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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 2.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.15340#0105
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Die „Dioskuren" erschei-
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betreffen, sind an die „Re-
daktion der DioSkurcn"
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tionen an die „Expedi-
tion der Dioskuren"
lebend.) zu richten.

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Kunstbeilagc.)

Zeitsthnst für Kimli, Killlstiildlljirie imd kNstlerilches Leben,

&

redigirt unter Mitwirkung einheimischer und auswärtiger Mmstsrenude

von

vr. Max Schasler,

Secretair des „Museums für Kunst und künstlerische Interessen" in Berlin.


Das Redaktionsbureau der „Dioskuren“ (Jägerstrasse 38) ist in der Regel täglich von 9 —12 Uhr geöffnet.

Inh

Abhandrtnde Artikel: Die Häupter der modernen französischen Malerei
von Richard Fischer. III. Vernet.

LorrrspondciiM: t Schwerin, im Juni.

Kunstchronik: Verschiedene Lokolnachrichten aus Berlin, Potsdam, Düssel-
dorf, Köln, Aachen, München, Schwerin, Wien, Pesth, Mailand,
Rom, Paris, Haag, London, Petersburg.

Kunstkritik: Kritische Wanderungen durch die Kunst-Institute und

alt:

Ateliers von Berlin. — Permanente Gemäldeausstellung von Sachse. (Fort-
setzung und Schluß.)

Kunstinstitutc und Kunstvereine: Die Sierstorpff'sche Gemäldesamml. in Driburg. —
Museum für Kunst und lünstl. Interessen in Berlin. — Verein der Kunstfreunde
im Preuß. Staate. — Kunstverein in Potsdam. — K. Baier. Akad. d. K. in Mün-
chen. — Verl. Hülssverein f. d. Germ. Museum in Nürnberg. — Zur Differenz
der Herren vr. Waagen in Berlin und Morris Moore in London. (Forts.)

Die Häupter der modernen französischen Malerei.

Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben

von

Richard Fischer.

III.

Bernet.

Emile, Jean, Horace Vernet ward den 30. Juni 1789 im Louvre
geboren. Seit Louis XIII. nämlich wohnten einige der bedeutendsten Künstler
in diesem Schlosse, zur Zeit ein National-Museum. Bereits der Vater und
Großvater des Horace hatten daselbst ihre Wohnung und ihr Atelier. Horace
gehört einer Familie an, welche der französischen Kunst mehre achtbare Ver-
treter gegeben hat. Der erste derselben ist Antoine, ein Zeitgenosse der
Ninon.de Lenclos, deren Portrait er auch gemalt haben soll. Er war De-
korationsmaler in Avignon, woselbst man noch mehre seiner Tafeln aufweist
von Wagen und Tragstühlen. Sein Sohn war der als Seemaler berühmte
Claude Joseph unter Louis XV., der wieder der Vater und Lehrer des,
als Pferde-, Jagd- und Schlachtenmalers bekannten Charles ist, des Vaters
unseres Horace.

Die Schreckenstage des Jahres 1793 hätten dem Kinde bald das Leben
gekostet. Während herumziehende Volkshaufen das Louvre zu stürmen suchten,
floh Charles mit seinem Söhnchen auf dem Arme durch den Hofe des Pa-
lastes. Eine Kugel riß dem Kinde den Hut vom Kopfe und ging durch den
Nock des Vaters. — Den ersten Unterricht empfing Horace von seinem
Vater und den ihm anvertrauten Künstlern Moreau und Chalgrin. Sein
Talent zeigte und entwickelte sich frühzeitig. Eine Anekdote dafür möge hier-
um so eher Platz finden, als der Beweis noch heut zu sehen ist. Eines Tages
befand sich der achtjährige Horace mit seinem Vater in dem „Cafe de Foy“
des „Palais royal“, wo dieser gewöhnlich mit seinen Freunden zusammen-
^m. Der Knabe beschäftigte sich daselbst meist mit physiognomischen Studien
^sd Zeichnungen, und war bereits der Liebling des Publikums geworden.
^Ues Tages restaurirten Maler den Saal. Der Pfropfen einer Flasche
u«g an die Decke und machte einen großen Fleck. Der Wirth war dar-
** sehr verdrießlich. „Was thut das", sagte der kleine Horace, „ich

shp

ütz.

werß.

pxn Schaden gleich wieder gut machen", nahm weiße und schwarze
and zwei Pinsel, stieg auf die Leiter und malte täuschend eine Schwalbe,
Ic Uvst, hxut, wenn auch vielfach übermalt, die Decke ziert und diese Anek-
in's Gedächtniß zurückruft. — Seine ersten wissenschaftlichen Studien

machte er in dem „College des quatre-nations.“ Als er dasselbe verließ,
war er bereits ein berühmter Künstler.

Den Jüngling begeisterten natürlich vor Allem die Großthaten seiner
Zeit und seines Vaterlandes. Das Griechenthum David's war, wie wir
bereits des Weiteren in der Einleitung in Grund und Folge ausgeführt haben,
erloschen, die Macht der weltbewegenden Ereignisse der Gegenwart und der
nationale, besonders militairische Patriotismus und Enthusiasmus schrieb auch
der Kunst neue Bahnen vor. Zeigt sich hier wiederum, wie überall im All-
gemeinen, das, was wir die Logik der Geschichte nennen, so tritt im
Besonderen die Einwirkung des politisch-nationalen Lebens auf die Richtun-
gen der Kunst auf das Entscheidenste in den Vordergrund. Zeus und Phöbus
machten dem Cäsar Platz, die Horatier und Sabiner mußten den Napoleoni-
schen Garden, die Waffen des Achilles den Bajonnetten und Kanonen weichen.

Der Künstlerjüngling ward so von dem hehren Geiste seiner Zeit und
von der gewaltigen Macht der Ereignisse erfaßt und begeistert. Wie Be-
ranger als Dichter, so diente Vernet als Maler dem Banner der Freiheit
und des Ruhmes der französischen Nation. Das Volk erkannte sich in den
Gedichten des Einen, wie in den Gemälden des Andern, und bezeugte beiden
sejnen lebhaften Beifall. Zweimal, in den Jahren 1807 und 1815, verfiel
Horace der Konskription, allein beide Mal stellte sein Vater einen Ersatz-
mann. Sein Künstlerrus war bereits in die höchsten Kreise gedrungen. Die
Kaiserin Marie Louise, wie der König Hieronymus, beehrten ihn mit bedeuten-
den und höchst einträglichen Bestellungen. Die Kunstverleger stritten sich um
seine Zeichnungen und bedeckten sie mit Gold. Nicht minder wurden seine
Blätter zum „journal des modes“ und seine Karrikaturen gesucht. Im
Jahre 1814 empfing er das Ehrenkreuz. Die „Restauration", d. h. die Rück-
kehr der Bourbonen, welche Frankreich in jeder Beziehung so nachtheilig und
verhängnißvoll wurde, setzte seiner so ruhmvoll begonnenen Laufbahn plötzlich
Schranken. Die „Restauration" ging sogar in ihrer blinden und strafbaren
Unterdrückung alles dessen, was Freiheit und Ruhm der Nation heißt, so
weit, daß man ihm die Thüren des Louvre verschloß. — Gegen dreißig, zum
Theile höchst bedeutsame Gemälde, wie „die Schlacht von Sommasierra",
„der Tod des Poniatowsky", „die Schlacht von Tolosa", „der Tod der Ma-
 
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