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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0204
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189

Auch Duntze in Düsseldorf zeigt in zwei „Norddeutschen Winter-
landschaften" seine starke Seite, die, wie gewöhnlich, an einer so
großen Klarheit und Schärfe leider, daß man ihm etwas von der
weichen, milden Behandlung Stademann's wünschen möchte. Leider
zeigt er aber auch seine schwächere Seite: ein trockenes, kaltes Son-
nenbild vom „Gastcrnthal in der Schweiz." — Das Mondscheinbild
von Knut Baade in München, „Wrack an der Küste Norwegens",
ist eine durch geisterhafte Gebilde imponirende Komposition, aber in
Wasser und Mondschein möchte ich der etwas kleineren, aber an-
sprechenderen Komposition „Sturm im Anzuge" den Vorzug geben.
In eine hübsche, waldige Gegend mit aufsteigenden, feuchten Abend-
dünsten versetzt der mir bisher unbekannte Felix Kreutzer in Düs-
seldorf einen Vollmond, dessen milder Glanz dem Ganzen eine sehr
ansprechende Stimmung verleiht.

Daß die Marine sich zahlreich und von ihrer besten Seite
zeigt, ist nicht zu verwundern, weil die Ausstellungen des nord-
deutschen Gesammtvereins die einzigen Deutschlands sind, die von
den Malern und Kunsthändlern Hollands reichlich beschickt werden.
Die wenigen Deutschen, welche ich hier zu nennen habe, sind, da
Knut Baade bereits besprochen ist, die Berliner Eschke und Hoguet
und der Hamburger Hardorff. Des ersteren drei Seestücke haben
wunderbar schöne, kräftige Wellen von naturwahrer Färbung und
einen durch die Beleuchtung hervorgebrachten, poetischen Reiz, ins-
besondere „Die anbrechende Nacht auf dem Meere" mit dem am
äußersten Horizonte noch sichtbaren, tief gefärbten Abendroth. Daß
aber unser Meister, wenigstens bis jetzt noch, minder geschickt das
Land als das Meer beherrscht, beweist seine „Waldlandschaft mit
dem Rothkäppchen". — Weniger reichhaltig und poetisch ist Hoguet,
obwohl seine „Französische Küste" von großer, technischer Meister-
schaft zeugt. Aber Beide trifft ein Vorwurf, von dem sich der Ham-
burger Hardorff, offenbar ein Schüler des Kopenhagener Melbye,
frei gehalten: es ist der, daß fast jedes ihrer Schiffe im Bau oder
in der Takelage an Fehlern leidet, die einem Nautiker oder einem
praktischen Seemann auf den ersten Blick auffallen, aber dem Ge-
schlechte der „Landratten" völlig entgehen. — Prosaischer, wenn man
will, aber ebenso naturwahr, und bekanntlich in Waffer- und Luft-
perspcktive ebenso vollendet, behandeln die Holländer ihre Seestücke
und unter ihnen vor Allen der im vorigen Jahre verstorbene Louis
Meyer im Haag, Willem Gruyter jun., W. A. van Deven-
ter, und die Brüder H. und I. H. B. Koekkoek*) in Amsterdam.
— Als hervorragend unter diesen Schöpfungen ist einerseits der
wundervolle „Secstrand nach dem Sturm, mit Staffage von Rochus-
sen" von Louis Meyer, andererseits das große Seestück von
Gruyter jun. zu erwähnen, auf welchem sich das historisch inter-
essante und imposante Kriegsschiff „Die sieben Provinzen" zeigt, wie
es am 11. Oktober 1865 den ersten Besuch des Admirals de Ruytcr
empfängt. (Schluß folgt.)

Wr. Weimar, Mitte Mai. (Herausgabe der Original-
zeichn n g cn v. A. Carst cns :c.) Im Anschluß an die unlängst in die-
sem Blatte erwähnte Publikation der Photographien nach den Skizzen-
büchern Fr. Preller's ist noch zu bemerkin, daß auch die Herausgabe

*) Gestatte» Sie mir bei dieser Gelegenheit, die Genealogie der vielen
Koekkoek, worüber so große Unklarheit herrscht, mitzutheilen:

Johann Hermann Koekkoek, Marinemaler, geb. 1778, ch 1851, dessen
Söhne sind: Barend Cornelis K., Landschaftsmaler, geb. 1803, ch 1862,
Hermann K., Marinemaler, geb. 1815, f 18 . ., M. 21. K., Landschafts-
maler. — Bon Hermann K. stammen die noch lebenden Drei: Hermann K.
jun., Marinemaler, I. H. B. K., Marinemaler, Willem K., Architekturmaler.

