Institut zu zie-
henden Privatvorteile. Auch wurde festgesetzt, das; die Halite des sich
jährlich ergebende» Gcschäftsgewinnes zur Bildung eines Reservefonds
verwendet und die andere Hälfte bestimmten ivohlthätigen und gemein-
nützigen Zwecken dienen soll. Im Jahre 1800 erfolgte die kaiserliche
Bestätigung der Anstalt, deren Fortbestand auch nach der Mediatisierung
im Jahre 1806 seitens der K. bayerischen Regierung genehmigt tvnrde.
Bon letzterer wurde die Kreditkasse als eine mit juristischer Persönlich-
keit bekleidete, der unmittelbaren Aussicht der Stnatsregiernng unter-
stellte Anstalt nnfgefastt und behandelt. Demgemäß wurde ber.its in,
Jahre 1842 seitens der Staatsministericn der'Justiz „nd des Innern
die Bewilligung zur Anlage von Knratelgelder», sotvie von Sliftnngs-
und Gemeindekapitalie» erteilt und ist von dieser Erlaubnis seit dieser
Zeit in umfassender Weise sowohl seitens der umliegende» früheren Land-
beziv. jetzigen Amtsgerichte als auch von seiten ter Gemeinden Gebrauch
gemacht worden. Früher tvar die Anstalt, deren Geschäftsthäligkeit fast
ausschließlich in Beleihung von Grundbesitz ans erste Hypotheke mit sorg-
fältig geprüfter ausreichender Sicherheit, sowie in Annahme von Depo-
siten besteht, dem gräflichen Kamcral-Konserenz Kollegium unterstellt,
an dessen Stelle später die gräfliche Dominal-Kanzlei getreten ist. Die
revidierte» Rechnungen werden alljährlich der K. Kreisregierung von
Untersranken und Aschaffenburg vorgelegt. Den Schuldner» der Kredit-
kasse ist von Anfang des Bestehens derselben an die Vergünstigung ein-
geränmt work e», daß sie jederzeit ohne Aufkündigung Abzahlungen an
ihren Schnldkapitalien in kleineren Beträge» machen dürfe», ohne daß
eine iveitere Zinsvergütung in Anspruch genommen wird. Ebenso
werden von den bei der Krcditkasse angelegten Kapitalien in regelmäßigen
Zeiten nach Ermesse» der Administration kleinere Rückzahlungen von
einigen hundert Mark ohne vorherige Kündigung vorgenommen. Diese
Einrichtungen sind von großem Werte für diejeni en, welche die Kre-
ditkasse benutzen und haben allenthalben und jederzeit Anerkennung ge-
funden. Für die zur ehemaligen Graischaft gehörigen, in den jetzigen
Amtsgerichts bezirken Marktheidenseld und Würzburg II gelegenen Ort-
schaften besteht seit dem Jahre 1854 eine mit den, dortigen Domänen-
amte verbundene Filialkreditkasse in Nendiugen. Sv ist dieses Kredit-
institut, dessen Aktiva und Passiva zurzeit mit 11283 371 Mk. 20 Pf.
bilanzieren und dessen reiner Vermögensstand einschließlich des Reserve-
fonds 1 039 963 'Mk. 40 Pf. beträgt, wenn auch mehr von lokaler Be-
deutung, doch wirlschasttich gewiß eine sehr erfreuliche Erscheinung. Nur
kurz sei hier erwähnt, daß neben dieser älteren Kreditkasse mit Ge-
nehmigung der k. Staatsregicrung im Jahre 1857/58 eine neue Hypo-
thekenteihanstalt für Orte außerhalb der ehemaligen Grafschast errichtet
wurde, für welche dieselben Sicherheiten tvie für die alte Krcditkasse
bestehen »nd welche nach denselben Grundsätzen und GeschäftSbeslim-
mnngcn verwaltet wird wie letztere. Auch dieses Institut erfreut sich
guten Gedeihens und großer Beliebtheit. -ck.

Stuttgart, Buchdruckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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