der Photographien nach Originalzeichnnngen von Asmus Carstens,
welche gleichfalls W. Kemlein hieselbst besorgt, im Laufe dieses
Jahres fortgesetzt werden wird, und verspricht das nächste Heft durch
Publikation einiger kleineren, noch wenig bekannten Handzeichnungen
des genialen Künstlers, (mythologische Scenen, Studienköpfe von
höchst charakteristischer Auffassung rc. darstellend) besonders interessant
zu werden. Da der seiner Kunst nur allzu früh entrissene Meister
nur wenige ausgeführte Werke hinterlassen hat und er in Folge dessen
in weiteren Kreisen wenig bekannt ist, erscheint ein Unternehmen wie
das in Rede stehende um so dankenswcrther. Dasselbe erstreckt sich
zunächst auf die zu Weimar befindliche bedeutende Sammlung Car-
stens'scher Zeichnungen, und es wäre zu wünschen, daß auch die an
vielen anderen Orten zerstreuten Handzeichnungen des Künstlers in
ähnlicher Weise weiteren Kreisen zugänglich gemacht würden. Das
erste, im vorigen Jahr erschienene Heft brachte in wohl gelungener
Nachbildung 1) „Oedipus und Theseus im Haine der Eumeniden",
2) „Die Ueberfahrt (Einschiffung des Magapenthes)", 3) „Die
Geburt des Lichtes", 4) „Die Nacht mit ihren Kindern".

Von der gleichfalls von Kemlein herausgegebenen und von
Chr. Schucharvt veranstalteten Sammlung photographischer Nach-
bildungen Cran ach'scher Originalgemälde und Zeichnungen liegen
bis jetzt vier Hefte vor und wird fünftes vorbereitet. Leider ist Chr.
Schuchardt durch andauernde Krankheit verhindert, den dritten Band
seines Werkes über Cranach, zu welchem jene Sammlung die Be-
lege geben sollte, zu vollenden. Die in den bis jetzt erschienenen
Heften enthaltenen Blätter sind der Mehrzahl nach Kopien nach den
in Berlin und Weimar befindlichen Originalen und Stichen; eine
„Flucht nach Aegypten" nach einer von Th. Große angefertigten
Nachzeichnung des Originales zu Rom. — Die hier angeführten pho-
tographischen Sammelwerke sind durch die I. E. Hinrich'sche Buch-
handlung in Leipzig zu beziehen.

8. Nürnberg. (Versteigerung ) Bei der am 18. Mai hieselbst
stattgehabten Versteigerung der Dokumente, Werthgegenstände und Anti-
quitäten der Goldschmiedinnung, die in Folge des neuen Gewcrbegesetzcs
sich nach 600jährigcm Bestände auflöste, wurde die lateinisch verfaßte
Legende des „Heiligen Eligius", des Schutzpatrons der Goldschmiede,
ein Pergament-Manuskript vom Jahre 1283, mit schönen Initialen,
um den hohen Preis von 305'^ Gulden von einem hiesigen Kunst-
händler erstanden. Die in Noten gesetzten, ebenfalls auf Pergament
geschriebenen „Gesänge" zum Lobe desselben Heiligen, welche im
frühesten Mittelalter von den frommen Gesellen auf der Herberge
gesungen wurden, gingen um 27'^ Gulden fort. Das sogenannte
„Mcisterbuch" vom Jahre 1704 mit den Portraits aller seitdem im
Amt gewesenen „Altmeister", resp. Vorgeher, wurde um hohen Preis
(114 Gulden) von einem hiesigen Goldschmied erstanden. Ein „Brief
Martin Luthers an die hiesige Goldschmied-Innung" ward mit
151 fl. 6 kr. bezahlt. Am höchsten im Preise kam ein in Silber,
höchst wahrscheinlich von dem berühmten Goldschmied Jamnitzer,
mit vollendeter Kunst getriebener „Pokal", welcher erst zu 750 fl.
abgegeben wurde, obwohl er nur 145 Loth wog, also nach gewöhn-
lichem Silbcrpreisc nur etwa 175 Gulden Werth hat. Sehr hoch
im Preise ging auch ein in Silber gearbeiteter, weiß mit grün
cmaillirter „Ring" aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts
fort; cs wurde der Kunstwcrth desselben mit 44 fl. bezahlt. Selbst
die geringsten Kleinigkeiten als die „Handwcrkslade", „Gescllenbü-
cher" rc., fanden viele Bieter und Käufer, und die Innung erzielte
schließlich für ihre armen Wittwen, deren gar keine vorhanden sein
sollen, ein ganz erkleckliches Sümmchen.

Bemerkung der Redaction. Die diesmaligen Kunstberichte aus Wien und München, sowie mehrere andere Artikel haben
wegen Mangel an Raum bis zur nächsten Nummer zurückgelegt werden müffen.
 
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